Führungskräfteumfrage von Roland Berger analysiert die wirtschaftliche Bedeutung der Unruhen in der arabischen Welt für deutsche Unternehmen - 3x3-Konjunkturszenario bestätigt
Geschrieben am 10-03-2011 |
München (ots) -
- Rund 43 Prozent der befragten Unternehmen sind in Nordafrika und
Nahost tätig; 21,9% von ihnen beziehen Rohstoffe und
Zulieferprodukte aus der Region, 18,8% produzieren vor Ort
- Über 70 Prozent der Umfrageteilnehmer sind von den Unruhen nicht
direkt betroffen; 16,7 Prozent der Unternehmen haben dagegen
ihre Wachstumspläne auf Eis gelegt
- Drei mögliche Szenarien zur wirtschaftlichen Entwicklung in
der arabischen Welt: Über 53 Prozent der Führungskräfte gehen
vom milden "Sandsturm"-Szenario aus
- Das von Roland Berger entworfene "3x3"-Konjunkturszenario für
Deutschland gilt trotz der Unruhen in den arabischen Ländern
unverändert
Aus Anlass der politischen Umwälzungen in den arabischen Ländern
hat Roland Berger Strategy Consultants eine Umfrage unter 100
Führungskräften in deutschen Unternehmen durchgeführt. Ziel war, die
Auswirkungen der Unruhen in Nordafrika und Nahost auf die deutsche
Wirtschaft und damit auf das erst vor wenigen Wochen von Roland
Berger entworfene "3x3-Konjunkturszenario" zu analysieren. In diesem
hatte die Strategieberatung für Deutschland nach 3,6 Prozent
Wirtschaftswachstum 2010 auch für die Jahre 2011 und 2012 jeweils
eine Drei vor dem Komma prognostiziert. Ergebnis der Umfrage: Rund 43
Prozent der befragten Unternehmen unterhalten starke geschäftliche
Beziehungen mit den MENA-Ländern (Middle East and North Africa), vor
allem mit Ägypten, den Emiraten, Saudi-Arabien und Bahrain. Die
meisten der Befragten sehen sich aber von den Unruhen nicht direkt
betroffen und erwarten weiter eine positive Entwicklung. Auch Roland
Berger geht davon aus, dass die Auswirkungen auf die deutsche
Konjunktur gering sein werden und bekräftigt daher das 3x3-Szenario.
Wie sich die MENA-Region langfristig entwickeln könnte, beschreiben
die von Roland Berger erarbeiteten Szenarien "Oase", "Sandsturm" und
"Wüste".
"Die meisten Analysen der aktuellen Lage in der MENA-Region
befassen sich mit den politischen Ereignissen vor Ort", sagt Prof.
Dr. Burkhard Schwenker, Chairman von Roland Berger Strategy
Consultants. "Mit unserer Umfrage unter deutschen Führungskräften
möchten wir den Blick auf die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise
ausweiten. Denn die arabischen Länder spielen sowohl als wichtige
Öllieferanten als auch als Absatzmärkte für deutsche Waren und
Dienstleistungen eine zunehmend wichtige Rolle für die Entwicklung
unserer Wirtschaft."
Rund 43 Prozent der von Roland Berger befragten Unternehmen sind
in Nordafrika und Nahost tätig - vor allem in Ägypten, den Emiraten,
Saudi Arabien und Bahrain. Noch wesentlich höher ist der Anteil jener
deutschen Unternehmen (75 Prozent), die ihre Waren und
Dienstleistungen in der MENA-Region verkaufen. So wundert es nicht,
dass fast 27 Prozent der Umfrageteilnehmer den MENA-Staaten heute
schon eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung beimessen. Für die
Zukunft erwartet sogar die Hälfte der Befragten, dass die arabischen
Ländern für sie eine wichtige Rolle spielen werden.
Begrenzte Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft
Die Folgen der aktuellen politischen Umwälzungen in der
MENA-Region halten sich für deutsche Unternehmen momentan in Grenzen:
Über 70 Prozent der befragten Führungskräfte geben an, von den
Unruhen nicht direkt betroffen zu sein. Allerdings ist der
Geschäftsbetrieb in den arabischen Ländern für über 17 Prozent der
Befragten in den letzten Wochen schwieriger geworden; rund zehn
Prozent von ihnen mussten gar ihren Betrieb vor Ort unterbrechen. Und
auch die Investitionspläne werden im Moment zurückgefahren: 16,7
Prozent der Umfrageteilnehmer geben an, dass sie ihre
Wachstumsstrategie in der MENA-Region vorerst auf Eis gelegt haben.
"Eine gewisse Unsicherheit über die künftige Entwicklung in den
Krisenländern macht sich derzeit unter deutschen Unternehmen breit",
sagt Schwenker. "Selbst wenn die aktuellen geschäftlichen Beziehungen
unproblematisch laufen, zeigen sich Unternehmen eher vorsichtig, wenn
es darum geht, ihr Geschäft vor Ort auszubauen. Die weitere
Entwicklung der Lage in den arabischen Ländern und insbesondere die
Frage, was in Saudi-Arabien, dem rohstoffreichen Schlüsselland der
Region, passiert, wird die Wachstumsstrategien deutscher Unternehmen
für diese Region entscheidend beeinflussen."
Kurzfristig erwarten die befragten Führungskräfte keine
Stabilisierung der Lage in der MENA-Region. Über 86 Prozent von ihnen
gehen eher davor aus, dass sich die Proteste auf weitere Länder
ausweiten werden; 49,3 Prozent fürchten sogar eine Ausweitung der
Unruhen außerhalb der MENA-Region. Knapp 55 Prozent gehen davon aus,
dass auch Saudi-Arabien bald von den Protesten betroffen sein könnte.
Kurzfristig negative Auswirkungen auf das deutsche
Wirtschaftswachstum erwarten 70,3 Prozent der befragten deutschen
Führungskräfte.
Drei Szenarien für die Wirtschaftsentwicklung in MENA
Auf Basis umfangreicher Analysen hat Roland Berger Strategy
Consultants drei mögliche Szenarien für die Wirtschaftsentwicklung
der MENA-Region in den kommenden Jahren entworfen:
Szenario 1 - "Oase"
Das "Oase"-Szenario geht von einer positiven wirtschaftlichen
Entwicklung aus. Neue demokratische Strukturen etablieren sich in
vielen Teilen der MENA-Region als Folge der aktuellen Unruhen; ein
neuer kaufkräftiger Mittelstand entsteht, das Bildungsniveau steigt
und die Arbeitslosigkeit geht zurück. Dies sorgt für eine positive
Wachstumsdynamik in den arabischen Ländern und eröffnet neue Chancen
für deutsche Unternehmen, die vor Ort tätig sind.
Szenario 2 - "Sandsturm"
Das "Sandsturm"-Szenario beschreibt eine Entwicklung, die wie ein
Sandsturm vieles aufwirbelt, aber letztlich nicht zu grundlegenden
Veränderungen führt. Weder ändern sich die Machtstrukturen, noch
führen die Unruhen zu einer nachhaltigen Lösung der regionalen
Probleme - aber auch nicht zu einer Verschärfung. Für deutsche
Unternehmen bedeutet das, dass sie nach den Unruhen relativ schnell
wieder zum Business as usual zurückkehren und weiterhin am Wachstum
der MENA-Region teilhaben können.
Szenario 3 - "Wüste"
Das "Wüste"-Szenario prognostiziert dagegen eine deutlich negative
Entwicklung - sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Die Proteste
greifen auf die gesamte MENA-Region über, soziale Spannungen
verschärfen sich, auf autoritär geführte Regierungen folgen Chaos und
eine zunehmende Islamisierung. Perspektivlosigkeit macht sich
insbesondere unter der jungen Bevölkerung breit, viele verlassen als
Flüchtlinge die Region gen Europa. Als Folge der dramatischen Lage
wenden sich deutsche Unternehmen zunehmend von der MENA-Region ab.
Mehrheit erwartet positive Entwicklung
Die Ergebnisse der Umfrage von Roland Berger zeigen, dass die
deutschen Führungskräfte eher von einer positiven Entwicklung in der
MENA-Region ausgehen. So halten 31 Prozent der Befragten das
optimistische "Oase"-Szenario für am wahrscheinlichsten. 53,6 Prozent
erwarten eine Entwicklung, wie sie im "Sandsturm"-Szenario
beschrieben wird - was für deutsche Unternehmen nichts anderes
bedeutet als weiterhin jährliche Wachstumsraten von 4,5 Prozent und
mehr pro Jahr.
"Der Optimismus deutscher Führungskräfte bestärkt uns in unserer
Überzeugung, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren
weiter wachsen wird", sagt Schwenker. "Die Entwicklung in den
arabischen Staaten müssen wir im Auge behalten, aber das geringe
deutsche Handelsvolumen mit der MENA-Region und die wohl durchdachten
Krisenreaktionen deutscher Unternehmen stimmen mich positiv. Unser
3x3-Wachstumsszenario für Deutschland gilt weiterhin: Deutschland
wird nach 3,6 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr auch 2011 und 2012
mit über 3 Prozent wachsen."
Das Szenario-Update 2011 ist in der Reihe "think:act CONTENT"
erschienen. Sie können es kostenfrei herunterladen unter:
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Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine der
weltweit führenden Strategieberatungen. Mit rund 2000 Mitarbeitern
und 39 Büros in 27 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem
Weltmarkt aktiv. Die Strategieberatung ist eine unabhängige
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