Westdeutsche Zeitung: Die deutsche Atom-Konfusion
Ein Kommentar von Wolfgang Radau
Geschrieben am 17-03-2011 |
Düsseldorf (ots) - Auch wenn die Folgen hierzulande ungleich
unbedeutender sind als das Elend, das über Japan hereingebrochen ist:
Es ist fatal, dass die Nuklear-Katastrophe deutsche Wahlkämpfe
beeinflusst, Politiker in den Populismus treibt und Entscheidungen
befördert, die mit kühlem Kopf niemals getroffen worden wären. Wie
zum Beispiel das Abschalten von Kernkraftwerken, die vor einer Woche
noch als absolut sicher dargestellt wurden. Den Beschluss, die
Kraftwerke länger in Betrieb zu halten, hatte der Bundestag gefasst.
Sie abzuschalten beschloss die Bundesregierung am Parlament vorbei.
Das ist politisch so unredlich wie die Klage Sigmar Gabriels, er
sei vor zehn Jahren als Umweltminister zur Zustimmung zum
Weiterbetrieb gezwungen worden. Kein deutscher Politiker wird
gezwungen, gegen sein Gewissen zu entscheiden. In Deutschland reiben
sich die Bürger die Augen. Die alten Kernkraftwerke werden noch
einmal überprüft - und wir dachten, die sind überprüft. Und in den
Nachbarländern schütteln sie die Köpfe: In einem Stresstest sollten
alle 143 europäischen Atomkraftwerke auf mögliche Gefahren durch
Naturkatastrophen, Stromausfälle und Terrorangriffe unter die Lupe
genommen werden. Nukleare Unglücke machen schließlich nicht an
Landesgrenzen Halt. Und nun prescht Deutschland vor und bringt damit
unter anderem den Lastenfluss im europäischen Stromnetz
durcheinander.
Was zur Katastrophe in Japan geführt hat, nämlich ein unerhörtes
Erdbeben in Verbindung mit einer fürchterlichen Tsunami-Welle, wird
in Mitteleuropa aller Voraussicht nach nicht passieren. Doch was ist
schon vorhersehbar - der Ausstieg aus der Atom-Energie ist
überfällig. Aber Kernkraft-Reaktoren sind keine Herdplatten, die sich
im Handumdrehen abkühlen. Sie stellen noch ein Jahrzehnt eine Gefahr
dar. Es bedarf eines Konzeptes und keiner emotionalen Schnellschüsse.
Die deutsche Konfusion hat noch einen Aspekt. Wenn wir, auf
unserer nur durch ein paar Wahlkämpfe gestörten Insel der Seligen,
schon außer Tritt geraten, dann sollten wir etwas mehr Verständnis
für die Herkulesaufgaben aufbringen, die politisch Verantwortliche
derzeit in Japan zu bewältigen haben. Mitgefühl ist in diesen Tagen
eher angebracht als wohlfeile Kritik.
Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
321584
weitere Artikel:
- WAZ: Amnesty lehnt Militäraktion gegen Libyen ab Essen (ots) - Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International
(AI) warnt vor einem militärischen Vorgehen gegen den libyschen
Machthaber Muammar Gaddafi. "Nach den Erfahrungen im Irak und in
Afghanistan überrascht mich, wie viele Stimmen jetzt ein
militärisches Eingreifen fordern", sagte die Leiterin der deutschen
Sektion von AI, Monika Lüke, der Essener WAZ-Mediengruppe
(Freitagausgabe). "Militärische Gewalt darf immer nur das letzte
Mittel sein - mit Sanktionen hat man aber gerade erst begonnen."
Lüke plädierte dafür, mehr...
- Märkische Oderzeitung: Kommentarauszug zu den Konflikten in Bahrain: Frankfurt/Oder (ots) - Der Konflikt in Bahrain eignet sich
vielmehr als Initialzündung für die gesamte Region. Das bringt schon
jetzt die Supermacht USA in Bedrängnis, deren 5. Flotte von Bahrein
aus Irans Ambitionen eindämmen soll. Washington sah sich genötigt,
das brutale Vorgehen gegen die Opposition in Manama zu verurteilen.
Weit gravierender als der Verlust einer militärischen Basis wäre
jedoch eine durch anhaltende Unruhen langfristig gestörte
Ölversorgung. In der Golfregion lagern fast 60 Prozent der weltweiten
Reserven. Dann mehr...
- Märkische Oderzeitung: Kommentarauszug zu E10: Frankfurt/Oder (ots) - Aber dass in Österreich der Sprit viel
billiger ist, hat einen anderen Grund: Die Steuern sind niedriger.
Und dass es gerade besonders teuer ist, liegt auch an der Politik.
Die wollte unbedingt E10 einführen. Ein Benzin, das drei Millionen
Autos nicht vertragen, das aus Lebensmitteln Sprit macht und für
Mehrverbrauch sorgt. Das hat zu Kaufverweigerung geführt, einem
Ansturm auf Super Plus und absurd hohen Preisen. Bevor die
Bundesregierung also auf die - natürlich sehr an Profit orientierten
- Ölkonzerne zeigt, mehr...
- Rheinische Post: Vergebliche Kehrtwende Düsseldorf (ots) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den drohenden
größten anzunehmenden Unfall für ihre Koalition, nämlich den Verlust
der Mehrheit in Baden-Württemberg, durch eine atemberaubende
Kehrtwende in der Atompolitik zu verhindern versucht. Viele der
ältesten deutschen Reaktoren werden nicht nur vorübergehend
abgeschaltet, sondern voraussichtlich für immer vom Netz gehen. Dabei
ist es erst vier Monate her, dass Union und FDP gegen heftige
Widerstände die Verlängerung der Laufzeiten für eben diese Meiler
durchgeboxt hatten. mehr...
- Südwest Presse: Kommentar zur Atompolitik Ulm (ots) - Dies sind schwere Zeiten für Konservative. Erst müssen
sie sich vom eigenen Bundespräsidenten sagen lassen, dass auch der
Islam zu Deutschland gehört. Dann wird ihr strahlendster Held als
akademischer Hochstapler enttarnt. Und nun bricht auch noch ihr
Glaube an die Beherrschbarkeit der Kerntechnik weg. Was bleibt da
noch übrig außer Angela Merkel? Allzu gern würde die Kanzlerin den
Blick nur nach vorn richten, auf den Atomausstieg mit Augenmaß, den
die Bundesregierung zu vollziehen beabsichtigt. Das ist gerade in
einem mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|