Börsen-Zeitung: Gefahr von Blasen, Kommentar zur Geldpolitik der EZB von Stephan Balling
Geschrieben am 22-03-2011 |
Frankfurt (ots) - Die Europäische Zentralbank (EZB) sendet die
richtigen Signale. Zu Wochenbeginn bekräftigte eine Reihe von
Direktoriums- und Ratsmitgliedern den von Präsident Jean-Claude
Trichet Anfang März angekündigten Zinserhöhungskurs - trotz der
Katastrophe in Japan und des Kriegs in Libyen. Die Währungsbehörde
ist sehr "wachsam" im Kampf gegen Inflation. Anfang April wird der
Leitzins deshalb wohl um 25 Basispunkte erhöht.
Die EZB bleibt damit ihrem Stabilitätskurs treu. Wie es scheint,
wird der Großraum Tokio wahrscheinlich einer radioaktiven Verseuchung
Gott sei Dank entgehen. Die Katastrophe in Japan wird damit
voraussichtlich nicht zu einem Einbruch der Weltkonjunktur führen.
Und die Volksaufstände in Arabien werden die Industrieländer nur
spüren, falls es zu einer echten Ölkrise kommt. Doch die im Vergleich
zu Libyen wesentlich bedeutsameren Ölquellen am Persischen Golf
sprudeln noch, und trotz der Unruhen dort zeichnet sich derzeit nicht
ab, dass etwa das wichtige Ölförderland Saudi-Arabien ausfällt.
Die Gefahren für die Weltkonjunktur sind also begrenzt, wenngleich
es Restrisiken gibt. Aber die gehen auch von der extremen
Niedrigzinspolitik aus. Die Währungshüter müssen also abwägen: Ist es
wahrscheinlicher, dass die Weltkonjunktur einbricht, oder dass die
Inflationsraten infolge der niedrigen Zinsen anziehen, gepaart mit
Preisblasen an den Kapitalmärkten und Fehlinvestitionen der
Unternehmen? Momentan erscheinen eindeutig die Gefahren durch eine zu
lange Minizinsphase größer. Die Inflationsraten ziehen an, und eine
Reihe von Experten inklusive Notenbankern erwartet, dass sich dieser
Trend fortsetzt - wenn nicht gar beschleunigt. Doch noch größer ist
die Gefahr von Preisblasen an den Kapitalmärkten.
Zum Glück sind mittlerweile auch viele Nichtökonomen überzeugt,
dass niedrige Zinsen Blasen hervorrufen können. Aber leider sieht es
unter Experten anders aus. Der bekennende Keynesianer und
Chefvolkswirt der UN-Welthandelskonferenz Unctad, Heiner Flassbeck,
etwa kommt bei der Krisenanalyse zu dem Schluss: "Verantwortlich für
diese Exzesse ist die Deregulierung. Die Krise ist nicht Folge der
lockeren Geldpolitik." Und US-Notenbankchef Ben Bernanke glaubt bis
heute nicht, dass zu niedrige Zinsen zur Blase an Amerikas
Häusermarkt führten. Zum Glück ist das bei der EZB anders.
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