Börsen-Zeitung: Game over für DB Nyse, Börsenkommentar "Marktplatz", von Christopher Kalbhenn.
Geschrieben am 01-04-2011 |
Frankfurt (ots) - Wenn die Historie der Fusions- und
Übernahmeversuche der Deutschen Börse einen Aussagewert hat, ist es
um ihren geplanten Zusammenschluss mit der Nyse Euronext nach dem
Gegengebot der Nasdaq OMX und der Intercontinental Exchange (ICE)
schlecht bestellt. Denn nachdem die schwedische OM im Jahr 2000 ein
Gebot für die London Stock Exchange abgegeben hatte, folgte wenig
später das Aus für die geplante Fusion der Deutschen Börse mit
Europas führendem Marktbetreiber zur IX International Exchange.
Man muss jedoch nicht die Vergangenheit bemühen, um zu erkennen,
dass der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, Reto Francioni,
seinen Traum vom großen transatlantischen Deal wohl begraben muss.
Der Vergleich könnte sogar leicht in die Irre führen. Das Gebot der
OM war, wie einer ihrer Manager später sagen sollte, nur der "letzte
Sargnagel" für das bereits angezählte IX-Projekt. Dagegen trifft das
Gebot von Nasdaq OMX und ICE nun ein Fusionsprojekt ins Mark, das
bislang auf einem guten Weg zu sein schien. Dass die Deutsche Börse
in der Lage ist, sich auf einen Bieterkampf einzulassen, ist
unbestreitbar. Allerdings wird sie das 11,3 Mrd. Dollar schwere Gebot
ihrer Rivalen übertreffen und zudem auch eine Cash-Komponente auf den
Tisch legen müssen. Das würde jedoch erheblich mehr
Überzeugungsarbeit bei den Anteilseignern erfordern als das
derzeitige Fusionsprojekt.
Die Aktionäre sind dabei noch das kleinere Problem.
Schwerwiegender ist, dass Nasdaq OMX und ICE das Fusionskonzept
Francionis und seines Gegenparts bei der Nyse Euronext, Duncan
Niederauer, über den Haufen werfen. Die detailliert ausbalancierte
Verteilung von Macht und Management-Kapazitäten auf die betroffenen
Finanzplätze ist nur noch Makulatur. Ein geschickter Schachzug ist
das Gegengebot vor allem dadurch, dass der Deutschen Börse und der
Nyse Euronext nun der Weg über einen Merger of Equals, eine Fusion
unter Gleichen, versperrt wird. Um noch zum Zuge zu kommen, bleibt
dem Frankfurter Unternehmen, dessen Offerte um nahezu 20% überboten
worden ist, nur noch die Übernahme der Nyse Euronext. Unter diesen
Umständen könnte Duncan Niederauer, selbst wenn er den Posten des
Chief Executive Officer erhielte, kaum noch in Washington glaubhaft
versichern, dass die Amerikaner in dem fusionierten Unternehmen die
Hosen anhaben.
Ohnehin ist kaum vorstellbar, dass man die Übernahme der New
Yorker Börse, des Kronjuwels der amerikanischen Finanzindustrie,
durch einen ausländischen Börsenbetreiber in den USA akzeptieren
würde. Vielmehr wäre das Wasser auf die Mühlen der bisher noch nicht
sehr erfolgreichen Gegner von "DB Nyse" im Kongress. Ihr Sturmlauf
gegen den vermeintlichen Ausverkauf der Nyse an eine aus ihrer Sicht
unbedeutende Börse irgendwo in Europa würde schnell Zulauf erhalten.
Eine Fusion unter Amerikanern dagegen kann sich in den USA auf
Zustimmung auf breiter Front verlassen.
Ein Scheitern von "DB Nyse" zugunsten einer inneramerikanischen
Großfusion wird in vielfältiger Hinsicht erhebliche Folgen haben. So
wird sich Francioni - wenn er nun wahrscheinlich nicht Chairman der
führenden Börsenorganisation der Welt werden kann - möglicherweise
die Frage stellen, ob er überhaupt noch weitermachen bzw. eine
weitere fünfjährige Amtsperiode als Vorstandsvorsitzender der
Deutschen Börse vereinbaren will. Von noch größerer Tragweite sind
allerdings die Folgen für die europäische Börsenlandschaft - Folgen,
die die Perspektive, Vorstandsvorsitzender der nun wieder von
fortgesetzter Stagnation bedrohten Deutschen Börse zu bleiben, nicht
unbedingt attraktiver machen. Nach einem Zusammenschluss der beiden
New Yorker Börsen wird nämlich ein amerikanischer Marktbetreiber vier
westeuropäische, fünf skandinavische und die drei baltischen
Aktienmärkte verwalten und damit zur führenden Börsenorganisation in
Europa aufsteigen. Für die Deutsche Börse bleibt es im europäischen
Aktiengeschäft bei Rang 4 - mit weitem und wachsendem Abstand hinter
der Londoner Börse, Nasdaq/Nyse und dem aus der Fusion der
alternativen Plattformbetreiber Bats und Chi-X entstehenden
Unternehmen.
(Börsen-Zeitung, 2.4.2011)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
324400
weitere Artikel:
- FT: Kommentar Flensburger Tageblatt zu Preissteigerung durch E10 Flensburg (ots) - Kommentar zu befürchteten Preissteigerungen
durch E10-Sprit
Gerne brüstet sich Deutschland mit seiner Fortschrittlichkeit.
Gerade in Sachen Klima- und Umweltschutz und bei den erneuerbaren
Energien sieht sich das Land der Dichter und Denker ganz vorne mit
dabei. Einzige Bedingung: Der Einzelne soll möglichst wenig davon
mitbekommen. Und so rollt eine Welle des Protests durch das Land, ist
von steigenden Lebensmittelpreisen die Rede. Zumal als Schuldiger
schnell E10 ausgemacht wird - also jenes vermeintliche mehr...
- Velcon Filters, LLC, ein Portfoliounternehmen von The Sterling Group, schliesst die Übernahme von Twin Filters B.V. ab Colorado Springs, Colorado (ots/PRNewswire) - Velcon
Filters, LLC, ein Hersteller von industriellen Filtrationssystemen
gab heute bekannt, dass es Twin Filters B.V. übernommen hat. Velcon
ist ein Portfoliounternehmen von The Sterling Group und wurde 2009
als Plattform erworben, um die Buy-and-Build-Strategie ausführen zu
können.
Twin hat seinen Hauptsitz in den Niederlanden und entwirft, plant
und stellt Filtrationszubehör sowie Ersatzpatronen für die Öl-,
Flüssigkeit- und Luftfiltrationsmärkte in Europa, Asien, Nordamerika
und für mehr...
- Cleantech Index ETF 2010 auf Platz 1 von 36 Fonds San Francisco (ots/PRNewswire) - Das Cleantech Portfolio
ETF von PowerShares
(http://www.invescopowershares.com/products/overview.aspx?ticker=PZD)
hat nach Angaben von Bloomberg New Energy Finance den ersten von 36
Aktienfonds abgeschlossen, der sich mit Umwelttechnik und/oder
sauberen Technologien beschäftigt.
Von den 36 gemeinsamen und Exchange Traded Funds, die weltweit
von Bloomberg NEF verfolgt werden, betrug der durchschnittliche Fund
2010 6,6%. PZD hingegen, das den Cleantech Index(TM)
(http://cleantech.com/index/) verfolgt, mehr...
- Oberthur Cash Protection wird 1. europäischer Sponsor der ATM Industry Association London und Paris (ots/PRNewswire) - ATMIA Europa gab
heute Oberthur Cash Protection als ersten regionalen Sponsor von
ATMIA in Europa bekannt.
"Als weltweit führender Anbieter von Lösungen für Bargeldschutz
arbeiten wir seit vielen Jahren mit Oberthur Cash Protection zusammen
und schätzen ihre zahlreichen Beiträge zu unseren
ATM-Sicherheits-Konferenzen. Wir sind hocherfreut, diese wichtige
Beziehung mit einem neuen Sponsoring für die Region Europa
auszuweiten und zu vertiefen", kommentierte Flora Hamilton, Executive
Director von ATMIA mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Euro Osnabrück (ots) - Noch alles im Griff?
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass noch am Abend
desselben Tages, an dem Angela Merkel regelmäßige Rettungsaktionen
von Geldhäusern durch Steuerzahler ausgeschlossen hatte, der neue
Finanzbedarf von 24 Milliarden Euro für Irlands Banken bekannt wurde.
Was folgte, waren die gewohnten Beschwichtigungsfloskeln aus
Brüssel und Frankfurt, den Sitzen von EU und Europäischer
Zentralbank. Von dort heißt es, in Sachen Irland habe man alles im
Griff, und im Rettungspaket für den Inselstaat mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|