Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Zentralbank reagiert trotz Schuldenkrise in Portugal
Zinswende gut für ganz Europa
MARTIN KRAUSE
Geschrieben am 07-04-2011 |
Bielefeld (ots) - Wochenlang wurde gerätselt. Würde die
Europäische Zentralbank (EZB) es wagen, die Konjunktur in den zum
Sparen verdammten Schuldenländern der Euro-Zone durch eine
Zinserhöhung zu gefährden? Zentralbankchef Jean-Claude Trichet gab
gestern die Antwort. Sein Mut macht Mut. Die Zentralbank lässt sich
von der schwierigen Lage in Portugal, Irland und Griechenland nicht
die Geldpolitik diktieren. Die auf 2,6 Prozent angestiegene
Teuerungsrate war ausschlaggebend für die erste moderate Zinserhöhung
seit Mai 2009, als der Leitzins im Kampf gegen die globale
Finanzkrise auf 1,0 Prozent gefallen war. Jetzt gilt die Geldschwemme
wieder als das größere Risiko, zumal die Konjunktur in wichtigen
Ländern - vorneweg Deutschland - ordentlich läuft. Damit entkoppelt
sich Europa weiter von der unveränderten (Fast-)Nullzinspolitik in
den USA und zeigt Robustheit. Die EZB widersteht den unterschwelligen
Begehrlichkeiten, die in allen Ländern mehr oder weniger drückende
Schuldenlast durch ein bisschen Inflation zu mildern. Der Euro ist
hart, das belegt der Dollarkurs eindrucksvoll, und das Signal lautet:
Der Euro soll hart bleiben. Die Europäische Zentralbank nimmt
ausdrücklich keine Rücksicht auf die Lage in Portugal, Irland und
Griechenland, aber nicht von ungefähr dürfte die Entscheidung der
Portugiesen, jetzt doch unter den europäischen Rettungsschirm zu
flüchten, fast zeitgleich gefallen sein. Nicht die Zentralbank, wohl
aber die europäischen Finanzpolitiker üben die nötige Solidarität.
Ja, wir sind der Transferunion nähergekommen, aber das hat nichts mit
Weichwährungspolitik zu tun. Geldpolitik und Finanzpolitik werden
entkoppelt, so soll es sein. Importe bleiben dank der Stärke des
Euros weiterhin günstig. Das dämpft vor allem den Preisauftrieb bei
Öl und Gas, und das ist gut für die Konjunktur - in ganz Europa.
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