Mittelbayerische Zeitung: Attraktivität entscheidet
Leitartikel zum Arbeitsmarkt
Geschrieben am 28-04-2011 |
Regensburg (ots) - Allmählich wird es unheimlich. Mit jedem neuen
Arbeitsmarktbericht ertönen immer lautere Jubelarien. Die nackten
Zahlen geben ja fürwahr Anlass zu guter Stimmung. Im Mai oder
spätestens im Juni wird bei der Zahl der Arbeitslosen die
Drei-Millionen-Marke unterschritten werden - eine auch psychologisch
sehr angenehme Vorstellung. Keine Frage: Die Statistik zeigt
oberflächlich ein sehr positives Bild, darunter aber gibt es
vielschichtige Verschiebungen - mit Gewinnern und Verlierern. Auf
absehbare Zeit scheint der Schwung kaum zu stoppen. "Die Entwicklung
ist nachhaltig. Diesen Aufschwung werden wir so leicht nicht los",
glaubt der Chefökonom der Dekabank. Fünf Millionen Arbeitslose, so
wie wir sie 2005 hatten, werde es so schnell nicht wieder geben,
meint ein anderer Experte. Sie haben Recht - so lange keine schweren
Schocks die schönen Prognosen über den Haufen werfen. Denn all den
Voraussagen ist gemein, dass sie genau solche einschneidenden
Ereignisse nicht vorhersehen und damit auch nicht kalkulieren können.
Allerdings lehrt die jüngere Vergangenheit, dass eben derlei
Einschläge in immer kürzeren Intervallen erfolgen. Die internationale
Schuldenkrise etwa kann jederzeit das gesamte Gefüge in seinen
Grundfesten erschüttern. Ungeachtet dessen wird zunächst einmal an
der Erfolgsstory weitergeschrieben. Die Zahl der Erwerbstätigen
steigt, auch die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die
gute Nachricht dabei: Es finden zunehmend wieder benachteiligte
Gruppen eine Stelle, so zum Beispiel Geringqualifizierte oder ältere
Menschen - allerdings in noch lange nicht ausreichendem Maße. Gerne
wird kritisiert, dass in der Aufschwungphase vor allem niedrig
entlohnte Jobs angeboten werden. Doch der Vorwurf zielt zunächst ins
Leere. Wo sonst sollen die Arbeitsplätze entstehen, wenn bei
Fachkräften und Hochqualifizierten so gut wie Vollbeschäftigung
herrscht? Das Entrée von unten ist keine Merkwürdigkeit, sondern hat
eine gewisse Logik. Allerdings müssen sich auf der anderen Seite
Arbeitgeber und ihre Interessenverbände schon fragen lassen, warum
sie lauthals über ein mangelndes Angebot an Arbeitskräften klagen,
andererseits aber die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten gerne länger
arbeiten würde, man sie aber nicht lässt. Oder warum sie Kräfte aus
Osteuropa ersehnen und umwerben, die ab 1. Mai endlich ohne Hürden
hier arbeiten dürfen - die aber den meisten Schätzungen zufolge kein
übersteigertes Interesse an Deutschland haben. So etwas nennt man
mangelnde Attraktivität. Hier rächen sich Verhaltensmuster, die noch
vor nicht allzu langer Zeit keineswegs von solch großer Wertschätzung
gegenüber den Mitarbeitern geprägt waren, wie sie heute in keiner
öffentlichen Rede fehlen darf. Sie hat sich entgegen den
Verlautbarungen auch keineswegs überall durchgesetzt. Es bildet sich
eine zunehmende Spaltung heraus: In jene Branchen und Unternehmen,
die den demografischen Wandel und internationalen Wettbewerb
verstanden haben; und in jene, die den Mitarbeiter wie eine Maschine
behandeln, die man aus Kostengründen nicht pflegt und sich dann
ärgert, wenn sie ihren Dienst versagt, nachdem sie verbraucht ist.
Oder die in diesem Wettbewerb um die Köpfe aufgrund ihres Umfeldes
nicht mithalten können. Diese Betriebe werden künftig kaum noch guten
Nachwuchs bekommen, womit sich ihr Niedergang beschleunigt. Die
Rochade wird an Tempo zulegen. Dabei wird es eine große Zahl Gewinner
und Verlierer geben - sowohl aufseiten der Unternehmen als auch der
Arbeitnehmer.
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Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
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