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12. European Newspaper Congress in Wien: Die Revolution der Mediengesellschaft

Geschrieben am 02-05-2011

Wien (ots) - Wien - Nur eine Revolution der Verhältnisse in der
Welt der Medienmacher könne den unerlässlichen Übergang von der
traditionellen Print-Gesellschaft zu der im Moment durch Internet und
iPad dominierten Informationsgesellschaft ermöglichen. Mit dieser
Forderung vollzog Carlo Campos (Media Consulting Group, London) in
seinem Grundsatzbeitrag zum Start des "European Newspaper Congress"
in Wien gewissermaßen einen Bruch mit allem, was bisher war oder noch
ist. Die Verlagschefs hätten noch immer die zweifellos guten und
komfortablen Produktionsverhältnisse aus der Print-Wirtschaft im Kopf
und wollten auf dieser Basis die Herausforderung bestehen. So als ob
man die unterschiedlichen Inhalte und unterschiedlichen Medien noch
immer in einzelne Boxen platzieren und ohne Verbindung miteinander
beherrschen könnte.

Beim "European Publishers Forum" am Montag skizzierte Campos, was
heute nötig sei: Es gehe nicht um Produktionsformen, sondern um die
Bedürfnisse der Kunden. Diese seien auch bereit, für die Befriedigung
der Bedürfnisse zu zahlen. "Jeder Leitartikel muss sich auf dieses
Bedürfnis konzentrieren", sagte er. Früher habe man von Marketing
gesprochen, heute nenne man es "Brand" oder auch "market
intelligence". Die Kunden brauchen etwas, was auf allen technischen
Ebenen problemlos funktioniert. Alle Beteiligten müssten auf dieses
Ziel hinarbeiten und Geld damit verdienen.

Print gegen Online sei eine falsche Frontstellung. "Wir brauchen
Newsrooms, die ständig im Beta-Zustand, also in der Veränderung
begriffen sind." Das setze voraus, dass die redaktionellen Abläufe
durch Technologie-Direktoren gesteuert würden, die sich gut auskennen
und permanent entwickeln. "Wir sind im Weingeschäft und nicht im
Abfüllgeschäft." Unter den Kriterien für brauchbare Inhalte zählte
Campos auf: unique contents, Brauchbarkeit, Bequemlichkeit, gute
Zusammenfassung von Zusammenhängen, überraschende Erfahrungen. Die
Information müsse auf verschiedenen Plattformen verschieden
präsentiert werden, aber möglichst immer einzigartig sein.

Auch für Alfredo Trivino, der in London einen "Daily" exklusiv für
den Tablet-Gebrauch gegründet hat, ist grundsätzlicher
Bewusstseinswandel selbstverständlich. Man dürfe nicht außer Acht
lassen, dass 60 Prozent der iPad-User sich früher oder später ganz
von der gedruckten Zeitung abwenden, Kannibalisierung sei Tatsache.
Für die Zeitungshäuser könne das dennoch zum Vorteil werden, wenn sie
rasch genug die entsprechenden Applikationen anbieten, die den Usern
neuartige Erlebnisse und Möglichkeiten verschaffen. Als Beispiel
nannte er den prominenten Anbieter von Wirtschaftsinformationen
Bloomberg, der Sport-Apps bereitstelle und so den Bewegungsspielraum
der Kunden erweitere. Immer komme es jedoch auf den Inhalt an.
"Unsere Konkurrenz ist nicht die Zeit, sondern das Interesse." Die
technische Bedienung dürfe dabei nicht zum Hindernis werden. "Alle
Medien müssen auf alle Plattformen passen. Wir schreiten vom
Zeitungszeitalter in das Medienzeitalter. Für Schablonenjournalismus
sei kein Platz mehr."

Dieser Sicht schloss sich Peter Hogenkamp von Zürich Web an. "Ich
muss von jedem Device auf die Seiten kommen, also auch den ,Spiegel'
auf iPhone herunterladen können", sagte er. Das iPad werde vermutlich
derzeit überschätzt - in zehn Jahren würden die Geräte ganz anders
aussehen.

In der darauffolgenden Diskussion ergab sich eine unerwartete
Frontstellung. Die "Technik-Freaks" stießen auf Kirsten Annette Vogel
vom TOP.IfM Institut für Medienprofis, die feststellte, dass es nicht
nur um Technik, sondern um Menschen ginge, sowohl um Journalisten als
auch so genannte User. Sie seien durch die Geschwindigkeit und die
Fülle des Gebotenen überfordert. "Der Mensch will noch immer etwas in
der Hand halten. Es fehlt die Berührung." Hogenkamp replizierte. "Ich
kann mit dem Overload relaxed umgehen", und verwahrte sich gegen
"Gefühlszeug". Diskussionsleiter Michael Grabner (Michael Grabner
Media) versuchte zu vermitteln: Seien es nicht gerade die
Regionalmedien, die die menschliche Nähe schaffen und immer
bedeutsamer würden?

Pit Gottschalk von der Axel Springer AG und Christian Lindner,
Chefredakteur der "Rhein-Zeitung", wandten sich wieder dem
Medienalltag zu. Bei Springer habe kein Journalistenanwärter eine
Chance, der noch nicht twittere und blogge (Gottschalk). Es gebe
nicht "Internetspezialisten und die anderen", sondern alle müssten
den Anforderungen gewachsen sein. Internetspezialisten auf eine Insel
zu setzen habe keinen Sinn, sagte Lindner.

Veranstalter des Kongresses sind der Medienfachverlag Oberauer und
der deutsche Zeitungsdesigner Norbert Küpper. Mitveranstalter ist die
Stadt Wien. Unterstützt wird der Kongress von der der Tageszeitung
"Die Presse", von Japan Tabacco International (JTI), der Bank Austria
und der Vienna Insurance Group.

Der Kongress endet morgen. Das komplette Programm:
www.newspaper-congress.eu



Pressekontakt:
Johann Oberauer, Tel. 0043 664 2216643


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