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Resozialisieren vs. Sanktionieren - "Warnschussarrest" für Jugendliche konterkariert pädagogische Zielsetzungen

Geschrieben am 04-05-2011

Stuttgart (ots) - Die aktuelle Diskussion um Relevanz und Sinn der
geplanten Einführung eines "Warnschussarrests" für jugendliche
Straftäter berührt auch die Bewährungshilfe, insofern dieses eher
symbolische Sanktions- und Abschreckungsmittel künftig parallel zu
einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verhängt werden
soll. Die erzieherische Wirkung eines solchen Vorgehens ist in der
Wissenschaft sehr umstritten, zumal die mit Freiheitsentzug
einhergehenden dissozialen Folgen das damit verbundene
Abschreckungsmoment meist marginalisieren: Über 70% vormals
inhaftierter Jugendlicher werden wieder rückfällig, d.h. von einer
konstruktiven pädagogischen Dimension des Warnschussarrests kann,
entgegen politischer Verlautbarungen, schwerlich gesprochen werden,
wie auch empirische Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre
belegen.

Rechtsempfinden entwickeln hat Priorität: Abschreckung und
Drohgebärden sind für den Resozialisierungsprozess junger Straftäter
eher kontraproduktiv

Prinzipiell ist das Instrument des Jugendarrests - schon qua
seiner fragwürdigen Historie - ein Sanktionsmittel, das mit großem
Bedacht gewählt werden sollte. Die für den Jugendarrest als geeignet
klassifizierten Jugendlichen werden heute nur wenig anders
beschrieben wie zum Zeitpunkt der Einführung des Jugendarrests im
Jahre 1940, wenn auch die heute damit verbundene Zielsetzung
sicherlich zu der ursprünglichen erheblich kontrastiert. Die momentan
vertretene These, der "Warnschussarrest" besäße einen hohen
Abschreckungseffekt, der sich positiv auf die Resozialisierung
jugendlicher Straftäter auszuwirken verspräche, lässt sich jedoch
nicht belegen. Im Gegenteil votiert die Großzahl renommierter
Experten des Jugendstrafrechts für einen anderen Umgang mit erstmals
Straffälligen unter 21 Jahren, nicht zuletzt, weil die weit geringere
Widerrufsrate bei Personen, deren Jugendstrafe zur Bewährung
ausgesetzt wurde (widerrufene Bewährungen im Jahre 2010 ca. 18
Prozent), illustriert, dass gezielte sozialarbeiterische
Interventionen erfolgreicher sind als freiheitsentziehende Maßnahmen.
"Zu den zentralen Aufgaben der Bewährungshilfe zählt insbesondere die
Entwicklung sozialer Kompetenzen, die dazu beitragen,
Verhaltensweisen und Situationen zu meiden, die Rückfallkriminalität
provozieren", sagt Georg Zwinger, Geschäftsführer für Sozialarbeit
der NEUSTART gGmbH. "Abschreckung und Drohgebärden sind für den
Resozialisierungsprozess eher kontraproduktiv. Richterliche Weisungen
und Auflagen wie z.B. Antiaggressionstraining oder Verrichtung
gemeinnütziger Arbeit, welchen der Jugendliche über einen längeren
Zeitpunkt gerecht werden muss, sind weit wirkungsmächtiger als es
jeder, auf schnelle Effekte ausgerichtete Warnschussarrest jemals
sein könnte. Kontinuierliche Anleitung und Sensibilisierung des
Rechtsempfindens in der Bewährungshilfe hat hingegen bei jungen
Menschen oft großen Erfolg", erläutert Zwinger die Position der
NEUSTART gGmbH.

Freiheit entziehende Sanktionen bei jugendlichen Straftätern
müssen ultima ratio bleiben

Gesellschaftliche Probleme, so auch Jugendkriminalität, fordern
Lösungskonzepte, die sich nicht auf Sanktionen reduzieren, sondern an
den Ursachen und Gründen ihres Entstehens ansetzen. Veränderte
gesellschaftliche Bedingungen, eine völlig neue Kommunikationswelt
und die Perspektivlosigkeit junger Menschen, deren soziales Umfeld
kein solides Fundament für die Entwicklung eigener Fähigkeiten und
Talente bietet, fördern auch die Latenz, straffällig zu werden.
"Eingedenk der Tatsache, dass für gering Qualifizierte kaum noch
Arbeitsplätze existieren, die ihnen ein gesichertes Einkommen in
Aussicht stellen, werden Zukunftsängste mehr und mehr virulent, was
auch für die Bewährungshilfe eine Anpassung ihres Arbeitskonzepts
erforderlich macht, um junge Menschen zukünftig noch besser dabei
unterstützen zu können, ein Leben ohne Kriminalität zu führen ",
betont Georg Zwinger.

NEUSTART entwickelt neue Methoden in der Betreuung jugendlicher
Straftäter

Die Entwicklung neuer Methoden in der Betreuung nach
Jugendstrafrecht unterstellter Straftäter zählt zu den zentralen
Zielsetzungen der NEUSTART gGmbH, die sich darauf konzentriert,
Faktoren zu ermitteln resp. zu berücksichtigen, welche für die
positive Sozialgenese junger Menschen entscheidend sind.
"Bewährungshilfe hat vornehmlich für junge Straftäter dann eine
wesentliche Resozialisierungsfunktion, wenn die angebotene
Unterstützung auch kontinuierlich auf ihre Wirksamkeit befragt wird,
und Kontrolle als sinnvolles Korrektiv im Eigeninteresse des Klienten
erlebt wird", resümiert Georg Zwinger die wesentlichen Aspekte einer
erfolgreichen Betreuung junger Straftäter. "Junge Menschen verdienen
die Chance, aus einmal begangenem Unrecht zu lernen und falsche
Wertvorstellungen zu revidieren, anders, finden sie nicht zurück in
unsere Gesellschaft", so Zwinger abschließend.



Pressekontakt:
Dr. Michael Haas
Pressesprecher
NEUSTART gGmbH
Tel: +49 (711) 627 69-411
Mobil: +49 (157) 762 135 58
michael.haas@neustart.org

http://www.neustart.org


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