"Ziel des Jugendschutzes ist es nicht, Erwachsenen oder Kindern etwas zu verbieten": KJM-Diskussion mit Netzaktiven in Leipzig
Geschrieben am 04-05-2011 |
München (ots) - "Meuterei im Mitmachnetz: Jugendschützer im Dialog
mit der Netzgemeinde" - unter diesem Motto hat die Kommission für
Jugendmedienschutz (KJM) gestern auf dem Medientreffpunkt
Mitteldeutschland ihren bereits begonnenen Dialog mit Vertretern der
"Netzgemeinde" fortgesetzt. Zwar waren es in erster Linie
strategisch-politische Gründe und nicht die Proteste aus dem
Internet, die die Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags
(JMStV) vergangenen Dezember in Nordrhein-Westfalen zum Scheitern
brachten. Dennoch ist - um den erneut anstehenden
Novellierungsprozess aktiv zu befördern - aus Sicht der KJM ein
Austausch mit Netzaktiven nötig. Unter der Moderation von Prof.
Bascha Mika lud sie deshalb in Leipzig zur Diskussion.
Um die immer wieder geäußerten Zensurvorwürfe aus der Netzgemeinde
gleich zu Beginn der Veranstaltung aufzufangen, betonte Verena
Weigand, die Leiterin der KJM-Stabsstelle, in ihrem einführenden
Impulsreferat: "Es ist niemals Ziel des Jugendmedienschutzes,
Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen etwas zu verbieten. Sein
Ziel ist es, Kinder und Jugendliche vor Inhalten von Anbietern zu
schützen, die mit teils hochproblematischen Inhalten auf Kosten
Heranwachsender viel Geld machen und damit das Recht von Kindern auf
freie Entfaltung der Persönlichkeit beeinträchtigen. Der Jugendschutz
steht also gerade nicht im Gegensatz zu Freiheit, wie oft postuliert
wird. Jugendschutz ist vielmehr ein verantwortungsbewusster Beitrag
zum gesellschaftlichen Miteinander."
Ein Argument, das padeluun, Künstler, Netzaktivist und
sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission "Internet und
digitale Gesellschaft" des Deutschen Bundestages, nicht akzeptierte.
Er - der nach eigenen Angaben weder den bestehenden JMStV noch seine
gescheiterte Novelle gelesen hat - schwärmte von seiner
Zukunftsvision des Internet als "kommunikatives Paradies auf Erden",
das nicht durch Jugendschutz-Bestimmungen reguliert werden dürfe. Aus
seiner Sicht liege die Verantwortung, für den Schutz von Kindern zu
sorgen, bei deren Eltern und nicht beim Staat.
Kritisch äußerte sich Weigand zu häufig kolportierten falschen
Behauptungen über Jugendschutz im Netz. Sie stellte klar: "Die
Jugendschutz-Maßnahmen der KJM betrafen bisher fast ausschließlich
unzulässige und vielfach auch strafrechtlich relevante rechtsextreme,
gewaltverherrlichende oder pornografische Angebote." Die öffentliche
Diskussion über Jugendschutz im Netz drehe sich aber größtenteils um
Inhalte, die von Jugendschutz-Regelungen gar nicht betroffen seien,
wie beispielsweise Blogs.
Dennoch sprach sich auch Jimmy Schulz, Ombudsmann der FDP in der
Enquete-Kommission, gegen gesetzlichen Jugendmedienschutz im Internet
aus: "Unsere Gesellschaft entdeckt das Internet gerade so
experimentell wie ein pubertierender Jugendlicher." Dabei würden -
unvermeidbar - auch mal Grenzen überschritten. Seiner Meinung nach
würde aber "am Ende von ganz allein eine gesellschaftliche Normierung
stattfinden". Der Staat solle deshalb "nicht ganz so viel regeln" und
"bestimmte Gesetze der Realität anpassen".
"Die Netzgemeinde hat den Jugendschutz nicht verstanden" - so
fasste Sabine Frank, Geschäftsführerin der Freiwilligen
Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter, ihren Eindruck der
Diskussion zusammen. Das deutsche Jugendschutz-System sei "eines der
modernsten": Die nun gescheiterte JMStV-Novelle habe unter anderem
zum Ziel gehabt, die Entwicklung von Jugendschutzprogrammen zu
befördern. "Damit wäre Eltern endlich ein elementares Instrument an
die Hand gegeben worden, darüber zu entscheiden, was ihre Kinder im
Internet tun dürfen und was nicht." Frank: "Ich finde es schade, dass
seitens der Netzgemeinde meist nur maximale Forderungen formuliert,
aber sehr wenige praktische Lösungen für Eltern und Pädagogen
entwickelt werden."
Am Ende waren sich die Podiumsteilnehmer trotz aller Kontroversen
einig, dass der gemeinsame Dialog wichtig sei und fortgeführt werden
müsse.
Pressekontakt:
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Leiterin der
KJM-Stabsstelle, Verena Weigand, Tel. 089/63808-262 oder E-Mail
stabsstelle@kjm-online.de.
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