tz München: "Völlig klar: Wir greifen an!"
Karl-Heinz Rummenigge zieht in der tz Bilanz
Geschrieben am 13-05-2011 |
München (ots) - Samstag, 17.20 Uhr, fällt der letzte Vorhang. Dann
geht die turbulente Saison des FC Bayern zu Ende. Die totale
Katastrophe konnte verhindert werden, die Champions-League-Quali ist
zumindest sicher. Zufrieden ist mit der titellosen Spielzeit dennoch
keiner an der Säbener Straße. Im zweiten Teil des großen
tz-Interviews zieht Karl-Heinz Rummenigge vor dem letzten Spiel gegen
Stuttgart Bilanz.
Bekommt Leverkusen am letzten Spieltag wieder das Flattern?
Rummenigge: Wir sind zufrieden, dass wir den dritten Platz
gesichert haben. Dass wir jetzt noch eine mathematische Chance auf
Platz zwei haben, ist wunderbar. Wichtig ist, dass wir am Samstag
alles tun! Und sollte Leverkusen wirklich patzen, dann sind wir da.
Kann Leverkusen mit dem Druck umgehen?
Rummenigge: Das wird man sehen. Sie haben dieses Image, dem Druck
nicht standzuhalten. Samstag sieht man, ob sie dieses bestätigen.
Wäre der zweite Platz ein Happy End dieser Saison?
Rummenigge: Ich muss ehrlich sagen: Ich bin mit der Rückrunde
zufrieden. Und dass wir nicht um die Meisterschaft mitgespielt haben,
liegt einzig an den ersten sieben Spieltagen.
Wie beurteilen Sie derzeit die Stimmung in Leverkusen? Beim
letzten Heimspiel gegen Hamburg gab es "Heynckes-raus"-Rufe.
Rummenigge: Ich finde das schade und undankbar, was die Fans beim
letzten Heimspiel veranstaltet haben. Ich habe Jupp Heynckes in den
letzten Wochen immer wieder erlebt und ich muss sagen: Er tut alles,
dass Bayer Leverkusen ein Jahr hat, mit dem sie extrem hoch zufrieden
sein können. Sie waren jahrelang nicht mehr in der Champions League.
Ich glaube, ganz Leverkusen sollte Jupp Heynckes den roten Teppich
ausrollen. Aber jetzt kritisieren, das ist undankbar und unfair!
Was halten Sie von dem Vorwurf, er hätte schon den FC Bayern im
Kopf?
Rummenigge: Das stimmt doch nicht - im Gegenteil! Gerade weil Jupp
Heynckes sich diesen Vorwurf von niemandem machen lassen will,
arbeitet er noch konzentrierter. Er will sich mit Stil und Niveau
verabschieden.
Inwiefern hatten Sie Kontakt zu Heynckes in der Rückrunde?
Rummenigge: Dass wir das ein oder andere Gespräch geführt haben,
ist ja ganz normal. Das hat ihn jedoch niemals in seiner Aufgabe und
Leidenschaft für Bayer Leverkusen eingeschränkt. Dafür ist Jupp viel
zu seriös.
Vor zwei Wochen wurde Dortmund Meister. Ist der BVB auf Jahre
hinweg ein Konkurrent für Bayern?
Rummenigge: Der Job, den die Kollegen in Dortmund gemacht haben,
ist erstklassig! Das muss man anerkennen. Dortmund steht der
Bundesliga gut zu Gesicht. Die werden versuchen, Bayern auch in
Zukunft unter Druck zu setzen. Das gilt es zu verhindern.
Nuri Sahin verlässt den Verein nun. War es nur ein Märchen, dass
die Dortmunder Meistermannschaft auf Jahre zusammenbleibt?
Rummenigge: Das wird doch immer passieren. Wenn eine Mannschaft
Erfolg hat, wird es bessere Angebote von anderen Klubs geben. Sahin
ist ja nicht da, um Spanisch zu lernen - er geht zu Real, weil er da
wesentlich mehr Geld verdienen kann. Und Dortmund will als gebranntes
Kind diesen Weg nicht mitgehen.
Hat der BVB mit Jürgen Klopp genau den richtigen Trainer für diese
junge Mannschaft?
Rummenigge: Was die Dortmunder von uns unterscheidet, ist die
Tatsache, dass er dort etwas aufbauen konnte in den letzten drei
Jahren. Da wird auch akzeptiert, dass er mit seiner Mannschaft in der
Gruppenphase der Euro League ausscheidet. Das wäre bei uns anders.
Bei Bayern kann man nicht drei Jahre etwas aufbauen. Diese Zeit gibt
uns niemand. Es waren andere Voraussetzungen, die hat er gut genutzt.
Was machen die Planungen, einen Ersatz für Ribéry und Robben zu
holen?
Rummenigge: Hier liegt die kleine Problematik in dem Detail, dass
die zwei Extraklasse sind. Und dann ist es natürlich nicht so
einfach, einen Spieler mit guter Qualität zu finden, der bereit ist
anzuerkennen, dass er auf der Bank sitzt. Robben und Ribéry waren in
den letzten sechs Monaten so gut wie keinmal verletzt. Ich weiß auch,
dass das in den letzten zwei Jahren nicht immer der Fall war. Aber
unsere medizinische Abteilung macht da einen Superjob.
Ist Reus ein Thema?
Rummenigge: Ich habe den Namen gelesen. Mönchengladbach wird ja
nicht seinen besten Spieler verkaufen, wenn sie sich retten.
Ob mit Reus oder ohne: Startet Bayern nach dieser missratenen
Saison im nächsten Jahr den Großangriff?
Rummenigge: Ich sage nicht, dass die Saison missraten war. Sie war
nicht befriedigend. Es ist völlig klar, dass wir im nächsten Jahr
angreifen werden, vom ersten Spieltag an um die deutsche
Meisterschaft spielen.
Louis van Gaal hatte seine Visionen vom Offensivfußball. Wie sind
Ihre Visionen?
Rummenigge: Meine Vision ist die von erfolgreichem Fußball. Es
gibt nur eine Wahrheit auf dem Platz: Erfolg. Der FC Bayern braucht
Erfolg und ein entspanntes, harmonisches Miteinander.
Van Gaal hat immer von einer Philosophie für den ganzen Verein
gesprochen. Wie viel davon steckt noch im FC Bayern?
Rummenigge: Gehen Sie mal ins Internet und recherchieren
Philosophie. Dann wissen Sie, was das mit Fußball zu tun hat.
Nämlich?
Rummenigge: Gar nichts! Es ist das Unwort des Jahres, wie schon
der Kollege Holzhäuser gesagt hat. Im Fußball hat man seinen Stil,
jeder Trainer und jeder Verein hat seinen Stil. Und am Ende des Tages
ist entscheidend: Hat man mit diesem Stil Erfolg oder nicht?
Interview: Tobias Altschäffl, Michael Knippenkötter
Pressekontakt:
tz München
Redaktion
Telefon: 089 5306 505
politik@tz-online.de
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