Börsen-Zeitung: Bahn frei, Kommentar von Christopher Kalbhenn zur Aufgabe von Nasdaq und ICE im Kampf um Nyse Euronext
Geschrieben am 16-05-2011 |
Frankfurt (ots) - Auf dem Weg zur Fusion mit der Nyse Euronext hat
der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, Reto Francioni, einen
großen Sprung nach vorn gemacht. Denn mit dem Rückzug von Nasdaq OMX
und Intercontinental Exchange (ICE) aus dem Kampf um die Nyse
Euronext fällt das wohl wichtigste Hindernis bzw. größte Risiko für
den Zusammenschluss weg.
Den Fusionspartnern wird es nun deutlich leichter fallen, ihre
Aktionäre von ihrem Projekt zu überzeugen. Wenn die Eigner der Nyse
Euronext am 7. Juli über die Fusion mit der Deutschen Börse
abstimmen, steht das rechnerisch höhere Gebot von Nasdaq und ICE
nicht mehr zur Verfügung. Sie haben nur noch zu entscheiden, ob ein
Alleingang mehr Wert verspricht oder der Zusammenschluss mit der
Deutschen Börse. Die Entscheidung dürfte angesichts der wesentlich
besseren Aufstellung des aus der Fusion hervorgehenden Börsenriesen
nicht sonderlich schwerfallen. Wenn die zu erwartende Mehrheit bei
der Hauptversammlung zustande kommt, werden anschließend
wahrscheinlich auch die Aktionäre der Deutschen Börse, die das Gebot
der Fusionsholding Alpha Beta Netherlands bis dahin noch nicht
angenommen haben, ihre Anteile andienen.
Jedoch sind noch längst nicht alle Hürden genommen. So muss u.a.
noch die EU-Kommission grünes Licht geben, was angesichts der
Tatsache, dass das neue Unternehmen mit Eurex und Nyse Liffe einen
Marktanteil von mehr als 90% am börslichen Derivatehandel Europas
hat, kein leichtes Spiel wird. Nasdaq OMX und ICE haben ihren Rückzug
mit ebensolchen Risiken begründet, d.h. mit einer sich anbahnenden
bzw. durch die Regulatoren signalisierten Ablehnung der Fusion von
Nasdaq und Nyse. Denn durch den Zusammenschluss wäre ein
Listing-Monopol am amerikanischen Aktienmarkt entstanden.
Doch das ist nicht das einzige Risiko, dem Nasdaq OMX und ICE
ausgesetzt waren. Möglicherweise hat noch ein anderes Motiv beide
Börsen zu dem zu diesem Zeitpunkt doch sehr überraschenden Schritt
motiviert. Ihr Gebot wies gravierende Schwächen auf, darunter eine
deutlich erhöhte Verschuldung der neuen Nasdaq/Nyse. Vor diesem
Hintergrund könnten Investoren signalisiert haben, die Fusion der
Nyse Euronext mit der Deutschen Börse zu favorisieren. Sich wegen
vermeintlich unüberwindbarer regulatorischer Hürden zurückzuziehen
ist sicherlich weniger schädlich fürs Image als eine krachende
Niederlage auf der Hauptversammlung der Nyse Euronext.
(Börsen-Zeitung, 17.5.2011)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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