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tz München: "Zurück in die Anonymität": tz-Interview mit Andries Jonker

Geschrieben am 18-05-2011

München (ots) - Die Saison ist vorbei, Platz drei erreicht. Wie
würden Sie Ihre Gefühle in den vergangenen fünf Wochen beschreiben,
als Sie das Erbe Ihres Freundes Louis van Gaal angetreten sind?

Jonker: Es waren die Wochen der gemischten Gefühle. Wir haben
keine Titel gewonnen. Der Trainerstab, der gut funktionierte, ist
auseinandergefallen. Die Zusammenarbeit mit Louis, mit dem ich ein
gutes Verhältnis habe, ist beendet. Das tut mir leid. Andererseits
habe ich den Auftrag des Vorstandes akzeptiert und das Ziel erreicht.
Das gibt Zufriedenheit.

Nun betreuen Sie die zweite Mannschaft. Wird Ihnen das Rampenlicht
nicht fehlen?

Jonker: Ich habe das schon miterlebt. Ich bin schon einige Male
von der Position des Cheftrainers zurück in die Anonymität gegangen.
Zum Beispiel von Barcelona in die zweite holländische Liga. Auch
jetzt ist es ein Schritt in die Anonymität. Ich gehe nüchtern damit
um.

Haben Sie in Ihrem Auftreten, in Ihrem Verhalten als Cheftrainer
etwas ändern müssen?

Jonker: Als Co-Trainer von Louis weißt du, dass du in der
Anonymität bist. Er will, dass du dich völlig auf deine Aufgabe
fokussierst. Man wusste nach außen nie, was meine Meinung war. Nicht
einmal die Spieler wussten es. Nur der Stab. Das hat sich natürlich
geändert.

Macht man sich als Chef mehr Gedanken über sein Äußeres?

Jonker: Nein. Jedenfalls nicht bewusst. Ich finde, dass die
Krawatte immer sitzen muss...

Hatten Sie van Gaal gegenüber ein schlechtes Gewissen?

Jonker: Nein, denn ich hatte seine Unterstützung. Ich bin nicht
abhängig von Louis, aber ich habe ihm sehr viel zu verdanken. Dazu
fühle ich mich verpflichtet.

Wie war der Moment, als Sie als Chef zum ersten Mal vor der
Mannschaft gesprochen haben?

Jonker: Louis hat mir immer viel Verantwortung gegeben, die
Spieler kannten mich. Das deutsche Wort "Antrittsrede" habe ich erst
gelernt, nachdem ich schon gesprochen hatte. Ich habe gesagt, was ich
gefühlt und gemeint habe. Aber ich bin mir nicht bewusst gewesen,
dass es ein wichtiger Moment war. Natürlich wurde dort eine Richtung
vorgegeben.

Wieviel van Gaal steckt noch im FCB?

Jonker: Sehr viel. Die Mannschaft, die ich übernommen habe, war
fit. Und das deutsche Gerüst auf dem Platz ist entstanden in der
Zusammenarbeit zwischen van Gaal und dem Vorstand. Lahm, Müller,
Schweinsteiger, Gomez, Badstuber, Kroos: Sie alle sind hier, sie alle
sind langfristig gebunden.

Wurde nach seinem Ende zu schlecht über van Gaal gesprochen?

Jonker: Ich weiß nicht, wie über Louis gesprochen wurde. Aber ich
bin einer der ganz wenigen, die ganz genau beurteilen können, was
passiert ist und wie gearbeitet wurde. Die vergangenen zwei Jahre
waren wichtig für den FC Bayern. Man kann mit großem Vertrauen in die
Zukunft blicken.

Hatten Sie mit Jupp Heynckes bereits Kontakt?

Jonker: Nein. Wir waren ja bis zum Schluss im Wettstreit
gegeneinander.

Interview: Tobias Altschäffl



Pressekontakt:
tz München
Redaktion
Telefon: 089 5306 505
politik@tz-online.de


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