Mittelbayerische Zeitung: Kniffliger Atom-Deal
Leitartikel zur Brennelementesteuer
Geschrieben am 25-05-2011 |
Regensburg (ots) - Das Korsett für den von Schwarz-Gelb
angepeilten Atomausstieg ist eng bemessen. Bereits am Sonntag wollen
die Koalitionäre von Union und FDP die wichtigsten Weichen für ein
Ausstiegsgesetz stellen. Knappe drei Wochen später soll das
umfangreiche Gesetzespaket, das immerhin Deutschlands Energiewende
festzurrt und die Energiepolitik für die nächsten Jahrzehnte
festlegt, Parlament und Länderkammer passiert haben. Gerade einmal
vier Monate nimmt sich die Politik Zeit, um die Lehren aus der
Katastrophe von Fukushima zu ziehen. Das ist eine verdammt kurze
Zeitspanne. Und es ist zu hoffen, dass hierbei Schnelligkeit nicht
zugunsten von Gründlichkeit gehen wird. Wie knifflig das Aushandeln
der wichtigen Details werden kann, erleben Merkel, Röttgen, Schäuble
und Co. derzeit. Die Uransteuer, die ab diesem Jahr auf alle neuen
Brennelemente in den deutschen Atomkraftwerken erhoben wird, ist ein
Beispiel dafür, dass das komplizierte Gesetzesgeflecht am Ende auch
allen Belastungen standhalten muss. Die Steuer war im Herbst
vergangenen Jahres, gleichsam als Kompensation für die längeren
Laufzeiten der Atommeiler, beschlossen worden. Rein formal hat das
eine mit dem anderen nichts zu tun. Offiziell wurde die Steuer auf
Kernbrennstäbe von der schwarz-gelben Koalition beschlossen, um Geld
für die Haushaltssanierung in die Kasse zu bekommen und um die
Stromversorger an den Kosten des abgesoffenen Endlagers Asse in
Niedersachsen zu beteiligen. Die Laufzeitverlängerung kam
gleichzeitig, aber in einem anderen Gesetz. Politisch gab es aber
sehr wohl einen Zusammenhang. Und der wurde von den Energiekonzernen
auch immer gesehen. Die Steuer sollte einen Teil der Gewinne aus
längeren Laufzeiten vorzeitig abschöpfen, um vor dem überwiegend
Atom-kritischen Volk mit der unpopulären Entscheidung besser bestehen
zu können. Nach Fukushima hat sich die Koalition um 180 Grad gedreht.
Sie will das Gegenteil. Älteren Meiler wie Isar 1, sollen für immer
abgeschaltet bleiben, die jüngeren in etwa zehn Jahren folgen. Dass
in der Union zumindest hinter vorgehaltener Hand über einen Ausstieg
aus der Uransteuer gesprochen wird, hat auch mit der unnachgiebigen
Haltung der Stromkonzerne zu tun. Die wollen notfalls gegen
Stilllegungen von Reaktoren vor die Gerichte ziehen. Nach Ansicht der
vier Energieriesen hat sich mit der Energiewende nämlich auch die
milliardenschwere Uran-Besteuerung erledigt. Der mächtige E.ON-Chef
Johannes Theyssen hat bereits Anfang des Monats laut über eine Klage
nachgedacht, sollte vom Atom-Nachschlag aus dem Herbst nur die Steuer
übrig bleiben. Sein nicht minder forsche RWE-Kollege Jürgen Großmann,
der bereits gegen das Atom-Moratorium mit der Sofortabschaltung der
älteren Meiler geklagt hat, äußerte sich ähnlich kämpferisch.
Offenbar haben beide im Berliner Kanzleramt Gehör befunden, auch wenn
die Bundeskanzlerin direkte Treffen mit den Energiebossen vermeidet.
Sie erwägt, die gerade eingeführte Steuer wieder einzustampfen. Dass
sie bei der nächtlichen Einigung über neue Laufzeiten im vergangenen
Oktober nächtens mit den Bossen telefonierte, war ihr von der
Opposition als Kungelei angekreidet worden. Die notleidenden
Liberalen allerdings halten von Überlegungen, mit denen offenbar die
Stromkonzerne besänftigt werden sollen, gar nichts. Genau wie SPD und
Grüne. Es könnte sein, dass die Energiewende einen neuen Deal mit den
Stromkonzernen braucht. Dann allerdings einen, der öffentlich gemacht
wird.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
333997
weitere Artikel:
- Westdeutsche Zeitung: CO-Pipeline =
von Wolfgang Radau Düsseldorf (ots) - Der Bayer-Konzern hat auf einer 67 Kilometer
langen Strecke zwischen Dormagen und Uerdingen viel Geld vergraben.
Millionen Euro für eine Röhrenverbindung zum Transport von
Kohlenmonoxid, das zur Herstellung von Kunststoffen benötigt wird.
Ein wichtiges Industrieprojekt, das am Ende den Wirtschaftsstandort
NRW stärkt.
Das Gas allerdings ist hochgiftig und explosiv. Das bereitet den
Anliegern der Pipeline-Trasse Sorgen um Leib und Leben und um den
Wert ihrer Immobilien. Was verständlich ist, nicht zuletzt, weil mehr...
- FT: Kommentar zu Anschlag in Afghanistan Flensburg (ots) - Der neue Verteidigungsminister Thomas de
Maizière reagiert wie seine Vorgänger: mit Betroffenheit und dem
Bekenntnis, trotz des hohen Blutzolls den Erfolg in Afghanistan
erzwingen zu wollen. Nichts als bekannte Durchhalteparolen also?
Nein, im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Sicherheitslage
wirklich verbessert. In weiten Teilen des Landes sind die Taliban
zurückgedrängt worden. Es scheint, dass der Nato-Einsatz tatsächlich
kurz vor einem entscheidenden Wendepunkt steht, wie es US-Präsident
Barack mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Impfen schadet nicht
Kommentar zum Zeckenschutz Regensburg (ots) - Die Zahlen sind alarmierend, die Reaktion der
meisten Menschen ist leider eher gleichgültig: Ziemlich genau ein
Drittel aller Zeckenbisse auch in Ostbayern löst gefährliche
Infektionskrankheiten aus: Von der Frühsommer-Meningoencephalitis
(FSME) bis zur Borreliose. Aber ebenfalls nur ein Drittel der Bayern
lässt sich impfen. Dabei ist zumindest bei FSME, die zu schweren
Nervenstörungen führen kann, Abwehr die beste Verteidigung: Die
"Zeckenimpfung" beugt der FSME zuverlässig vor. Allerdings darf man
sich nicht mehr...
- Rheinische Post: Atomare Altlasten Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Michael Bröcker:
Die Bundeskanzlerin will so schnell und so geräuschlos wie möglich
ihre Energiewende hinter sich bringen. Spätestens bis zur
Sommerpause. Langwierige juristische Streitereien mit den
Energiekonzernen über die Berechtigung der Brennelementesteuer passen
ihr deshalb nicht. Zumal die Einnahmen mit einer Milliarde Euro pro
Jahr im Vergleich zu dem erwarteten Steuerplus alleine für den Bund
von rund neun Milliarden Euro bescheiden ausfallen. Und doch
gefährdet die Kanzlerin mit mehr...
- Rheinische Post: Die Pipeline als NRW-Lehr-Rohr Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Ulli Tückmantel:
Die Entscheidung des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts, den
Planfeststellungsbeschluss für die Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen
den Bayer-Standorten Dormagen und Uerdingen für rechtswidrig zu
erklären, mag die besorgten Anwohner entlang der 67 Kilometer langen
Trasse zunächst beruhigen. Bis auf weiteres bleibt das Rohr leer.
Auch Bayer ist mit der Entscheidung nicht unzufrieden, denn sie
bedeutet nicht das endgültige Aus. Weist das Unternehmen die
Erdbebensicherheit nach, kann mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|