BERLINER MORGENPOST: Zwei Völker überwinden ihre Vorurteile - Leitartikel
Geschrieben am 17-06-2011 |
Berlin (ots) - Welch ein Wandel! Als Helmut Kohl und Jan Krzysztof
Bielecki vor zwanzig Jahren den deutsch-polnischen
Nachbarschaftsvertrag unterzeichneten, konnte von guter Nachbarschaft
keine Rede sein. Die Deutschen blickten eher geringschätzig auf den
Nachbarn im Osten herab. Die ärmlichen Polenmärkte auf jener Brache,
auf der heute der neue Potsdamer Platz glänzt, symbolisierten die
existenzielle Not der eigentlich doch so stolzen Polen. Es wurden
dumme Sprüche gerissen und sich über gestohlene Autos mokiert, die
angeblich schneller in Polen waren als die Polizei am Tatort. Die
polnische Gesellschaft andererseits betrachtete die Deutschen, die
ihnen im Krieg so viel Leid angetan hatten, unvermindert mit tiefem
Misstrauen. Konnte man ihnen wirklich trauen? Würde ein
wiedervereinigtes großes Deutschland den kleinen Nachbarn überhaupt
noch ernst nehmen? Und würde es ein verlässlicher Verbündeter sein
bei Polens Mühen, wieder Teil des freien Europa zu werden? Heute
wissen wir: Die Nachbarschaft ist eine geworden, auf der weiter
aufzubauen beide Seite entschlossen sind. Erstmals, so eine Umfrage
des Instituts für Demoskopie Allensbach, betrachtet eine Mehrheit der
Deutschen die Polen mit Sympathie. Bei den Polen ging das schneller.
Schon vor zehn Jahren war ihr Misstrauen gegenüber dem westlichen
Nachbarn mehrheitlich verschwunden. Vorurteile vergiften die
Beziehungen im persönlichen wie im zwischenstaatlichen Bereich. Sie
sind zwischen beiden Völkern weitgehend ausgeräumt, seit die Menschen
sich problemlos begegnen können, seit die leidige Grenzfrage ein für
allemal einvernehmlich geregelt ist und seitdem beide Seiten
wirtschaftlich voneinander profitieren. Die polnische Wirtschaft etwa
ist erstaunlich gut durch die Finanzkrise der vergangenen Jahre
gekommen. Heute fahren immer mehr Deutsche aus dem strukturschwachen
Vorpommern zum Arbeiten in die prosperierende Grenzregion um Stettin
und Danzig. Umgekehrt ist Deutschland für viele Polen nach wie vor
ein interessanter Arbeitsmarkt - ohne dass die neue totale
Freizügigkeit zu einer Verdrängung deutscher Arbeitskräfte geführt
hat, wie viele vorher unkten. Und langsam spricht sich auch herum,
dass erfolgreiche polnische Unternehmen längst hierzulande
investieren und damit Arbeitsplätze auch für Bundesbürger schaffen.
Eine wirklich gute Nachbarschaft also, die sich da entwickelt hat.
Sie kann auch nicht mehr von den paar Störenfrieden im
nationalkonservativen Lager ernsthaft gefährdet werden. Nicht vom
früheren Regierungschef Jaroslaw Kaczynski und dessen Partei, auch
nicht von den blinden Wüterichen gegen das deutsche Zentrum zur
Dokumentation von Vertreibungen. Und nicht von dessen Vorkämpferin,
der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach - ihr ist deutlich mehr
Fingerspitzengefühl im Umgang mit ihren polnischen Kontrahenten und
deren Gefühlen zu wünschen. Am 1. Juli übernimmt Polen den Vorsitz im
Rat der EU. Wer hätte das vor zwanzig Jahren gedacht? Welch ein
Wandel, welch glückliche historische Fügung!
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
338162
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zum Badeunfall von Dessau Halle (ots) - In einem Land, in dem selbst Blaualgenbefall von
Badeseen amtlich kontrolliert wird, damit ja niemand ihretwegenunter
Erbrechen oder Hautreizungen leiden muss, soll die Frage nach
Rettungsschwimmern nicht klar gesetzlich geregelt sein? Wohlgemerkt,
wir reden nicht mehr von Übelkeit und Pusteln, sondern von
Menschenleben. Dass ein Gericht sich Empfehlungen der Gesellschaft
für das Badewesen zur Hand nimmt, wenn es einschätzt, ob ein
Badbetreiber genug für die Sicherheit seiner Gäste getan hat, ist gut
und schön. Dann mehr...
- Rheinische Post: Symbolischer Akt Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Birgit Marschall:
Mehr hat Angela Merkel nicht herausholen können: Immerhin hat
jetzt auch Frankreich eingewilligt, seine Banken behutsam zu bewegen,
sich nicht weiter aus Griechenland davonzustehlen. Banken und
Versicherungen sollen die hochriskanten griechischen Schuldtitel
"freiwillig" weiter in ihren Büchern halten und dem am Abgrund
stehenden Land eine Atempause verschaffen. Das Vorbild liefert die
"Wiener Initiative" von 2009, als westeuropäische Banken
übereinkamen, Anleihen strauchelnder mehr...
- FZ: Kommentar: "Das haben sie nicht verdient" / "Fuldaer Zeitung" (Samstagausgabe, 18. Juni) zum Ansehen der Politiker. Fulda (ots) - Der Reflex ist ebenso verführerisch wie menschlich:
Jawoll, das haben unsere Politiker nicht besser verdient, dass ihr
Ansehen in der deutschen Öffentlichkeit noch weit hinter Managern am
Ende der Beliebtheitsrangliste der Berufsstände rangiert. Übrigens
auf demselben Niveau, auf dem ihre Berufskollegen im
dauer-skandalgeschüttelten Italien rangieren. Schließlich haben
Politiker aus allen Parteien auch hierzulande in der jüngsten Zeit
Steilvorlagen en masse geliefert, um ihr ohnehin schlechtes Image zu
untermauern: mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zum Streit Bullejahn/Bude Halle (ots) - Das eigentlich Brisante ist doch nicht das Gezänk
zwischen den beiden machtbewussten Spitzenpolitikern. Das eigentlich
Brisante ist, dass der einstige Spitzenkandidat gerade einmal drei
Monate nach der Wahl Hand an ein Papier legen wollte, mit dem er
einst munter in den Wahlkampf gezogen ist. "Daher wird es mit uns
keine Privatisierung der Universitätskliniken geben", heißt es im
SPD-Wahlprogramm erstaunlich klar und konkret. Und nun? Nun - so eine
der ersten Reaktionen aus dem Hause Bullerjahn - entwickle sich das
Leben mehr...
- Rheinische Post: Der verschwundene Bundespräsident Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Sven Gösmann:
Vor knapp einem Jahr, am 30. Juni 2010, wurde Christian Wulff als
Nachfolger des zurückgetretenen Horst Köhler zum Bundespräsidenten
gewählt. Der niedersächsische Ministerpräsident und stellvertretende
CDU-Vorsitzende benötigte drei Wahlgänge in der Bundesversammlung, um
seinen Mitbewerber Joachim Gauck zu schlagen. Es war ein schwieriger
Start für den morgen 52 Jahre alt werdenden, jungenhaft wirkenden
Präsidenten. Anfangs machten vor allem seine Lebensumstände
Schlagzeilen: mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|