Westdeutsche Zeitung: Steuermodell Kirchhof =
von Peter Kurz
Geschrieben am 28-06-2011 |
Düsseldorf (ots) - Der Hohn eines Gerhard Schröder, der ihn einst
als den "Professor aus Heidelberg" und damit als weltfremden
Wissenschaftskauz verspottete, konnte Paul Kirchhofs
Selbstbewusstsein nichts anhaben. Wie sonst könnte er sein neu
aufgelegtes Steuermodell mit nichts weniger als der französischen
Revolution oder der Idee der Menschenrechte in eine Reihe stellen?
Nun erscheint es tatsächlich reizvoll, das Steuersystem radikal zu
vereinfachen, für jedermann nachvollziehbar zu machen. Wenn Kirchhof
dann auch noch verspricht, dass das Ganze für den Staat
aufkommensneutral ausgeht, der Fiskus also nicht weniger einnimmt als
bisher, so ist diese Vereinfachung ja schon ein Wert an sich.
Millionen Steuerzahler hätten nicht mehr so viel Last mit ihrer
jährlichen Erklärung. Allenfalls den Steuerberatern käme das
ungelegen. Und den "Steuergestaltern", die ihre Mandanten mit
Ratschlägen zu Steuersparmodellen wie Investitionen in exotische
Schiffs- oder Immobilienfonds versorgen. Doch die Sache hat einen
Haken. Der liegt darin, dass das Umkrempeln des Steuersystems die
Karten völlig neu mischt. Es wird die Gewinner geben, denen zwar die
Steuersparmodelle weggenommen werden, die aber dafür statt eines
Spitzensteuersatzes von 45 Prozent nur noch mit 25 rechnen müssen.
Oberhalb der Grenze von 20 000 Euro wird also der Chefarzt genauso
besteuert wie die Krankenschwester. Da werden sich viele Klein- und
Mittelverdiener, denen ja auch noch Pendlerpauschale und steuerfreie
Nachtzuschläge gestrichen werden sollen, als Verlierer fühlen. Die
Absenkung des Steuersatzes auf einheitlich 25 Prozent führt zunächst
einmal bei all jenen, die bisher einen höheren Satz schultern müssen,
zu Einsparungen. Aus der Perspektive des Staates entspricht das
gewaltigen Steuerausfällen, die er sich durch das Streichen aller
möglichen Steuersubventionen wieder hereinholen müsste.
Steuervergünstigungen, die ja immer eine reale Grundlage haben, auf
die der Steuerzahler ein legitimes Recht zu haben glaubt. Da wird es
Unzählige geben, die entweder Verlierer sind oder sich so fühlen.
Gegen deren Widerstand eine solche Reform durchzusetzen, wäre für
jede Regierung ein Husarenritt - beschönigend gesprochen. Oder
offener: ein politischer Selbstmord.
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Westdeutsche Zeitung
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