Deutsche Reeder zuversichtlich trotz Piraten und Fukushima
Geschrieben am 29-06-2011 |
Frankfurt am Main (ots) - PwC-Umfrage: Auslastung der deutschen
Reedereien erreicht fast 90 Prozent / Piraterie und Katastrophe von
Fukushima lassen Kosten steigen / Radioaktive Belastung wird nicht
systematisch kontrolliert
Die deutschen Reeder gehen 2011 nach tiefen Einschnitten im Zuge
der Wirtschaftskrise wieder auf Wachstumskurs. Derzeit sind die
Fracht- und Containerschiffe bei 86 Prozent der Reedereien
ausgelastet, und knapp 50 Prozent erwarten für die kommenden zwölf
Monate weiteres Wachstum, wie aus einer Umfrage der
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC unter 100
deutschen Reedereien im Juni 2011 hervor geht. Getrübt wird die
günstige Großwetterlage allerdings durch die sich weiter ausbreitende
Piraterie. Auch die Folgen des Atomunfalls von Fukushima könnten sich
künftig stärker bemerkbar machen. Bislang erlitt jeder vierte
befragte Reeder wegen Fukushima Einbußen, beispielsweise durch höhere
Kosten für Kontrollen und längere Transportrouten zur Umfahrung des
Krisengebietes. "Die Reedereien profitieren derzeit zweifellos vom
Konjunkturaufschwung und dem fortgesetzten Exportboom der deutschen
Wirtschaft. Dabei handelt es sich aber eher um ein quantitatives als
ein qualitatives Wachstum. Die Frachtraten haben sich in 2011 nämlich
rückläufig entwickelt", kommentiert Claus Brandt, Leiter des
Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC.
So musste im vergangenen Jahr knapp jeder dritte Reeder Schiffe
vorübergehend außer Dienst stellen ("auflegen"), erwartet hatte dies
nicht einmal jeder zehnte. Bauverträge wurden von 16 Prozent der
Reeder storniert, während dies in der Umfrage von 2010 nur von sieben
Prozent prognostiziert worden war.
Seeleute werden knapp
Um das für 2011 erwartete Transportwachstum bewältigen zu können,
will immerhin jeder zweite Reeder neue Schiffe kaufen, vier von zehn
Befragten planen den Abschluss von Bauverträgen. Mit zusätzlichen
Mitarbeitern rechnen 50 Prozent der Befragten, allerdings ist der
Fachkräftemangel mittlerweile nicht mehr auf das Festland beschränkt:
67 Prozent der Reeder haben Schwierigkeiten, ausreichend
qualifizierte Seeleute zu finden.
Neben der Umsatzsituation dürfte sich auch die Ertragslage der
Reeder in den kommenden zwölf Monaten weiter verbessern. Mit
steigenden Charterraten rechnen 62 Prozent der Befragten, bei den
Frachtraten erwarten 55 Prozent Zuwächse. Eher sinkende Raten
prognostizieren lediglich sieben bzw. zwölf Prozent der Reeder.
Belastung durch Piraterie nimmt weiter zu
Zu einem dauerhaften Problem für die Branche entwickelt sich die
Piraterie. Trotz der verstärkten militärischen Schutzmaßnahmen sind
86 Prozent der Reeder der Ansicht, dass die Belastung durch das
Piraterieproblem in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen ist, kein
einziger Befragter sieht eine Entspannung. Der EU-Schutzmission
Atalanta sprechen nur 17 Prozent einen wesentlichen Beitrag zur
Bekämpfung der Piraterie zu - im Jahr 2010 sagten das noch 40
Prozent. Vielmehr glauben 90 Prozent der Befragten, dass die Piraten
in den vergangenen Jahren gewalttätiger und kampfbereiter geworden
sind. Zudem haben die gelegentlich geleisteten Lösegeldzahlungen das
Piraterieproblem nach Ansicht der meisten Reeder (80 Prozent) noch
verschärft. Aus Sicht der Unternehmer ist es daher alternativlos, die
Bekämpfung des Problems in professionelle Hände zu legen. 27
Reedereien setzen private bewaffnete Sicherheitsdienste ein, weitere
6 Reedereien verzichten auf die Bewaffnung ihrer Wachleute. Als
konkrete Folgen der Piraterie nennen 53 Prozent der Befragten höhere
Kosten auf Grund gestiegener Versicherungsprämien, verlängerter
Transportzeiten auf Ausweichrouten oder auch wegen der Beschäftigung
von Sicherheitspersonal. Zudem verweisen 29 Prozent auf eine
zunehmende Zahl von Überfällen, und jeweils 17 Prozent konstatieren
eine höhere Professionalität und einen größeren Aktionsradius der
Piraten. Selbst von Piratenüberfällen betroffen war bislang jede
dritte befragte Reederei.
Fukushima - verdrängtes Sicherheitsproblem?
Weitaus weniger spektakulär, aber möglicherweise nicht weniger
kostspielig als die Piratenüberfälle könnten sich die Folgen des
Atomunfalls von Fukushima auf die Branche auswirken. Von den 30
befragten Reedern, die das Krisengebiet nach der Katastrophe
ansteuerten, berichten 15 über zusätzliche Kosten durch Kontrollen,
Reinigungsmaßnahmen oder auch notwendige Umwege zur Vermeidung von
Strahlenbelastung. Allerdings deuten die Umfrageergebnisse darauf
hin, dass es keine systematische Kontrolle von Schiffen und Fracht
gibt.
So wurde in jeder vierten Reederei, die nach der Katastrophe mit
Schiffen in der Region präsent war, noch nie ein Schiff auf
radioaktive Belastung überprüft. Weitere zehn Prozent wissen nicht,
ob eine Kontrolle statt fand. Erreichen Schiffe, die im Krisengebiet
unterwegs waren, einen Zielhafen außerhalb der Region, werden diese
ebenfalls nicht grundsätzlich kontrolliert. Über eine regelmäßige
Prüfung der Strahlenbelastung berichten 13 Prozent der Reeder,
gelegentliche Kontrollen gibt es bei 57 Prozent der Befragten.
Hingegen wurde eine mögliche Strahlenbelastung von Schiffen und
Ladungen bei knapp jeder fünften Reederei noch nie gemessen. "Nachdem
die mögliche radioaktive Belastung von Gütern aus Japan nach der
Katastrophe ein prominentes Thema in den Medien war, zeigen die
Umfrageergebnisse nunmehr die Notwendigkeit, sich auch in der
Schifffahrt weltweit Gedanken über eine Kontaminations-Prophylaxe zu
machen", kommentiert Brandt.
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