Rheinische Post: Agenturen-Geister
Geschrieben am 06-07-2011 |
Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Thomas Reisener:
Mit ihrer Kritik an der Euro-Rettung bringen die Rating-Agenturen
die Politik gegen sich auf. Die ist frustriert, weil die Märkte den
Agenturen mehr als den Parlamenten vertrauen. Deshalb müssen Merkel &
Co. die Euro-Rettung jetzt nicht nur gegen große Teile der
Bevölkerung durchsetzen, sondern auch noch gegen einen
Weltfinanzmarkt, der die Skepsis der Agenturen teilt, und von den
kränkelnden EU-Staaten allen Rettungsschwüren zum Trotz weiterhin
hohe Kreditzinsen verlangt. Der Streit um die Macht der
Rating-Agenturen wird auf beiden Seiten scheinheilig geführt. Die
Agenturen spielen ihre Macht herunter, indem sie ihre Urteile als
bloße Meinungsäußerungen darstellen. Dabei wissen sie sehr genau,
dass ihre "Meinungen" konkurrenzlos sind und deshalb in der Praxis
die Kraft amtlicher Urteile haben. Die Politik wiederum ignoriert,
dass sie selbst den Agenturen diese Macht gab, als sie Ratings zur
verbindlichen Grundlage zahlloser amtlicher Entscheidungen gemacht
hat. Viel zu spät reifte in Europa die Erkenntnis, dass die Macht der
Agenturen kontrolliert und mit einer staatlichen Konkurrenz-Agentur
relativiert werden muss. Dass die Politik die Geister jetzt nicht
mehr los wird, die sie einst rief, ist nicht Schuld der Geister.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2303
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