Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Britischer Journalismus am Pranger
Rosskur nötig
JOCHEN WITTMANN, LONDON
Geschrieben am 08-07-2011 |
Bielefeld (ots) - Die Jagd nach der Schlagzeile und der Zwang zur
exklusiven Story haben den Journalismus in Großbritannien
pervertieren lassen. Die Murdoch-Presse, sei es das Massenblatt Sun
oder die Schwesterzeitung News of the World, kannte wenig
Gewissensbisse, wenn sie die Konkurrenz am Kiosk ausstechen wollte.
Man setzte die dunklen Künste des Gewerbes ein. Sei es Täuschung,
Fallenstellen, verdecktes Filmen oder der Einsatz von Lockspitzeln:
Der Zweck heiligte die Mittel. Wenn sich ein Reporter als Scheich
verkleidet, um die Herzogin von York hereinzulegen, die den Zugang zu
ihrem Ex-Gatten Prinz Andrew meistbietend verhökern will, dann mag
das vielleicht noch angehen. Aber das Anzapfen von Handys, wie es die
News of the World anscheinend systematisch betrieben hat, ist einfach
illegal. Und ebenso verstößt es gegen das Gesetz, Polizisten
Schmiergelder zu zahlen, um an exklusive Informationen zu kommen.
Wenn darüber hinaus auch das Telefon eines ermordeten Mädchens
angezapft wird oder wenn Kriegswitwen und Terroropfer zum Ziel einer
illegalen Abhöraktion werden, dann kann man nur noch von einem
menschenverachtenden Gewerbe reden. Noch ermittelt die Polizei, ob
nicht auch andere Zeitungen als die Murdoch-Presse sich des illegalen
Abhörens schuldig gemacht haben. Was aber jetzt schon feststeht, ist,
dass die gesamte Industrie eine Rosskur benötigt und klare Grenzen
eines sauberen Journalismus ziehen muss.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
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