Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Panzergeschäft
Geschrieben am 08-07-2011 |
Regensburg (ots) - Der Bundestag hat am Freitag versucht, wie es
sich in einer Demokratie gehört, Licht in die dunklen Waffengeschäfte
der Regierung mit Saudi-Arabien zu bringen. Mit ihrem berechtigten
Anliegen ist die Opposition jedoch gescheitert. Die Bundesregierung
verharrt weiterhin hinter einem Panzer des Schweigens. Und die
Kanzlerin sagt allenfalls, dass es gute Gründe für diese
Geheimhaltung gebe. So wie im Interview mit dieser Zeitung.
Befriedigend ist das jedoch keineswegs. Schlimmer noch. Die
Geheimniskrämerei und der - nach wie vor nicht bestätigte - Deal mit
dem saudischen Regime selbst schaden dem außenpolitischen Ruf
Deutschlands. Auch die gestrigen Erklärungsversuche von Schwarz-Gelb
gingen meist am wirklichen Problem vorbei. Union und Liberale folgen
dem Motto eines Diebes, der beim Stehlen erwischt wird und flott in
die Menge ruft: Haltet den Dieb! Dass die Bundesregierung in dieser
Affäre so schlecht aussieht, hat auch mit den von ihr postulierten
außen- und sicherheitspolitischen Grundsätzen zu tun. Eine an den
Menschenrechten orientierte Außenpolitik hatten Merkel und
Westerwelle versprochen. Doch dazu passen keine Waffengeschäfte, mit
denen ein durch und durch diktatorisches und in weiten Teilen
mittelalterliches Regime mit modernstem Kriegsgerät aufgerüstet wird.
Der Leopard-Panzer wird von den deutschen Herstellern noch dazu mit
allerhand Möglichkeiten ausgerüstet, um gegen Demonstranten und
Barrikaden vorzugehen. Als in den 90er-Jahren ehemalige
Panzerfahrzeuge aus Altbeständen der DDR von türkischen Militärs
gegen Kurden eingesetzt wurden, war die Empörung groß. Etwas
Ähnliches könnte jetzt drohen, wenn ausgerechnet High-Tech-Panzer
made in Germany gegen Demokratiebwegungen im arabischen Raum
eingesetzt würden. Im Nachbarland Bahrain war saudisches Militär
bereits im Einsatz. Die Beteuerungen Berlin, man unterstütze die
friedlichen Protestler, würden zum bloßen Lippenbekenntnis verkommen.
Dass vor Schwarz-Gelb unter Angela Merkel auch andere
Bundesregierungen, etwa auch die von Gerhard Schröder und Joschka
Fischer, wenig zimperlich mit Waffenexporten umgingen, macht die
jetzige Sache um keinen Deut weniger anrüchig. Die arabische
Halbinsel ist ein Pulverfass. Insofern verstießen Waffenlieferungen
dorthin auch gegen die eigenen Rüstungsexport-Richtlinien. Und
besorgten Stimmen, die sich um die Milliardengeschäfte der deutschen
Rüstungsschmieden sorgen, muss klargemacht werden,
Arbeitsmarkteffekte dürfen bei derart brisanten Export-Entscheidungen
keine Rolle spielen. Denn nach gleicher Lesart könnte man spaltbares
Material an Schurkenstaaten verkaufen, weil dies Arbeitsplätze in der
Atomwirtschaft sichern würde. Es hilft nichts, auch Rüstungsexporte
müssen sich an den Grundwerten deutscher Außenpolitik messen lassen.
Wiegen die Gründe für Waffenlieferungen nicht schwer genug, müssen
sie unterlassen werden. Im vorliegenden Fall lässt die
Bundesregierung zumindest durchblicken, dass der Deal mit Israel und
den USA abgestimmt worden sei. Alles andere als ein enger
Schulterschluss mit diesen wichtigen Verbündeten wäre auch ein
starkes Stück. Allerdings ist grünes Licht aus Washington und Tel
Aviv noch keine hinreichende Begründung für ein solches Großgeschäft.
Vielleicht hat man sich in Berlin beim Abnicken des Panzer-Deals an
dem Motto der US-Amerikaner orientiert: Ein Teufel, den man kennt,
ist uns lieber, als einer, den man nicht kennt.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
341793
weitere Artikel:
- Lausitzer Rundschau: Der Bundesrat und die Steuern / Laues Lüftchen Cottbus (ots) - Der Bundesrat hat am gestrigen Freitag die Muskeln
spielen lassen und Kanzlerin Merkel sowie Vizekanzler Rösler von der
FDP gezeigt, was er von schwarz-gelben Steuerplänen im Besonderen und
im Allgemeinen hält: absolut nichts. Dass die Länderkammer nämlich
das Steuervereinfachungsgesetz gekippt hat, ist nur ein Vorgeschmack
auf das, was der schwarz-gelben Koalition blühen könnte, wenn sie
demnächst mit ihren Entlastungsideen in den Bundesrat gehen wird.
Selbst die CDU-Ministerpräsidenten sind ja auf Konfrontationskurs mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: Koalition/Umfragen
Seehofer: Kein Grund zur Besorgnis Halle (ots) - Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sieht angesichts
der aktuell schlechten Umfragewerte für die Union keinen Grund zur
Besorgnis. "Das ist in der Halbzeit einer Legislaturperiode ganz
natürlich", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen
Zeitung" (Samstag-Ausgabe), fügte indes hinzu: "Es gibt Grund, jetzt
eine ruhige Sommerpause hinzulegen und dann mit einem Höchstmaß an
Geschlossenheit innerhalb der Union und gemeinsam mit der FDP die
zweite Halbzeit zu gestalten." Mit Blick auf die schwindende
Popularität mehr...
- WAZ: Schienen-Kartell hat den Bund geschädigt Essen (ots) - Der Skandal um ein Stahl-Kartell, das sich auf
Kosten der Deutschen Bahn bereichert hat, weitet sich aus. Nach
Recherchen der Zeitungen der Essener WAZ-Mediengruppe
(Samstagausgaben) haben interne Ermittler der Bahn festgestellt, dass
es auch in den Jahren 2010 und 2011 verdächtige Preisbewegungen im
Einkauf gegeben hat, die auf Kartellabsprachen hindeuten. Bisher hieß
es, das Kartell der "Schienenfreunde" sei bereits 2008
auseinandergeflogen. Weiterhin heißt es aus Reihen der Bahn, es werde
untersucht, in welcher Höhe mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Witwe des Windkraft-Pioniers erstatter Anzeige Bielefeld (ots) - Die Witwe des Unternehmers Günter Benik (57),
der sich in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede das Leben
genommen hat, hat bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm
Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger
Tötung erstattet. Nach Informationen der in Bielefeld erscheinenden
Neuen Westfälischen (Samstagsausgabe) richtet sich die Anzeige gegen
mehrere Personen, die mit dem Fall Benik betraut waren, darunter
Justizbedienstete, Steuerfahnder, Polizisten sowie ein Arzt. Benik,
Chef des mehr...
- Republik Südsudan - ein neuer Staat entsteht Berlin/Bonn (ots) - Heute erkärt die Republik Südsudan ihre
Unabhängigkeit vom Norden. Damit besteht für die Region erstmals seit
langem die Hoffnung, dass der Jahrzehnte dauernde Bürgerkrieg
zwischen dem moslemisch dominierten Norden und dem christlich
dominierten Süden ein Ende nimmt. Nahezu ohne Gegenstimmen hatte sich
die südsudanesische Bevölkerung Anfang 2011 in einem Referendum für
die Unabhängigkeit vom Norden entschieden.
Nach wie vor sind die Verhältnisse zwischen den zukünftigen
Nachbarstaaten jedoch sehr angespannt. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|