Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR
Norwegen und die Folgen
Politik ohne Antwort
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Geschrieben am 25-07-2011 |
Bielefeld (ots) - Noch sind nicht alle Leichen in Norwegen
identifiziert, und schon streitet die deutsche Politik über die
Vorratsdatenspeicherung. Manche mögen das als pietätlos empfinden.
Doch die Aufgabe von Politikern angesichts eines solchen Massakers
besteht nicht nur in Trauerarbeit, sondern auch darin, die
Bevölkerung vor solchen Gewaltexzessen zu beschützen. Aber geht das
überhaupt? Realistisch betrachtet muss die Antwort leider heißen,
dass die Gräuel von Oslo nicht zu vermeiden gewesen wären. Es handelt
sich um einen Täter, der noch nie vorher polizeilich erfasst worden
ist. Die Vorratsdatenspeicherung beispielsweise entfaltet ihre
Wirkung erst bei der Ermittlung nach einer Straftat. Breivik war aber
noch nie auf dem Radarschirm der Ermittler in Erscheinung getreten.
Er lebte unauffällig, kam aus der Mitte der Gesellschaft, hatte einen
streng christlichen Hintergrund und galt bei Nachbarn als besonders
höflich. Außerdem sieht er mit seinen blauen Augen und dem blonden
Haar wie ein normaler Durchschnittsskandinavier aus. Solch einem
Menschen traut man keinen Massenmord zu. Anders Breivik hat sein
wahnhaftes Ich vor allem im Internet zu erkennen gegeben. Dort hat er
seinen antimuslimischen Kreuzzug verbreitet und sich eine eigene
entsetzliche Welt geschaffen. Aber solch hahnebüchenen Unsinn
verbreiten im Netz Tausende, ohne dass sie gleich zum Massenmörder
werden. Das Internet ist in einer freien Gesellschaft nicht
kontrollierbar. Und es ist auch nicht die Ursache für solch einen
Irrsinn. Der Oklahoma-Bomber, der Breivik in vielen Details ähnlich
ist, hat seine Untat Anfang der 90er Jahre geplant, als das Internet
als Massenmedium noch gar nicht zur Verfügung stand. Die Politiker
geben nicht gerne zu, dass sie manchmal auch einfach hilflos sind.
Deshalb werden sie weiter über das NPD-Verbot oder über die
Vorratsdatenspeicherung streiten und doch wissen, dass damit keine
der Fragen beantwortet ist, die sich mit dem Massaker von Oslo
stellen. Politisch sind im Zusammenhang mit dem Massaker ganz andere
Dinge bemerkenswert: die Bereitschaft der Norweger, weiterhin eine
offene Gesellschaft zu bleiben und den eigenen Lebensstil zu
verteidigen. Aber das ist nur ein Teil des Bildes. Gleichzeitig
breitet sich immer stärker die schmerzhafte Erkenntnis aus, dass die
skandinavischen Länder ihre Bullerbü-Seligkeit verloren haben. Die
Länder Nordeuropas galten lange als Inbegriff von Liberalität und als
glückbringende Wohlfahrtsstaaten. Doch gerade dort wachsen
populistische und rechtsextremistische Bewegungen besonders stark.
Die Skandinavier werden diese neuen Herausforderungen zweifellos
meistern - und vielleicht kann der Rest von Europa daraus lernen.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
344159
weitere Artikel:
- Neue OZ: Kommentar zu Norwegen / Anschlag Osnabrück (ots) - Keine Plattform für Pseudoideologie
Die Doppelanschläge von Norwegen machen hilflos: Wie konnte Anders
Behring Breivik so viel Hass entwickeln, dass er mehr als 80 Menschen
eiskalt ermordet? Auch ein Prozess dürfte keine befriedigende
Erklärung liefern. Vor allem der Täter selbst wird wohl keinen
Beitrag dazu leisten, Licht ins Dunkel zu bringen. Der Massenmörder
scheint dermaßen psychisch krank zu sein, dass er sogar vor dem
Richter auf unschuldig plädiert.
Der Mörder zeigt keine Reue, sondern offensichtlich mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Bundestag Osnabrück (ots) - Der Hauch von Westminster
Basta-Politik? Das war einmal ein Unwort für die Kanzlerin. Nichts
wollte sie mit dem machohaften Stil des SPD-Vorgängers Gerhard
Schröder gemein haben. Der mochte keine Diskussionen und sagte
lieber, wo es langging. Jetzt macht es Angela Merkel genauso. Sie
beschließt, und der Bundestag soll zustimmen, aber schnell. Wenn die
CDU-Chefin Parlamentarier derart entmündigt, darf sie sich über
Widerstand nicht wundern.
Sie entscheide, wenn die Zeit reif sei, das musste als Erklärung mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Innere Sicherheit / Vorratsdatenspeicherung Osnabrück (ots) - Plumper Populismus
Seit Jahrzehnten halten sich CDU und CSU zugute, die Garanten der
Inneren Sicherheit in Deutschland zu sein. Die Begriffe Recht und
Ordnung zählen für viele in der Union zum konservativen Markenkern.
Hans-Peter Uhl und andere sind dabei, ihn schwer zu beschädigen.
Denn es ist alles andere als redlich, die Tragödie von Oslo zu
missbrauchen, um in Deutschland eine Neuregelung der umstrittenen
Vorratsdatenspeicherung durchzusetzen. Wie Uhl aus dem unvermittelten
Amoklauf eines rechtsradikalen mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: Oslo / deutsche Sicherheit Stuttgart (ots) - Jeder denkt nur daran, was er kann, und bietet
eilig Patentrezepte an - dennoch sollte die Politik aufhören,
reflexhaft in den ewig gleichen Populismus zu verfallen. Einzeltäter
wie Breivik können eben nicht mit denselben Mitteln und Methoden
aufgespürt werden wie möglicherweise straff geführte Islamisten oder
international vernetzte Terroristen, die das Internet als
Infrastruktur und Organisationsplattform ihres blutigen Handwerks
nutzen.
Pressekontakt:
Stuttgarter Nachrichten
Chef vom Dienst
Joachim Volk mehr...
- FT: Ohnmacht / Eine Datei für auffällige Internetnutzer schützt nicht vor Amoktaten / Von Anette Asmussen Flensburg (ots) - Die Anschläge von Norwegen sind grauenhaft, und
sie machen Angst: Kann so etwas auch in Deutschland passieren? Diese
Frage bewegt aktuell wohl viele Menschen. Die Wahrheit ist so simpel
wie fürchterlich: Ja, fanatisierte Einzeltäter können überall und zu
jeder Zeit zuschlagen. Davor gibt es keinen Schutz. Wer will diese
Hilflosigkeit akzeptieren? Reflexartig werden nun Forderungen laut:
Sämtliche Personen, die sich im Internet auffällig benehmen, müssten
in einer Datei erfasst werden. Und: Es müsse künftig über mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|