Mittelbayerische Zeitung: Zum US-Schuldenstreit: Vergifteter Tee für Obama Der Präsident muss im Schuldenstreit das Gebräu der Tea Party schlucken. Doch das ist erst der Anfang.
Geschrieben am 01-08-2011 |
Regensburg (ots) - Bis gestern stand die Welt am Abgrund: Hätten
sich die politischen Gegner in den USA nicht in buchstäblich letzter
Minute zu einem Waffenstillstand in ihrem inzwischen fanatisch
geführten Schuldenkrieg durchgerungen, würden wir jetzt von einem
globalen Finanzbeben der Stärke 10 erschüttert. Demgegenüber würde
sich die Lehman-Pleite mitsamt der daraus resultierenden Vernichtung
von Billionen-Werten nachträglich eher wie eine mittlere Vibration
anfühlen. Doch auch wenn die Katastrophe knapp abgewendet wurde - der
politische Schaden für alle Beteiligten ist enorm. Allein die
Tatsache, dass es die politische Elite der wichtigsten
Wirtschaftsnation aus reinem Machtkalkül heraus auf den großen Crash
ankommen ließ, ramponiert das Ansehen der USA schwer. Der
Schuldenstreit zwischen Republikanern und Demokraten wurde mit einer
ideologischen Verbortheit geführt, die man vielleicht in
Ayatholla-Staaten vermuten würde, nicht aber im selbsternannten Land
der Freiheit. Und zwischen den Fronten wurde Barack Obama zerrieben,
weil er der rechten Tea-Party-Bewegung bittere Zugeständnisse in Form
von Sozialkürzungen machen musste. An der strukturellen Schieflage
des US-Haushalts ändert das gesamte Paket aber nichts. Auch künftig
stehen den horrenden Ausgaben viel zu geringe Einnahmen gegenüber.
Das Leben auf Pump geht weiter. Bei vielen Wählern ist die
Glaubwürdigkeit des Präsidenten nun dahin, womit die Republikaner
eines ihrer Hauptziele erreicht haben. Wenige Tage vor seinem 50.
Geburtstag muss Obama feststellen, dass er sich bereits mitten im
Wahlkampf befindet - 15 Monate, bevor die Amerikaner über seine
zweite Amtszeit abstimmen - oder über einen dramatischen Rechtsruck
im Weißen Haus. Der Präsident wird fighten müssen wie Captain
America, damit ihn die Tea-Party-Bewegung nicht vom Schiff wirft.
Denn seine Landsleute werden ihn künftig nicht mehr an großartigen
Reden messen. Genauso wenig werden sie Obama mildernde Umstände
einräumen, weil er den Großteil der drückenden Schuldenlast von
seinem Amtsvorgänger George W. Bush geerbt hat. Die Wähler werden
Obama allein danach beurteilen, ob die Wirtschaft wieder Fahrt
aufnimmt und ob die hohe Arbeitslosigkeit sinkt. Wenn er hier nicht
punktet, wird er in den Geschichtsbüchern lediglich als erster
schwarzer US-Präsident Erwähnung finden. Der Art und Weise, wie der
Schuldenstreit geführt wurde, ist eine böse Lektion für Obama. Die
erneute politische Radikalisierung ist aber auch ein Spiegelbild der
zutiefst gespaltenen Gesellschaft. Amerika war schon immer ein Land
der Extreme. Dafür stehen Namen wie die des Kommunistenfressers
McCarthy, des atomaren Wettrüsters Reagan oder der Kriegspräsidenten
Bush senior und junior symbolisch ebenso wie die großen Konflikte,
die das Land bis heute prägen: die rassistischen Spannungen, die
längst nicht ausgestanden sind; der Dauerstreit um Abtreibungen, der
von religiösen Fanatikern sogar mit Waffengewalt geführt wird; und
das Thema staatliche Wohlfahrt. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit
ist in einem Amerika, das immer mehr in Reich und Arm zerfällt, so
brisant wie zu Zeiten der großen Depression. Doch genau hier
verlaufen die Hauptkampflinien zwischen Republikanern und Demokraten.
Im Denken vieler US-Bürger endet die Freiheit des Einzelnen dort, wo
der Staat eingreift - sei es über Steuern oder Umverteilung. Jeder
selbst soll nach dieser für Europäer befremdlichen Logik seines
Glückes Schmied sein. Je nach Standpunkt ist das der Amerikanische
Traum, purer Sozialdarwinismus oder der Wilde Westen. Die Tea Party
destilliert aus diesem Glaubenskrieg ein giftiges Gebräu, das die
US-Politik radikalisiert wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Obama muss
sich auf einen brutalen Wahlkampf einstellen. Die Rechten werden ihn
mit Schmutz und Lügen bewerfen - auch um den Preis, dass sie die
Gesellschaft an den Abgrund führen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
345189
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Kommentar: Die Supermacht bleibt in der Krise Düsseldorf (ots) - Der Zusammenbruch der Weltwirtschaft ist fürs
Erste abgesagt. Ein Desaster wie nach der Pleite der Lehman-Bank im
Jahr 2008 wird sich nicht wiederholen. Auf den letzten Metern
einigten sich in den Vereinigten Staaten Republikaner und Demokraten
auf ein Sparpaket und die Anhebung der Schuldengrenze, was ihrem Land
den Offenbarungseid erspart. Das ist eine gute Nachricht. Andernfalls
hätten ausländische Anleger ihre Guthaben aus den USA abgezogen, ein
Sturm auf die Banken und eine große Depression wie 1929 hätten
gedroht. mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Syrien Bielefeld (ots) - Baschar al-Assad steht mit dem Rücken zur Wand.
Der syrische Diktator geht mit brutaler Gewalt gegen sein eigenes
Volk vor. Mit allen Mitteln will er sich an der Macht halten.
Einerseits verspricht er Reformen, andererseits setzt er Panzer gegen
Demonstranten ein. Er will nicht wie der einst beste Verbündete
seines Landes, Saddam Hussein, am Galgen enden. In seinem
Überlebenskampf lässt sich al-Assad weder von UNO noch EU stoppen.
Noch verhindern Russland und China im UN-Sicherheitsrat eine
Verurteilung oder ein mehr...
- Rheinische Post: Unionsfraktionsvize Fuchs plädiert für Pkw-Maut Düsseldorf (ots) - Eine Pkw-Maut findet in der CDU immer mehr
namhafte Anhänger. "Überall in Europa müssen die Autofahrer die
Pkw-Maut bezahlen. Es ist nicht mehr zu verstehen, dass sie hier zu
Lande nicht zur Kasse gebeten werden", sagte Unionsfraktionsvize
Michael Fuchs (CDU) der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen
Post" (Dienstagausgabe). "Die Pkw-Maut ist richtig, aber nur unter
der Bedingung, dass sie zu keiner Mehrbelastung der Autofahrer
führt", sagte Fuchs. Im Gegenzug müsse es Entlastungen für die
Autofahrer bei der mehr...
- Rheinische Post: Unionsfraktionsvize Fuchs vermisst Wirtschaftsprofil der CDU Düsseldorf (ots) - Unionsfraktionsvize Michael Fuchs hat sich der
Kritik führender aktiver und ehemaliger CDU-Politiker an der
Ausrichtung der Partei angeschlossen. "In der Parteispitze zeigen
viele wenig Interesse an der Wirtschaftspolitik. Dabei ist und bleibt
die CDU die Partei Ludwig Erhards", sagte Fuchs der in Düsseldorf
erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). "Die Partei hat
zwei Flügel: einen Wirtschaftsflügel und einen sozialpolitischen
Flügel. Wenn der Wirtschaftsflügel lahmgelegt wird, kann die Partei
nicht mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: Debatte zur Gemeindereform
Auf Distanz zu Haseloff Halle (ots) - Nach der Ankündigung von Ministerpräsident Reiner
Haseloff (CDU), bei der Gemeindereform nachjustieren zu wollen, hat
jetzt Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) einen Brief an alle
Bürgermeister geschrieben. Darin teilt Stahlknecht mit, dass eine
gesetzliche Nachbesserung der Kommunalreform nicht geplant sei. Das
berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung in ihrer
Dienstagausgabe. Haseloffs Ankündigung hatte beim Städte- und
Gemeindebund und beim Koalitionspartner SPD für Entsetzen gesorgt.
Nach MZ-Informationen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|