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Streik, Annullierung, Verspätung - Wann es Geld von der Airline gibt

Geschrieben am 08-08-2011

München (ots) - Urlauber und Geschäftsreisende ärgern sich, wenn
Flüge wegen Streiks oder technischer Defekte verspätet sind oder ganz
gestrichen werden. Wartezeiten, verpasste Anschlussflüge oder
Hotelaufenthalte, fehlende Informationen der Reisenden sind die
Folgen. Jeder Fluggast hat durch die EU-Fluggastrechte-Verordnung
Rechte gegen die Airline.

"Diese Fluggastrechte muss jede Airline erfüllen, welche aus der
EU abfliegt bzw. EU-Airlines, welche die EU zum Ziel haben",
erläutert Ernst Führich, Reiserechts-Professor an der Hochschule
Kempten und Autor zahlreicher Ratgeber wie "Reiserecht - Guter Rat
bei Urlaubsärger" (Beck kompakt-Ratgeber). Gleiches gilt für Urlauber
von Reiseveranstaltern, welche Pauschalreisen gebucht haben. "Viele
Passagiere von Billigfliegern können einfach nicht glauben, dass
ihnen in vielen Fällen 250 bis 600 Euro Ausgleichspauschale zusteht,
obwohl sie für den Flug weniger gezahlt haben als für das Parken des
Autos am Flughafen. Die EU will mit der Verordnung alle Passagiere
gleichbehandeln, wobei die Airline, die fliegt die Ansprüche erfüllen
muss.

Bei Annullierungen oder Verspätungen aufgrund eines Streiks
eigener Leute oder der staatlichen Fluglotsen lehnen Airlines
Ausgleichszahlungen aber in der Regel ab. Sie berufen sich auf einen
außergewöhnlichen und unvermeidbaren Umstand.
"Einzelfallentscheidungen urteilten jedoch schon zugunsten von
Fluggästen", erklärt professor Führich. So nahm das Amtsgericht
Frankfurt am Main am 9.5.2006 (31 C 2820/05), einen
"außergewöhnlichen Umstand" dann an, wenn es sich um einen spontanen
Streik handele, auf den die Airline nicht vorbereitet gewesen sei.
Dies habe die Fluggesellschaft im vorliegenden Fall aber nicht
nachweisen können. Die Klage auf Erstattung der Übernachtungskosten
und Schadensersatz wegen Belastungen aufgrund zweitägiger Wartezeit
hatte demnach Erfolg. Reiserechtsexperte Führich gibt den Fluggästen
für die Fluggastrechte-Verordnung und für das internationale
Luftverkehrsrecht des Montrealer Übereinkommens geringe Chancen bei
Streik auf eine Entschädigung. Die Passagiere könnten also weder die
höheren Kosten für eine Ersatzbeförderung anderen Verkehrsmitteln
einfordern, noch Geld wegen entgangener Urlaubsfreude fordern. "Aber
die Airline muss die Passagiere auch bei Streik betreuen", sagt
Führich. Ab zwei Stunden Verspätung muss die Fluggesellschaft die
Passagiere am Flughafen mit Essen und Trinken versorgen. Kostenlos
sind auch zwei Telefonate, Faxe oder E-Mails nach Hause. Und wer
wegen des Streiks erst an einem anderen Tag nach Hause fliegen kann,
bekommt außerdem die erforderlichen Übernachtungen im Hotel und die
Fahrt dorthin bezahlt. "Aber buchen Sie nicht eigenmächtig, das muss
die Airline machen", warnte Führich. Wie viele Sterne das Hotel haben
muss, sei nicht geregelt. "Die Verordnung spricht nur von einer
angemessenen Übernachtung." Ab fünf Stunden Verspätung dürfen
Passagiere kostenlos ihren Flug stornieren und bekommen den vollen
Preis zurück - wenn sie ihn einzeln gebucht haben.

"Pauschaltouristen müssen warten, bis sie wieder fliegen können",
erklärt Professor Führich. Denn eine 14-tägige Reise, die bei einem
Veranstalter gebucht wurde, werde durch einen oder zwei Tage
Flugverspätung noch nicht erheblich beeinträchtigt. Die Schwelle für
eine Kündigung des Pauschalreisevertrages sei damit noch nicht
überschritten. Für die Reisetage, die den Urlauber durch den Streik
entgangen sind, erhalten sie aber einen entsprechenden Teil des
Reisepreises zurück. Bei einer zweiwöchigen Pauschalreise kann man
laut Führich bei einem verspäteten Abflug ab drei Tagen von einer
erheblichen Beeinträchtigung sprechen. Wer vorher die Reise absagt,
müsse die vertraglichen Stornokosten bezahlen.

Lediglich bei Überbuchung und Annullierung außerhalb von Streiks
und sonstiger höherer Gewalt haben Fluggäste Anspruch auf
Betreuungsleistungen wie Verpflegung, mehrere Hotelübernachtungen mit
Transfer und Kommunikation, Unterstützungsleistung wie Fortsetzung
der Flugreise oder Rückerstattung des Flugpreises und eine
Ausgleichsleistung zwischen 125 EUR und 600 EUR je nach Flugstrecke
und Verzögerung.

Ein unhaltbarer Zustand ist eine fehlende Information durch die
Airline am Flughafen über die Rechte und die weitere Betreuung der
Fluggäste. Betroffene sind schriftlich am Flughafen über ihre Rechte
zu informieren, betont Prof. Führich. Sollte das nicht der Fall sein,
rät Führich zu einer Beschwerde beim Luftfahrtbundesamt ( www.lba.de
), welches jedoch bisher die Airlines von Bußgeldern verschont hat.
Hier muss der politische Druck auf das Ministerium und die EU erhöht
werden, fordert der Reiserechts-Experte.

Beck kompakt, Prof. Dr. Ernst Führich, Reiserecht - Guter Rat bei
Urlaubsrecht, Verlag C.H.Beck, 2011, EUR 6,80, ISBN:
978-3-406-61767-6, www.beck-shop.de/7816823



Pressekontakt:
Verlag C.H.Beck oHG
Karen Geerke
Tel. (089) 381 89-512
Fax (089) 381 89-480
E-Mail: Karen.Geerke@beck.de
Internet: www.presse.beck.de


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