NRZ: Die Verantwortung der Besserverdiener / Der Staat muss die Steuern für Reiche anheben.
Geschrieben am 26-08-2011 |
Essen (ots) - Das deutsche Steuerrecht führt zu einer Umverteilung
von Arm zu Reich. Diese Erkenntnis stammt nicht von einem linken
Systemkritiker. Das hat Paul Kirchhof gesagt, der Heidelberger
Steuerrechtsexperte, der im Wahlkampf 2005 immerhin Merkels
Schattenfinanzminister war. Recht hat der Mann. In den vergangenen
Jahren hat sich Deutschland wahre Steuersenkungsorgien zugunsten
besser Betuchter gegönnt.
Die Vermögenssteuer ausgesetzt, den Spitzensteuersatz gesenkt, die
Erbschaftssteuer reformiert, die Kapitalertragssteuer durch
Abgeltungssteuer ersetzt. Alles, um die Wettbewerbsfähigkeit
Deutschlands zu verbessern. Tatsächlich hat das vor allem die Reichen
reicher gemacht und den Staat in Nöte gebracht. Bund, Ländern und
Gemeinden fehlen dank der Steuersenkungen seit 1998 jährlich 51
Milliarden Euro, hat das gewerkschaftsnahe IMK-Institut vergangenes
Jahr ausgerechnet.
Also muss gespart werden. Bei Jugendeinrichtungen, im Schulwesen,
im Straßenbau. Und bei den Ärmsten, versteht sich, wie die jüngsten
Hartz-Reformen gezeigt haben. Oder der Staat muss sich weiter
verschulden. Auf Dauer wird das nicht gut gehen. Erstens ist es
gefährlich für den Zusammenhalt einer Gesellschaft und die
Demokratie, wenn der Staat sich zunehmend seinen Fürsorgepflichten
entzieht und die Einkommens- und Vermögensverteilung als immer
ungerechter erlebt wird. Zweitens ist es für die Binnenkonjunktur
fatal, wenn öffentliche Investitionen ausbleiben und die private
Nachfrage sinkt, weil sich immer mehr Bürger immer weniger leisten
können. Drittens müssen die Jungen die Schulden der Alten zahlen.
Statt immer nur an der Ausgabenschraube zu drehen, ist es dringend
nötig, endlich wieder die Einnahmen des Staates zu erhöhen. Sprich -
Steuern für die Besserverdiener und Vermögenden anzuheben. Das gilt
vor allem für die Erbschaftssteuer. Für besonders hohe Einkommen
sollte auch der Spitzensteuersatz deutlich erhöht werden. Es gibt
Reiche, die sich ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl bewusst sind,
wie die Initative der deutschen Millionäre um den Berliner Arzt
Dieter Lehmkuhl zeigt; oder der Appell der französischen Superreichen
um L'Oreal-Erbin Bettencourt. Leute, die ebenfalls linker Umtriebe
unverdächtig sind.
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Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion
Telefon: 0201/8042607
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