Bain-Studie zum Gesundheitsmarkt 2020, Teil 4/5: Auswirkungen auf den medizinischen Großhandel und Apotheken / Distributoren auf der Suche nach hochwertigeren Diensten
Geschrieben am 05-09-2011 |
München (ots) -
- Bis 2020 wird der Margendruck auf Distributoren weiter zunehmen
- Fähigkeiten zur Erbringung höherwertiger Dienstleistungen und
zur Kundenbindung werden erfolgsentscheidend
- Apotheken werden zu Gesundheitsshops, Großhändler spezialisieren
sich
In den nächsten zehn Jahren wird der Druck auf die Margen von
Pharma- und Medizintechnikgroßhändlern sowie Apotheken weiter
zunehmen. Im Jahr 2020 werden nur noch die Distributoren nachhaltig
profitabel sein, denen es gelingt, alle Effizienzpotenziale
auszuschöpfen und profitable Marktnischen zu besetzen. Das zeigt die
aktuelle, weltweite Studie "The end of Healthcare... as we know it?"
der Unternehmensberatung Bain & Company. Demzufolge werden
erfolgreiche Distributoren in Zukunft einer von drei Gruppen
angehören: eng an ihren Zielgruppen orientierte
Gesundheitslieferanten, günstige Discount- und Versandhändler und
hochkompetente Spezialvertriebe. Entscheidend für alle diese
Geschäftsmodelle ist eine überlegene Kundenkenntnis.
Im Jahr 2020 wird es wesentlich mehr Apothekenketten geben, die
ihre Größenvorteile im Einkauf und bei professionalisierten
Zentralfunktionen in eine überlegene Profitabilität umsetzen und für
die Expansion nutzen. Ein breites Sortiment rezeptfreier
Gesundheitsprodukte erschließt ihnen zusätzliche Umsatzpotenziale
gegenüber traditionellen Apotheken. Treueprogramme für Stammkunden
und ein auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmtes Angebot können die
Besucherfrequenz erhöhen und die Flächenproduktivität optimieren.
Auch Shop-in-Shop-Konzepte werden zunehmen; so will der schwedische
Lebensmittelhändler ICA mehr als 100 Apotheken in seinen Filialen
eröffnen.
Versandapotheken werden ihren Marktanteil bis 2020 voraussichtlich
in allen Industrienationen auf über 30 Prozent steigern können; sie
versorgen vorrangig Chroniker, die regelmäßig Medikamente brauchen.
Aber auch lokale Apotheken können chronisch kranke Patienten mit
attraktiven Angeboten an sich binden. Ein Beispiel dafür ist WalMart:
In den USA bietet WalMart Medikamente für eine 30-Tage-Versorgung zu
Festpreisen an, die teilweise unter den Zuzahlungsbeträgen der
Krankenversicherungen liegen.
Nischen mit weiterhin guten Margen
Apotheken und Großhändler werden zunehmend versuchen, dem
wachsenden Margendruck durch höherwertige Dienstleistungen zu
entkommen und sich weiter zu spezialisieren. Das gelingt einerseits
durch höhermargige Leistungsangebote, andererseits durch die
steigende Zahl an Spezialpharmaka. Heute sind Spezialprodukte oft
biologische Präparate, die spezielle Anforderungen an Haltbarkeit und
Kühlkette stellen. In Zukunft werden es mehr und mehr
"personalisierte" Medikamente sein, die nur an ausgewählte
Personenkreise mit passendem genetischem Profil abgegeben werden
dürfen.
Apotheken können zukünftig auch neue Dienstleistungen für
Patienten übernehmen, wie etwa das Gesundheitsmanagement oder die
Patienteninformation im Rahmen von Compliance-Programmen.
Spezialapotheken werden neue Geschäftsmodelle fördern, die den
Kapitaleinsatz der Leistungserbringer optimieren, indem sie zum
Beispiel Lagerhaltung oder Produktrückgaben minimieren. Großhändler
werden vermehrt Logistik für Pharma- und Medizintechnikhersteller
anbieten.
Strategische Weiterentwicklung der Distributoren
Um ein nachhaltiges Geschäftsmodell für den Gesundheitsmarkt 2020
zu entwickeln, müssen Apotheken und Großhändler eine Reihe
strategischer und operativer Voraussetzungen schaffen:
Wertschöpfung: Distributoren müssen heute darüber entscheiden,
welche höherwertigen Leistungen sie bis zum Jahr 2020 aufbauen
wollen, um ihr derzeitiges Angebot sinnvoll zu ergänzen. Dazu gehört
auch, neue Kompetenzen aufzubauen, innovative Ideen in Testmärkten zu
pilotieren und mögliche Übernahmekandidaten zu identifizieren.
Kundenorientierung: Voraussetzung für hochwertigere Leistungen ist
eine genaue Kundenkenntnis. Apotheken müssen die Bedürfnisse des
engagierten Patienten der Zukunft kennen und ihr Angebot darauf
ausrichten. Eine zum Gesundheitsshop erweiterte Apotheke kann zum
Beispiel Produkte rund um Gesundheit, Lifestyle und Wohlfühlen
anbieten. Abgestimmt auf das lokale Publikum kann das Sortiment
Health-Food, Medizintechnik für Endverbraucher, Wellness-Produkte und
rezeptfreie Präparate umfassen aber auch lokal relevante
Dienstleistungen. Großhändler müssen sich darauf einstellen, dass
ihre Kunden sich zu Gesundheitszentren oder Klinikketten
zusammenschließen. Und der Vertrieb braucht ein Account-Management,
das die Kundenbedürfnisse wirklich kennt.
Vernetzung: Die Gesundheitsbranche wird sich bis 2020 umfassend
vernetzen. Die Systeme der Distributoren müssen in Zukunft mit den
Systemen der Ärzte und Kliniken sowie der Pharma- und
Medizintechnikhersteller kommunizieren können. Wird ein lokales
Gesundheitsmanagement angeboten, müssen auch die mobilen Endgeräte
der Patienten eingebunden werden.
Effizienzsteigerung: Der allgemeine Margendruck zwingt die
Distributoren dazu, alle Möglichkeiten zur Kostensenkung
auszuschöpfen und Einkaufsvorteile zu nutzen.
Konsolidierung: Die Zahl der selbständigen Apotheken und
Großhändler wird weiter sinken. Ausnahmen finden sich nur in Märkten
wie den USA, wo die Zahl der Großhändler bereits stark dezimiert ist.
Distributoren, die ihre Kostenposition stärken wollen, können durch
Übernahmen und Zusammenschlüsse Größenvorteile erlangen. Gleichzeitig
treiben sie so die Konsolidierung in der Branche aktiv voran.
"Um dem anhaltenden Margendruck zu entkommen, müssen Apotheken und
Großhändler zukünftig mehr bieten als Standardleistungen", sagt Dr.
Norbert Hültenschmidt, Leiter der weltweiten Healthcare-Praxisgruppe
von Bain & Company. "Großhändler müssen zu hochspezialisierten
Serviceanbietern werden und Apotheken die Gesundheitsbedürfnisse
ihrer lokalen Kunden in den Mittelpunkt rücken."
Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik
Bain & Company Germany, Inc.
Tel: +49 89 5123 1246, E-Mail: leila.kunstmann@bain.com
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