HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandspresse, Hamburger Abendblatt zum Gängeviertel
Geschrieben am 08-09-2011 |
Hamburg (ots) - Ein Kommentar von Joachim Mischke
Es soll Behördenvorgänge geben, bei denen Akten in 24 Monaten
gerade mal von einem Schreibtisch zum nächsten umgebettet werden. Vor
etwas mehr als zwei Jahren begann mit einem inzwischen schon fast
legendären Hoffest die Wiederbelebung des historischen Gängeviertels,
das nach etlichen verunglückten Versilbe?rungsversuchen mitten in der
City vor sich hin moderte. Jetzt sind die Verhandlungen mit dem Senat
erfolgreich beendet. Wer das prophezeit hätte, als alles ebenso
euphorisch wie blauäugig begann, wäre wegen akuten Fieberverdachts
krankgeschrieben worden. Ende August 2009 waren zunächst nur einige
Künstler und Kreative in die Gänge gekommen, um dort (direkt
gegenüber von einem Polizeirevier) eine ganz andere Art der
Hausbesetzung zu inszenieren: friedlich, clever, wegweisend, aber
dennoch alternativ zum gängigen Denken über Kultur und Stadt, Kommerz
und Gesellschaft. Der Maler Daniel Richter übernahm die
Schirmherrschaft. Die Sache kam ins Rollen, die Demos wurden immer
größer, die Stadt kaufte das Areal vom Investor zurück. Ein Traum
wurde wahrer und wahrer. Überall in Hamburg wurde auf einmal laut und
mutig über Stadtentwicklung diskutiert. Das Bürgertum sah und
verstand, dass man hier - auch ohne Goldknöpfe am dunkelblauen Sakko
und ohne Jägerzaun vorm Reihenhaus - zeitgemäßen Bürgersinn
demonstrieren kann. Die einstige "Freie und Abrissstadt" begann, sich
ein neues, intelligenteres Image aufzubauen und deswegen auch
überregional wieder zum Sympathieträger und Vorbild zu werden. Viele
Bewohner wurden dadurch wieder stolz auf ihre Stadt, auf diejenigen,
die sich aktiv von unten einmischten. Aus dem vermeintlichen
Subkultur- und Minderheitenprogramm wurde Stadtgespräch, auch in
Gegenden, die nicht nur räumlich von freien Künstlern in beschämend
prekären Finanzverhältnissen weit entfernt sind. Das Quartier schafft
es sogar bis auf die Kino-Leinwand, denn einer der Hauptcharaktere in
Fatih Akins herzerwärmender Hamburg-Hommage "Soul Kitchen" wohnte: im
Gängeviertel. Mehr Positiv-PR, ganz ohne Stadtmarketing-Gedröhne für
Kiez-WG-Konstrukte, geht nicht. All das wäre nicht passiert, wenn in
den Jahren davor so viel nicht passiert wäre. All das wäre nicht
passiert, wenn an dieser Adresse nicht jahrelang selbstlos gehandelt
und renoviert worden wäre. Der Gegenwert dieser freiwilligen
Selbstausbeutung dürfte inzwischen in die Millionen gehen. Hamburg
habe enorm vom Thema Gängeviertel profitiert, sagte Kultursenatorin
Barbara Kisseler erst vor wenigen Tagen. Damit brachte die
Ex-Berlinerin einen traditionell nicht unwichtigen Teil der hiesigen
Mentalität auf den Punkt: Dinge müssen sich rechnen, damit sie etwas
bringen. Das ist hier der Fall. Und die alles entscheidende Währung
dabei ist Vertrauen. Das Gute an diesem Happy End: Damit ist nicht
das Ende erreicht, sondern ein Anfang gewagt. "Was du bist, bist du
nur durch Verträge", heißt es in Wagners "Ring". Wie wahr. Beide
Vertragspartner haben nun Rechte und Pflichten bei der Sanierung und
Belebung des Areals. Sie werden sich beispielhaft verhalten müssen,
denn diese Baustelle wird in den nächsten Jahren weitaus mehr sein
als ein x-beliebiges Sanierungsgebiet. Das Gängeviertel wird
Modellregion sein, um zu erleben, ob und wie die Mischung aus Leben,
Wohnen und Kreativsein in der Stadt funktionieren kann. Der Traum
kann Wirklichkeit werden.
Pressekontakt:
HAMBURGER ABENDBLATT
Ressortleiter Meinung
Dr. Christoph Rind
Telefon: +49 40 347 234 57
Fax: +49 40 347 261 10
christoph.rind@abendblatt.de meinung@abendblatt.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
351299
weitere Artikel:
- Neue OZ: Kommentar zu Oscar Osnabrück (ots) - Oscar zum Greifen nah
Beide hätten den Oscar verdient: Weltweit galt Pina Bausch zu
Lebzeiten als Erneuerin der Tanzkunst. Ihr Lebenswerk gab wiederum
Wim Wenders Anlass, das Genre Tanzfilm mithilfe der 3-D-Technik in
eine neue Zeit zu schicken. Damit sollte Tanztheater für Zuschauer im
wahrsten Sinne des Wortes greifbarer werden. Die Aura der
Porträtierten und das Können des Dokumentarfilmers, der technische
Fortschritt und die Tatsache, dass sich der Tanz ganz ohne
Fremdsprachenkenntnisse vermittelt, reichen mehr...
- Baudenkmäler energ(et)isch sanieren und historische Substanz erhalten Osnabrück (ots) -
DBU stärkt Expertenaustausch für "Energie-Denkmal-Projekte" - Drei
Millionen Euro für neue Förderinitiative
Das energetische Sanieren von Denkmälern ist schwierig, der Bedarf
nach Vernetzung deshalb groß: "Mit einem neuen Förderschwerpunkt
wollen wir ein zusätzliches Forum schaffen, in dem sich Forscher,
Denkmalpfleger und Architekten über die Chancen und Risiken
energetischer Maßnahmen in der Denkmalpflege verständigen und
gemeinsam an innovativen Lösungsstrategien arbeiten können", sagte
heute Dr.-Ing. mehr...
- EXCHANGE RADICAL MOMENTS! Live Art Festival - Von London bis
Chisinau: Live Art am 11.11.2011 - 30 Projekte am 11. November 2011 von 0 - 24 Uhr
- an einem Tag gleichzeitig in über 10 europäischen Städten
Linz (ots) - AM 11. NOVEMBER KANNST DU WAS ERLEBEN!
EXCHANGE RADICAL MOMENTS! lässt einem den Atem anhalten, für einen
Moment, für einen Tag. Durch Live Art, die den gewohnten Gang der
Dinge, die Routinen des Lebens stört, aus dem Gleichgewicht bringt,
anhält: Pause.
Am 11. November 2011 ist es soweit. In 12 europäischen Städten
schaffen über 60 KünstlerInnen mit rund 300 direkt Beteiligten mitten
im Alltag Momente mehr...
- Tag der deutschen Sprache: Aktion zur "Rettung der Schreibschrift" Erlangen (ots) - Zum morgigen Tag der deutschen Sprache und
anläßlich des Schulbeginns hat die DEUTSCHE SPRACHWELT die Aktion
"Rettet die Schreibschrift!" ausgerufen. Die Sprachzeitung ruft dazu
auf, die Schreibschrift als ein "Abbild der deutschen Sprache von
hoher kultureller Bedeutung" zu erhalten und weiterhin an den
Grundschulen zu lehren. Die DEUTSCHE SPRACHWELT hat daher heute
gemeinsam mit anderen Vereinen wie der "Aktion Deutsche Sprache"
(Hannover) eine Unterschriftenaktion begonnen. Die Unterzeichner
fordern die Kultusminister mehr...
- Das MUSEUM DER BAYERISCHEN KÖNIGE in Hohenschwangau wird eröffnet - Ausstellung umfasst die Geschichte des Hauses Wittelsbach von den Anfängen bis in die Gegenwart Hohenschwangau (ots) - Im Beisein zahlreicher Vertreter aus
Politik und Wirtschaft ist heute das Museum der bayerischen Könige in
Hohenschwangau eröffnet worden. Darunter waren die Staatsminister Dr.
Wolfgang Heubisch (Wissenschaft, Forschung und Kunst), Martin Zeil
(Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie) sowie Franz
Josef Pschierer, Staatsekretär im Bayerischen Staatsministerium der
Finanzen. Neben S.K.H. Herzog Franz von Bayern, dem Chef des Hauses
Wittelsbach, waren zahlreiche weitere Familienmitglieder anwesend.
mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|