Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Sehnsucht nach der Großen Koalition
Professionell regieren
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Geschrieben am 15-09-2011 |
Bielefeld (ots) - Bundeskanzlerin Angela Merkel ist wahrlich nicht
zu beneiden. Europa ist wegen der Eurokrise am Schlingern und alle
starren auf die Kanzlerin. Merkel hat sich nach vielen Windungen und
Wendungen zu einem Pro-Europa-Kurs durchgerungen. Ihr Weg wird keine
schnellen Erfolge bringen, weil es auf komplizierte Fragen nun mal
keine simplen Antworten gibt. Aber Merkel hat zumindest die richtigen
Ziele formuliert: Für den Euro wird gekämpft und alle 17 Länder in
der Eurozone halten zusammen. Es ist ein Unglück, dass sich gerade
jetzt die beiden kleinen Partner CSU und FDP auf Sonderwege begeben
und damit die Regierungsfähigkeit aufs Spiel setzen. Von der CSU, die
unter Horst Seehofer endgültig zur bayerischen Regionalpartei
zusammengeschrumpft ist, erwartet man nicht anderes. Doch dass die
FDP in Halbstarken-Manier Angela Merkel ein Bein stellt, ist schon
ein Affront der besonderen Art. Philipp Rösler schickt mit seinem
unverantwortlichen Gerede über eine Griechenland-Pleite die Börsen
auf Talfahrt und sendet Schockwellen rund um den Globus. Dabei ist
ein Wirtschaftsminister quasi von der Stellenbeschreibung her dazu
verpflichtet, Zuversicht zu verbreiten und die Märkte bei Laune zu
halten. Aber für die FDP im Existenzkampf gibt es offenbar nur noch
eine Regel: Erst kommt die Partei und dann lange nichts. So kann man
nicht regieren. Kein Wunder, dass gerade in der CDU die Sehnsucht
nach der großen Koalition wieder aufflammt. Ob es einen Wechsel gibt
hin zu einem Bündnis mit der SPD, oder ob es bald zu Neuwahlen kommt,
ist im Moment vielleicht gar nicht entscheidend. Wichtig ist nur,
dass in solch einer Krise endlich professionell auf hohem Niveau
regiert wird. Das kann der Wähler verlangen. Und das schaffen die
Schwarzen zusammen mit den Gelben offenbar nicht mehr.
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