WAZ: Ein Appell ans Gewissen. Leitartikel von Angelika Wölk
Geschrieben am 22-09-2011 |
Essen (ots) - Die Rede, über die seit Tagen so heftig debattiert
wurde, war kürzer als gedacht. War sie den ganzen Streit wert? Haben
die Parlamentarier, die sie nicht gehört haben, etwas verpasst? Ja,
das haben sie. Wer allerdings erwartet hatte, der Papst spräche über
die großen Fragen der Politik, die Finanzkrise, den Weltfrieden,
globale Bedrohungen, der wurde enttäuscht. Benedikt ist nicht der
politische Papst, kein Staatsmann auf dem Thron Petri.
Benedikt XVI. sprach vor allem als Gelehrter. Seine Rede war eine
staatsphilosophische Abhandlung auf höchstem intellektuellen Niveau.
Es war ein Appell an das Gewissen der Abgeordneten. Es ging um nichts
anderes als um die Kardinalfrage der Politiker, um die Frage: Wann
ist ein Politiker ein guter Politiker? Woher weiß er, welche
Entscheidung die richtige ist? Wie erkennt er, was recht ist? Der
Erfolg, mahnt er, sei es jedenfalls nicht. Eine Ohrfeige an jene, die
Entscheidungen von Umfragen und nicht vom Gemeinwohl abhängig machen.
Verlorene Zeit, sich das anzuhören? Nein, vertane Chance, es nicht zu
tun.
Was wirklich enttäuschend war, das war die Sprache. Leicht gemacht
hat es Benedikt den Zuhörern leider nicht. Seine Rede war über weite
Teile schwere philosophische Kost. Schade. Dabei hätte es das Thema
verdient, auch von Zuhörern, die kein Philosophie-Studium absolviert
haben, bis zur letzten Zeile verstanden zu werden. Ein brillanter
Rhetoriker ist dieser Papst nicht. Und dennoch verblüffte er. Wer
hätte gedacht, dass er ein geradezu glühender Anhänger der
ökologischen Bewegung ist? Gesegnet seien die Grünen.
Was die Sprache angeht, hat Bundespräsident Christian Wulff
verständlichere Worte gefunden, als er den Gast aus Rom in seinem
Amtssitz Schloss Bellevue begrüßte. Wulff traf den richtigen Ton.
Warmherzig in der Anrede, respektvoll, ohne unterwürfig zu sein und
klar, als er die Lage der katholischen Kirche analysierte. Bestens
informiert fragte der wiederverheiratete Katholik nach der
Barmherzigkeit der Kirche im Umgang mit Brüchen in den
Lebensgeschichten der Menschen, lobte den neuen Dialog in der Kirche,
warb für mehr Ökumene, beklagte das unausgewogene Verhältnis von
Laien und Geistlichen, Frauen und Männern in der Kirche. Mutige
Worte.
An diesen Fragen kommt der Papst in Deutschland nicht vorbei. Das
hat ihm der oberste Repräsentant des Staates für die nächsten Tage
mit auf den Weg gegeben. Der Ball liegt jetzt bei Benedikt.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
353975
weitere Artikel:
- FT: Flensburger Tageblatt Flensburg (ots) - All die Diskussionen um die Papstrede im
Bundestag haben sich als haltlos erwiesen. Das Oberhaupt der
katholischen Kirche trat im deutschen Parlament nicht als Missionar
oder politischer Besserwisser auf. Benedikt XVI. blieb sich und
seinem intellektuellen Anspruch treu. So nutzte er das Hohe Haus für
eine rechtsphilosophische Vorlesung mit einem großen Tiefgang, der
politischen Debatten meist fern ist, ihnen aber guttun würde. Jene
Abgeordnete, die der Rede ferngeblieben waren, bewiesen letztlich
nur, dass mehr...
- Freie Presse (Chemnitz): Kommentar zum Papstbesuch in Deutschland Chemnitz (ots) - Der Papst ist ein schätzenswerter Mann, man
sollte ihn aber nicht überschätzen in seiner singulären Rolle, die
ihm aufgetragen wurde. Diese ist Fluch und Segen zugleich. Keine
andere Kirche hat wie die römisch-katholische solch einen
charismatischen Fixpunkt, der zum einen eine Gemeinschaft eint, zum
anderen aber auch die Erwartung weckt: Das ist der Mann, der wird es,
soll es, muss all das richten, was aus dem Ruder läuft. Ein Wort von
ihm, und alles wird gut? Nein. Der Papst ist das Oberhaupt einer
Gemeinschaft, mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Der Papst vor dem Bundestag
Wenig Signale
BERNHARD HÄNEL Bielefeld (ots) - Das Programm ist gigantisch: 17 Ansprachen, fünf
große Gottesdienste, hunderttausende Gläubige und viele tausend
Protestler: Der Papst hat sich etwas vorgenommen bei seiner Reise
durch das Land seiner Herkunft. Es allen Recht zu machen, ist seine
Sache nicht. Niemand hätte es von Josef Ratzinger erwarten dürfen.
Bei seinem bis zuletzt umstrittenen Auftritt vor der Volksvertretung
der laizistischen Bundesrepublik hielt das katholische
Kirchenoberhaupt eine sehr theoretische Rede über Recht und
Gerechtigkeit; des mehr...
- Märkische Oderzeitung: Agenturmeldung II - Die Märkische Oderzeitung berichtet in Ihrer morgigen Ausgabe über folgendes Thema: Frankfurt/Oder (ots) - Dem Kohlendioxid-Speichergesetz droht am
Freitag im Bundesrat nach Ansicht von Jens Koeppen (CDU),
Energie-Berichterstatter im Bundestagsumweltausschuss, die Ablehnung.
"Der vorliegende Gesetzentwurf ist sicher alles andere als perfekt.
Aber er wurde unter Einbeziehung der Länder verhandelt. Wenn der
Bundesrat das Gesetz dennoch ablehnen würde, hätte ich dafür kein
Verständnis." Brandenburg ist gegen das sogenannte CCS-Gesetz, weil
die darin enthaltene Länderklausel nach Ansicht der Potsdamer
Landesregierung, mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zur Sicherungsverwahrung Halle (ots) - Die Justizminister von Bund und Ländern haben sich
nun mit einem Reformpaket zur Sicherungsverwahrung beschäftigt, das
schlüssig wirkt. Das Ineinandergreifen von Therapie, Betreuung und
Überwachung ist dabei eine wichtige Komponente. Höchste Zeit, dass
die Politik unter dem Druck von Gerichtsurteilen von Notlösungen
endlich zu Konzepten kommt. Wie verheerend es sein kann, die Dinge
laufen zu lassen und ihnen auszuweichen, zeigt das Beispiel des
Stendaler Ortsteils Insel.
Pressekontakt:
Mitteldeutsche Zeitung mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|