Lausitzer Rundschau: Zum Parteitag der CSU in Nürnberg / Mühsam verordnete Disziplin
Geschrieben am 09-10-2011 |
Cottbus (ots) - Von der Souveränität der Freistaats-Partei CSU ist
nicht mehr viel geblieben. Das zeigt sich in den Beschlüssen des
Nürnberger Parteitages. Die Christsozialen bekennen sich zwar zu
Europa und zum aktuellen Krisenmanagement. Schließlich sind sie Teil
der Bundesregierung. Aber sie drohen den Schuldenstaaten gleichzeitig
mit Ausschluss aus dem Verbund. Realpolitik im wirklichen
Regierungshandeln, Verbalradikalismus auf dem Papier, so sucht man
den Spagat zwischen Vox Merkel und Vox Populi zu bewältigen. Wie wohl
eine Urabstimmung unter den Parteimitgliedern ausgehen würde, wie sie
die FDP gerade veranstaltet? Ähnlich ist auch der Beschluss zur
Pkw-Maut zu werten. Er soll den speziellen bayerischen Unmut über das
Abkassieren auf österreichischen Autobahnen in die richtigen, nämlich
populistischen Bahnen lenken. Aber Seehofer und Co. wissen genau,
dass die Maut nicht kommt, weil niemand sonst im Bund so etwas will.
Auch beim Personal hat man sich noch einmal durchgemogelt. Der
Europa-Skeptiker Peter Gauweiler wurde dank des massiven Einsatzes
der Führung so gerade noch als Parteivize verhindert, Peter Ramsauer
darf weitermachen. Aber in Wirklichkeit denkt die Basis genau anders
herum. Sie will wieder mehr bayerische Identität da oben haben, weil
das Profil der CSU unter Horst Seehofer immer mehr verschwimmt. Das
wurde in Nürnberg alles überspielt, doch diese Disziplin muss nicht
lange halten. Das wirklich wichtige Ereignis für die Partei fand an
diesem Wochenende 180Kilometer weiter südlich statt: In
München, wo Christian Ude von der SPD als erster aussichtsreicher
Ministerpräsidentenkandidat der Opposition seit 60Jahren
gekürt wurde. Das ist existenziell für die Christsozialen, die schon
erheblich verunsichert wirken, seit sie die Macht mit der FDP teilen
müssen. In der Oppositionsrolle würden sie sich, das ahnen sie,
möglicherweise sehr schnell zerlegen, würde die Partei wie ein Kaiser
ohne Kleider da stehen. Und dann adé weiß-blaue Herrlichkeit. Je
näher der Wahltag rückt, je größer die Angst vor einem Machtverlust
wird, umso nervöser wird die CSU deshalb werden, und dann wird auch
Seehofer keine Rücksichten mehr nehmen. Nicht auf den Euro und auch
nicht auf Berlin. Angela Merkel wusste schon, warum sie auf
Seehofers Bemerkung, man sei sich doch mit der CDU völlig einig, in
Nürnberg spaßig antwortete: Mal schauen, wie es morgen Mittag ist.
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Lausitzer Rundschau
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