(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Europäische Chaostage, Kommentar zum eskalierenden Nervenkrieg um die Bewältigung der europäischen Staatsschuldenkrise, von Bernd Wittkowski.

Geschrieben am 20-10-2011

Frankfurt (ots) - Zwei Jahre nach ihrem Beginn steuern die
europäische Staatsschuldenkrise und die Versuche ihrer Bewältigung
unübersehbar auf das Finale zu. Entweder geschieht in den nächsten
Tagen ein Wunder, oder es gibt den großen Knall. Etwas dazwischen ist
kaum noch denkbar. Die sich im Minutentakt von einem Extrem ins
andere drehende Nachrichtenlage - Paris und Berlin sind sich über
eine Hebelung des Euro-Rettungsfonds EFSF einig, sie sind sich nicht
einig, der EU-Gipfel wird erneut verschoben, er wird nicht
verschoben, es wird ein zusätzliches Treffen angesetzt - ist ein
sicheres Indiz dafür, dass der Nervenkrieg um eine für alle
Beteiligten und Betroffenen tragbare Lösung seine höchste
Eskalationsstufe erreicht hat.

Die europäischen Chaostage lassen sich nicht mehr lange
fortsetzen. Zumal sich die Lage in Griechenland nicht auf Nervenkrieg
beschränkt: Auf den Straßen und Plätzen Athens herrschen fast
bürgerkriegsähnliche Zustände, die mindestens ein weiteres Todesopfer
forderten.

Den großen Wurf, den Menschen und Märkte vom Gipfel der Staats-
und Regierungschefs geradezu herbeigesehnt hatten, kann man
inzwischen vergessen. Der Sonntag droht günstigstenfalls mit einem
Würfchen zu enden. Mehr spricht dafür, dass der Wurfversuch mit einem
gewaltigen Bumerangeffekt auf ganz Euroland zurückschlägt. Denn für
ihren zentralen Tagesordnungspunkt - die Steigerung der Schlagkraft
der EFSF - ist die Runde nicht beschlussfähig. Und weil es dazu trotz
der vorliegenden Leitlinien mehr Fragen als Antworten gibt, werden
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kollegen jedenfalls insoweit ohne
Mandat nach Brüssel reisen. Solange es aber keine Klarheit in Sachen
EFSF gibt, können die Gipfelteilnehmer auch bei anderen Punkten von
Bankenrettung bis hin zum Ansinnen, eine Änderung der EU-Verträge
voranzutreiben, nicht wirklich weiterkommen. Der Sonntagsgipfel
reduziert sich somit auf ein Kaffeekränzchen, das die nächste
Kredittranche für Griechenland abnicken darf.

Zu den wenigen guten Nachrichten in diesem Kontext gehört diese:
Der Rekapitalisierungsbedarf der europäischen Banken, vom IWF jüngst
auf 200 Mrd. Euro veranschlagt, pendelt sich bei knapp der Hälfte
davon ein und ist mit Blick auf die deutschen Institute fast
vernachlässigbar. Ihnen helfen die Kursgewinne der Bundesanleihen,
die den Korrekturbedarf auf das Exposure in der Euro-Peripherie
zumindest teilweise ausgleichen. Wie praktisch, dass die auf
angelsächsische Rechnungslegungsmethoden fixierten EU-Bankenaufseher
noch nichts vom Niederstwertprinzip gehört haben.

(Börsen-Zeitung, 21.10.2011)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

359040

weitere Artikel:
  • Ostsee-Zeitung: EU-Fischereirat erhöht Fangquoten für Hering in der Ostsee Rostock (ots) - Rostock. Die EU-Fischereiminister wollen sich am Freitag in Luxemburg auf die künftigen Fangquoten in der Ostsee verständigen. Nach Informationen der Ostsee-Zeitung (Freitag) ist dabei eine Erhöhung der Quote für Heringe in der westlichen Ostsee um 32 Prozent "unstrittig". Weil sich die Heringsbestände in diesem Seegebiet in den vergangenen zwei Jahren etwas erholt hätten, sei auch im übernächsten Jahr mit einer höheren Fangquote zu rechnen, hieß aus dem zuständigen Landwirtschaftsministerium. Um die Heringsbestände mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Steuern / Steuerzahler / Schwarzbuch Osnabrück (ots) - Zeit für Strafe Öffentliche Luxustoiletten und rauschende Feste: Das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes zeigt einmal mehr, wo im Nordwesten mit öffentlichen Mitteln zumindest fragwürdig umgegangen wurde. Skandalöser ist aber, dass all diese Fälle folgenlos bleiben werden. Es folgt alljährlich ein kurzer öffentlicher Aufschrei, und die Millionengräber sind vergessen. Es fehlt im deutschen Recht an einem Straftatbestand, der Steuergeldverschwendung sanktioniert. Die Juristen beschäftigen sich immer wieder mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Soziales / Altersvorsorge Osnabrück (ots) - Weltuntergangsstimmung hilft nicht weiter Als die Titanic sank, spielte die Kapelle bekanntlich bis zum Schluss. Daran erinnern weite Teile der Postbank-Studie zur Altersvorsorge. Besonders junge Berufstätige unter 30 pfeifen auf die Vorsorge. Dabei müssten gerade sie sparen. Denn das Rentenniveau in Deutschland wird schon aufgrund der demografischen Entwicklung sinken. Statt aber vorzusorgen, geben viele junge Menschen ihr Geld schon heute aus, nach dem Motto: Wird schon schiefgehen. Das ist einerseits mehr...

  • Zimmer Spine und Benvenue Medical schließen Alleinvertriebsvertrag für Kiva®-System zur Behandlung von Wirbelkompressionsfrakturen ab BORDEAUX, Frankreich und SANTA CLARA, Kalifornien, October 20, 2011 (ots/PRNewswire) -- - Durch die Vereinbarung kann Zimmer seinen Kunden in Zukunft ein einzigartiges System für Wirbelkompressionsfrakturen anbieten. Wie Zimmer Holdings, Inc. [http://www.zimmer.com ] , ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Orthopädie, und Benvenue Medical, Inc. [http://www.benvenuemedical.com ], ein in den USA ansässiges Unternehmen, das sich der Entwicklung minimalinvasiver Lösungen zur Wiederherstellung der Wirbelsäulengesundheit mehr...

  • Schwäbische Zeitung: Das Urteil fällt sowieso - Kommentar Leutkirch (ots) - Zutreffende Informationen kann man nur zeitweise unterdrücken. Deshalb mutet der Plan der EU-Kommission kurios an, privaten Rating-Agenturen zu verbieten, Qualitätsurteile über Staatsanleihen herauszugeben. Schließlich spielen die Agenturen eine in der Öffentlichkeit zwar oft umstrittene, aber von vielen Investoren gewünschte Rolle. Sie sagen Kapitalgebern, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie ihr verliehenes Geld von den Schuldnern zurückerhalten. Andererseits erscheinen die Einschätzungen der Agenturen oft willkürlich mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht