Börsen-Zeitung: Regelverstoß im Bundestag, Kommentar zur Parlamentsbeteiligung an der Ausgestaltung des Euro-Rettungsschirms, von Angela Wefers.
Geschrieben am 25-10-2011 |
Frankfurt (ots) - Welch ein politisches Theater war da noch vor
knapp vier Wochen. Bei der Abstimmung im Bundestag zur Art der
Parlamentsbeteiligung bei künftigen Euro-Stabilisierungsmaßnahmen
schlugen die Wogen hoch. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
erreichte trotz Abweichlern aus den eigenen Reihen die ersehnte
Kanzlermehrheit, aber es blieb eine Zitterpartie mit innenpolitischen
Machtspielen.
Die CDU/CSU-Fraktion und ihr Chef Volker Kauder haben Merkel nun
ohne Not erneut in eine solche prekäre Lage manövriert. Überraschend
setzten sie ihr Votum über die künftige Nutzung und Hebelung des
Euro-Rettungsschirms EFSF für heute auf die Tagesordnung des gesamten
Plenums und überließen dies nicht dem Haushaltsausschuss des
Bundestags. Zwar sah es gestern so aus, als könnten Union und FDP
selbst die nötige Mehrheit stellen, doch bleibt ein solcher Schritt
ein Vorhaben mit offenem Ausgang. Stimmt der Bundestag zu, kann die
deutsche Kanzlerin gestärkt in die heutige zweite Runde des
Euro-Gipfels gehen, auf den die Finanzwelt hoffnungsvoll schaut.
Nicht auszudenken wären die Folgen, wenn der Bundestag seine
Zustimmung versagte. Auf jeden Fall aber verharrt Europa erst einmal
im Ungewissen. Nun geht es nicht darum, wegen des ungewissen Ausgangs
Abstimmungen im Plenum zu vermeiden. Es geht aber um Berechenbarkeit
und um einen verlässlichen institutionellen Rahmen, der Europa so
sehr fehlt. Erst vor Monatsfrist hatte der Bundestag selbst
festgelegt, dass er über die Leitlinien der EFSF im
Haushaltsausschuss entscheidet und nur über die Änderung des
Garantierahmens oder ein neues Länderprogramm im gesamten Plenum
abstimmt.
Kauder begründete die Aktion nun mit der grundsätzlichen
Bedeutung, die in der EFSF-Hebelung steckt, und tat zwischendurch so,
als habe der aus Brüssel gelieferte Text mit den geplanten
EFSF-Leitlinien nichts zu tun. Tatsächlich soll die Formulierung aber
Teil der Leitlinien sein. Dies sehen auch die Abgeordneten inzwischen
so.
Der Bundestag wird bei einem solchen Gebaren zum unsicheren
Kantonisten, wenn er künftig in Krisensituationen allenthalben das
Stoppschild mit der Aufschrift "grundlegend" hebt, damit eine
Plenarabstimmung erzwingt und über die selbst gesetzten Regeln
hinweggeht. Genau darin liegt nicht der Mittelweg zwischen
Handlungsfähigkeit der Eurozone und parlamentarischer Kontrolle. Das
Prinzip Glaubwürdigkeit, das Europa jetzt so dringend braucht, gilt
nicht nur für Banken, Märkte und Regierungen, sondern auch für
Parlamente.
(Börsen-Zeitung, 26.10.2011)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
359786
weitere Artikel:
- BERLINER MORGENPOST: Kommentar zur Eröffnung eines von Google finanzierten Instituts in Berlin Berlin (ots) - Das Internet wächst und wuchert, Dienste und
Angebote sprießen im Cyberspace wie Pilze aus feuchtem Waldboden. Auf
Webseiten wird gepöbelt oder verunglimpft, ohne dass so ein in der
Offline-Welt unakzeptables Verhalten irgendwie geahndet würde.
Gerichte müssen jetzt klären, wie und ob Provider wie Google, die den
Nutzern Raum im Netz zur Verfügung stellen, für solche Inhalte
verantwortlich zu machen sind. Höchste Zeit, dass auch die
Wissenschaft ernsthaft beginnt, quer durch die Disziplinen das
Phänomen Internet und mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Unternehmen / Deutsche Bank Osnabrück (ots) - Krise als Chance
Selbstbewusst weist Deutsche-Bank-Finanzvorstand Stefan Krause das
Ansinnen der Politik zurück, ihm bei einem griechischen
Zahlungsausfall mit Staatsgeld beizustehen. Das kann er nur, weil die
Deutsche Bank einen Großteil ihrer Forderungen an das marode
Griechenland bereits abgeschrieben und sich auf kommende, strengere
Eigenkapitalregeln schon eingestellt hat.
Dies wiederum war den Deutschbankern nur möglich, weil sie zuvor
mit der Übernahme der Postbank, der Berliner Bank und von Sal. mehr...
- Schwäbische Zeitung: Klare Regeln für alle - Kommentar Leutkirch (ots) - Das Urteil des Bundesgerichtshofs zu strittigen
Äußerungen in Internet-Blogs ist eine gute Entscheidung - in
mehrfacher Hinsicht. Zum einen hat das Gericht erstmals konkret
geregelt, wie mit vermeintlichen Falschbehauptungen umzugehen ist.
Das schafft Sicherheit für alle Beteiligten.
Nun ist auch die absurde Idee vom Tisch, der Dienstleister müsse
alle Inhalte vor der Veröffentlichung auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen.
Das wäre überhaupt nicht zu leisten und hätte den Betrieb von
Blog-Plattformen praktisch unmöglich mehr...
- Neue Website zielt auf häufig vorkommende Schlafstörung bei blinden Menschen ab Rockville, Maryland (ots/PRNewswire) -
- 24sleepwake.com bietet interaktive Werkzeuge und
Forschungsupdates zur Unterstützung von Patienten, Freunden und Familien
Für die meisten Menschen ist der Ablauf der biologischen Uhr
recht gleichförmig, man wacht mit der Sonne auf und geht mit den
Sternen schlafen. Jedoch bei Menschen, die unter Schlaf-Wachstörungen
bei Abweichungen vom 24-Stunden-Rhythmus (N24HSWD oder Non-24)
leiden, verändert sich die biologische Uhr täglich. Bei ihnen
verzögert sich die Schlafperiode mehr...
- Rheinische Post: E.ON garantiert Standorte Düsseldorf und Essen Düsseldorf (ots) - Während die E.ON-Mitarbeiter in München und
Hannover um eine Schließung ihrer Standorte fürchten, garantiert E.ON
nun die Standorte Düsseldorf und Essen. "Die Leitung des Konzerns
bleibt in Düsseldorf", sagte E.ON-Vorstand Bernhard Reutersberg der
in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwochausgabe).
Auch Essen, wo E.ON Ruhrgas sitzt, wird nicht verlassen: "E.ON bleibt
im Großraum Düsseldorf, dazu zählt auch Essen", sagte Reutersberg
weiter. In Kürze wolle der Konzern aber Näheres zur Zusammenlegung
des mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|