15,6 % der Bevölkerung im Jahr 2009 armutsgefährdet
Geschrieben am 03-11-2011 |
Wiesbaden (ots) - Im Jahr 2009 waren durchschnittlich 15,6 % der
Bevölkerung Deutschlands armutsgefährdet. Dies teilt das Statistische
Bundesamt (Destatis) auf der Basis der aktuellen Ergebnisse der
Erhebung LEBEN IN EUROPA 2010 mit. Das Armutsgefährdungsniveau blieb
damit insgesamt gegenüber dem Jahr 2008 (15,5 %) nahezu konstant.
LEBEN IN EUROPA stellt die amtlichen Sozialindikatoren zu Armut
und sozialer Ausgrenzung für Deutschland ("Bundesindikatoren")
bereit. Die Indikatoren sind EU-weit vergleichbar. Im Jahr 2010
wurden für die Erhebung 13 079 Haushalte mit insgesamt 23 531
Personen ab 16 Jahren zu ihren Einkommen und Lebensbedingungen
befragt. Armutsgefährdet war, wer nach Einbeziehung staatlicher
Transferleistungen ein Einkommen von weniger als 11 278 Euro im Jahr
beziehungsweise 940 Euro monatlich zur Verfügung hatte.
Bezugszeitraum für die Erhebung der Einkommen war das Vorjahr (2009).
Arbeitslose Menschen sind nach wie vor am stärksten
armutsgefährdet. Im Jahr 2009 waren mehr als sieben von zehn
Arbeitslosen (70,3 %) davon betroffen, unter den Erwerbstätigen war
es dagegen nur etwa jede/r Vierzehnte (7,2 %).
Neben Arbeitslosen sind Personen in Haushalten von
Alleinerziehenden die am stärksten armutsgefährdete soziale Gruppe in
Deutschland: Bei 43 % dieser Personen lag 2009 eine Armutsgefährdung
vor. Zum Vergleich: In allen Haushalten mit Kindern betrug die
Armutsgefährdungsquote 14,6 %. Unter den allein lebenden Personen
waren drei von zehn (30 %) im Jahr 2009 armutsgefährdet. In
Haushalten von zwei Erwachsenen unter 65 Jahren traf dies auf etwa
jede zehnte Person (10,3 %) zu.
Ergebnisse aus LEBEN IN EUROPA sowie methodische Erläuterungen und
Publikationen sind auch über die Themenseite des Statistischen
Bundesamtes unter www.destatis.de im Bereich Wirtschaftsrechnungen
und Zeitbudgets erhältlich.
Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat)
hat die Ergebnisse der deutschen EU-SILC (European Union Statistics
on Income and Living Conditions) - Erhebung 2010 in seiner Datenbank
veröffentlicht (www.ec.europa.eu/eurostat -> Einkommen, soziale
Eingliederung und Lebensbedingungen -> Daten -> Haupttabellen).
EU-Durchschnittswerte sind in der Datenbank der EU derzeit noch nicht
verfügbar. Sie können erst ermittelt werden, wenn die Ergebnisse aus
allen 27 Mitgliedstaaten vollständig verfügbar sind (bisher liegen
aus etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten Ergebnisse vor).
Für weitere amtliche EU-Statistiken steht unter
www.eds-destatis.de der Europäische Datenservice (EDS) zur Verfügung.
Erläuterungen zur Erhebung LEBEN IN EUROPA und zur Berechnung der
Armutsgefährdungsquote:
EU-SILC (englisch: Community Statistics on Income and Living
Conditions) ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen,
Armut und Lebensbedingungen in Europa. Für die Statistik gelten in
allen Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen sowie methodische
Mindeststandards. Die amtliche Erhebung, deren Durchführung und
Aufbereitung den Mitgliedstaaten obliegt, wird in Deutschland seit
2005 jährlich unter der Bezeichnung LEBEN IN EUROPA durchgeführt. Ein
Kernindikator, der aus LEBEN IN EUROPA ermittelt wird, ist die
Armutsgefährdungsquote. Sie gibt an, wie hoch der Anteil der
armutsgefährdeten Personen an der Gesamtbevölkerung ist. Zur
Berechnung der Armutsgefährdungsquote wird zunächst das von allen
Haushaltsmitgliedern tatsächlich erzielte Haushaltseinkommen des
Vorjahres herangezogen (bei LEBEN IN EUROPA 2010 bezieht sich das
Haushaltseinkommen auf das Jahr 2009). Es setzt sich zusammen aus dem
Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit,
dem Einkommen aus Vermögen, Renten und Pensionen sowie empfangenen
laufenden Transfers - wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Sozialhilfe
oder Kindergeld. Direkte Steuern und Sozialbeiträge sind abgezogen.
Dieses Haushaltseinkommen wird auf die Personen des Haushalts nach
einem Gewichtungsschlüssel (Äquivalenzskala) verteilt, der
unterschiedliche Haushaltsstrukturen berücksichtigt sowie den
Umstand, dass Personen in einem Haushalt durch das Zusammenleben
Einspareffekte bei den laufenden Kosten erzielen. Die Äquivalenzskala
weist jeder Person im Haushalt ein Gewicht zu. Nach der modifizierten
OECD-Skala, die bei EU-SILC angewendet wird, erhält die erste
erwachsene Person stets das Gewicht 1. Jede weitere Person erhält ein
Gewicht, das die Größenordnung des Mehrbedarfs berücksichtigen soll,
der durch diese Person entsteht: Weitere Erwachsene und Kinder ab 14
Jahren erhalten das Gewicht 0,5, Kinder unter 14 Jahren das Gewicht
0,3. So ergibt sich bei einer Familie mit zwei Kindern unter 14
Jahren beispielsweise das Gesamtgewicht 2,1. Das verfügbare
Haushaltseinkommen wird nun durch die Summe der Gewichte dividiert.
Das so ermittelte Einkommen der Personen wird als "bedarfsgewichtetes
Äquivalenzeinkommen" bezeichnet und jeder Person im Haushalt als
persönliches Äquivalenzeinkommen zugeschrieben. Zu beachten ist, dass
es sich beim Äquivalenzeinkommen um eine fiktive Rechengröße handelt.
Um das mittlere Einkommen zu ermitteln, wird der Median (Zentralwert)
verwendet. Dabei werden die Personen ihrem Äquivalenzeinkommen nach
aufsteigend sortiert. Der Median ist der Einkommenswert derjenigen
Person, die die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt,
die eine Hälfte hat mehr, die andere weniger Einkommen zur Verfügung.
60% dieses Medianwertes stellen den Schwellenwert für
Armutsgefährdung dar.
Eine Tabelle bietet die Online-Fassung dieser Pressemitteilung
unter www.destatis.de.
Weitere Auskünfte gibt:
Silvia Deckl, Telefon: (0611) 75-8697, www.destatis.de/kontakt
Rückfragen an obigen Ansprechpartner oder an:
Statistisches Bundesamt
Pressestelle
E-Mail: presse@destatis.de
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