Neue OZ: Kommentar zu Europa / Finanzkrise / Ratingagenturen
Geschrieben am 15-11-2011 |
Osnabrück (ots) - Die Geister, die sie riefen
Schwere Fehler wirft EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier den
Ratingagenturen vor. Recht hat er, die Falschmeldung von Standard &
Poor's vergangene Woche über eine angebliche Herabstufung Frankreichs
war nur die jüngste aus einer Reihe von Pannen. Führende Agenturen
bedachten die Bank Lehman Brothers und das nahezu bankrotte Island
noch kurz vor dem jeweiligen Zusammenbruch mit guten Noten.
Angesichts der verheerenden Wirkung, die ein Ratingurteil auf die
Finanzierungsbedingungen ohnehin strauchelnder Staaten haben kann,
ist Barniers Wunsch verständlich, die Macht der Agenturen zu
begrenzen.
Allerdings hat der Kommissar in seiner gestrigen Kampfansage etwas
verschwiegen: Europäische und nationale Institutionen haben kräftig
dazu beigetragen, dass die drei größten der Zunft, Standard & Poor's,
Moody's und Fitch, heute über einen Marktanteil von 90 Prozent
verfügen und Staaten an den Rand des Abgrundes treiben können. So
verlangt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht für die
Geldanlagen von Versicherungen Bewertungen durch die großen drei. Die
Europäische Zentralbank fordert vor dem Ankauf bestimmter Anleihen
ein Rating zumindest einer der größten Agenturen. So hilft man einem
Oligopol, Konkurrenten in Schach zu halten. Die Regulierer behindern
den Wettbewerb, der die gescholtenen Marktführer zu mehr Sorgfalt und
Transparenz zwingen könnte.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: 0541/310 207
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