Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Ägypten
Geschrieben am 20-11-2011 |
Bielefeld (ots) - Revolutionen sind unberechenbar: Einige fressen
ihre Kinder, andere vergrößern das Chaos. In Ägypten bewahrheitet
sich erneut, dass keine Revolution reibungslos verläuft. Statt
Frieden und Demokratie herrschen wieder Chaos und Gewalt in Kairo.
Über 700 Verletzte und drei Tote ergeben eine schlimme
Wochenendbilanz. Sieben Tage vor den Parlamentswahlen steckt die
ägyptische Revolution in der Krise. Was ist passiert? Zunächst sind
viele Menschen vom Militärrat enttäuscht, der seit dem 11. Februar
regiert. Die Militärs versprechen zwar eine Verfassung und die
Machtübergabe an die Zivilisten, doch dies soll erst 2013 geschehen.
Für die Demonstranten, die einst gegen den Diktator Mubarak
rebellierten, wird der Militärrat zum Feind. Sie empfinden eine
Revolution, bei der das Volk nicht als Sieger hervorgeht, als
gescheitert. Entsprechend laut fordern sie das Ende der
Militärherrschaft. Dann fürchten die meist jugendlichen Demonstranten
eine Rückkehr der korrupten Mubarak-Anhänger ins Parlament; und
schließlich argwöhnen sie, dass die Islamisten die Mehrheit erringen
und die säkulare Freiheit beschneiden könnten. Für die Revolutionäre
vom Tahrir-Platz sitzt Ägypten in der Falle zwischen Militärdiktatur
und Gottesstaat. Entsprechend explosiv ist die Stimmung. Die Sorgen
der Revolutionäre sind verständlich, doch die Lage ist nicht
hoffnungslos: Da die ägyptische Polizei in desolatem Zustand ist,
wurde das Militär gebraucht, um ein Absinken ins Chaos zu verhindern.
Doch die Armee darf nicht dauerhaft als Staat im Staate an der Macht
bleiben. Ihre Rolle wird beschränkt, denn die Demokratisierung
schreitet voran: Wahlen, Verfassung und Koalitionen gehören bald zum
ägyptischen Alltag. Hier sind Geduld und Ausdauer vonnöten. Und auch
die Angst vor einer islamistischen Gefahr erscheint überzogen:
Ägypten hat mehrere säkulare Parteien, die als Gegengewicht zu einer
etwaigen konservativ-muslimischen Mehrheit bereit stehen. Zwar
drängen die Muslimbrüder auf eine starke Rolle des Islam in der
Verfassung, doch sie haben sich zu freien Wahlen und
Rechtsstaatlichkeit bekannt. Somit sollte die Demokratisierung ihren
Lauf nehmen. Das Militär dürfte sich langfristig der Zivilregierung
unterordnen, politische und wirtschaftliche Reformen wären machbar,
und mit politischer Stabilität wäre auch der wirtschaftliche
Aufschwung greifbar. Doch diese Entwicklung ist nur möglich, wenn ein
Verfassungskompromiss zustande kommt, ein politischer Bürgerkrieg
verhindert wird und sich die Wirtschaft erholt. Sollte dies
misslingen, würden viele junge Ägypter das Land verlassen, und die
Revolution wäre tatsächlich gescheitert. Doch noch hat Ägypten eine
gute Chance - trotz der erschreckenden Bilder aus Kairo.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
364530
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Blut, Schweiß und Tränen in Spanien
Kommentar Von Matthias Beermann Düsseldorf (ots) - Die Spanier haben eine neue Regierung gewählt,
von der sie nur eines zu erwarten haben: Blut, Schweiß und Tränen.
Das Land steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seiner jüngeren
Geschichte, die Arbeitslosigkeit hat dramatische Ausmaße angenommen.
Das massive Votum für die Konservativen des künftigen
Ministerpräsidenten Mariano Rajoy spiegelt daher keine politische
Aufbruchstimmung, es ist schon eher ein Akt der Verzweiflung. Rajoy
hat keinen Hehl daraus gemacht, dass er den Sparkurs noch verschärfen
wird. Trotzdem mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Suizidversuch / Rafati Osnabrück (ots) - Nichts dazugelernt
Seinen drei Schiedsrichterkameraden hat es Babak Rafati zu
verdanken, dass er noch am Leben ist. Sie konnten dem Schiedsrichter
rechtzeitig helfen. Viele andere haben dieses Glück leider nicht
gehabt. Der Respekt vor dem Menschen Babak Rafati und die Rücksicht
auf die Intimsphäre seiner Familie gebieten es, nicht über seine
Beweggründe zu diesem Schritt zu spekulieren. Gleichwohl lohnt sich
ein Blick auf das gesamte Umfeld, in dem sich der FIFA-Schiedsrichter
bewegen muss, weil er sein Hobby mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Verkehr / Unfälle Osnabrück (ots) - Im Gedächtnis behalten
Bislang galt sie als Aushängeschild der Region, das der heimischen
Wirtschaft zum Aufschwung verholfen hat. Am Wochenende aber ist die
Autobahn 31 zur bundesweit beachteten Todesstrecke geworden. Der
Horrorunfall bei Gronau mit drei Toten und 35 Verletzten wird sich
daher ins Gedächtnis einbrennen. Und hoffentlich bewirken, dass so
etwas nie wieder passiert.
Der erste Eindruck ist, dass vor allem Nebel und unangepasste
Geschwindigkeit zu der Massenkarambolage geführt haben. Am Anfang mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Spanien / Wahlen Osnabrück (ots) - Quadratur des Kreises
Vom ewigen Verlierer zum Hoffnungsträger Spaniens: Mariano Rajoy
hat einen weiten Weg hinter sich. Zweimal unterlag der Konservative
bei Parlamentswahlen dem Sozialisten José Luis Rodrigo Zapatero,
bevor er jetzt deutlich siegte. Grund zu allzu großem Jubel gibt es
für ihn trotzdem nicht. Denn ihren Sieg verdanken die Konservativen
weniger der eigenen Stärke als der Schwäche der Sozialisten.
Die Regierungspartei bekam die zu erwartende Quittung für eine
miserable Bilanz: Hohe private mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Syrien / Konflikte Osnabrück (ots) - Zu wenig, zu spät
Noch klammert sich Syriens Regierungschef hartnäckig an die Macht.
Aber Baschar al-Assad gerät immer stärker unter Druck. Auch im Nahen
Osten ist er weitgehend isoliert, und die einst zahnlose Arabische
Liga droht ihm mit Sanktionen. Während die Präsidenten in Tunesien,
Ägypten und Libyen längst gestürzt sind, will Assad bis zum Tod
kämpfen. Russland und die USA warnen Syrien daher zu Recht vor einem
Bürgerkrieg.
Zwar verspricht der syrische Diktator, dass es im Februar oder
März eine mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|