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Kolumne: Was kommt nach dem Euro?

Geschrieben am 01-12-2011

Frankfurt am Main/Den Haag (ots) - Dezember-Kolumne von Hans
Stoter, Global Head of Credit Investments&Lead Portfolio Manager
Global High Yield

Die Eurokrise weitet sich unaufhaltsam aus, immer mehr Länder
stehen vor dem Staatsbankrott. Entsprechend laut tönt der Ruf nach
einer Rückkehr zu den ehemaligen Landeswährungen. Vor diesem
Hintergrund schauen wir uns die Konsequenzen näher an, die das Ende
des Euro für Unternehmen auf den europäischen Kapitalmärkten haben
könnte. Dabei sei darauf hingewiesen, dass ein Zusammenbruch des Euro
nicht unser zentrales Szenario ist. Noch sind wir überzeugt, dass
Politiker und EZB bei zunehmendem Druck letztendlich die richtigen
Entscheidungen treffen werden. Doch anhand der möglichen Folgen für
den Unternehmensanleihemarkt wollen wir die Debatte hier näher
beleuchten. Unsere Analyse beschränkt sich auf die praktischen und
wirtschaftlichen Auswirkungen ohne Berücksichtigung der rechtlichen
Seite.

Zunächst einmal sind die verschiedenen Auflösungsszenarien
voneinander abzugrenzen. Für unsere Analyse haben wir das
Auseinanderbrechen der Eurozone wie folgt definiert: 1. Ein oder
mehrere Peripherieländer verlassen die EWU und führen wieder ihre
ehemaligen Landeswährungen ein, während die übrigen Länder am Euro
festhalten. 2. Ein oder mehrere Kernländer (etwa Deutschland oder die
Niederlande) treten aus der EWU aus, während die übrigen Länder am
Euro festhalten. 3. Der Euro wird aufgelöst und alle Länder kehren zu
ihren nationalen Währungen zurück. Jedes dieser Szenarien hat
unterschiedliche Folgen für die Unternehmensanleihemärkte. Im
Folgenden skizzieren wir die wichtigsten Konsequenzen.

Nach unserer Einschätzung würde ein Zusammenbruch des Euro vor
allem zu einer völligen Neuordnung des Wettbewerbsumfelds führen -
zuungunsten der Unternehmen in den Kernländern. Die
Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder würde wesentlich gemindert, denn
die Währungen der Peripherieländer wären gegenüber den Kernwährungen
deutlich geschwächt. Infolge der schwächeren Währung würde sich die
Kostenstruktur der Peripherieländer im Vergleich zu den Kernländern
dramatisch verbessern. Das hätte ernste Folgen für die Exportmärkte.
Die Bemühungen deutscher Unternehmen um Verbesserung ihrer
Wettbewerbsposition könnten sozusagen über Nacht zunichte werden. Die
Folgen für die deutsche Binnenwirtschaft wären verheerend: Rezession
und ein rapider Anstieg der Arbeitslosenzahlen.

Eine weitere unmittelbare Folge wäre die unklare Lage im Hinblick
auf die Währung, in der die Schulden von Unternehmen in Ländern
denominiert sind, die die Währung wechseln. Würden diese Schulden
immer noch auf Euro lauten (sofern der Euro als solches weiter
besteht) oder würden sie in die nationale Währung umgewandelt? Sofern
diese Schulden weiter auf Euro lauten sollten, sähen sich Unternehmen
aus Peripherieländern, die ihre alte Währung wieder einführen, einer
weitaus größeren Schuldenlast gegenüber. Grund wäre die relative
Schwäche ihrer Landeswährungen gegenüber dem Euro. Für viele dieser
Unternehmen könnte das Insolvenz bedeuten. Den Unternehmen in den
Kernländern könnte das hingegen unverhoffte Gewinne bescheren. Sofern
der Euro völlig verschwindet, betreten wir sozusagen Neuland. Es ist
vollkommen unklar, ob auf Euro lautende Schulden entweder zu 100
Prozent in die Landeswährung oder in einen Währungskorb, der die
nationalen Währungen im Verhältnis zum Euro widerspiegelt,
umgewandelt würden. In den Anleihebedingungen ist ein solches
Szenario nicht vorgesehen.

Im Hinblick auf die Unternehmensfinanzierung würde das Ende des
Euro wahrscheinlich zu einer Kreditverknappung führen (hier ist die
Lage ohnehin schon angespannt). Die Banken der Kernländer, die die
EWU verlassen, würden eine Wertminderung bei auf Euro lautenden
Assets hinnehmen müssen. Gleichzeitig stiege der Wert ihrer
Kundeneinlagen, die in der stärkeren Landeswährung redenominiert
würden. Das könnte erneuten Rekapitalisierungsbedarf bedeuten.

Die Folgen für Aktien- und Anleihemärkte wären dramatisch.
Selbstverständlich wäre die Zeit direkt vor und nach dem
Zusammenbruch von hoher Volatilität geprägt. Aber auch wenn die
Märkte sich an die neue Realität gewöhnt haben, mag das nicht
jedermanns Sache sein. Wir werden uns wieder den fragmentierten
Märkten der Zeit vor dem Euro gegenübersehen, als heimische
Investoren auf Landeswährung lautende Assets kauften. Das würde die
finanzielle Flexibilität von Unternehmen drastisch beschneiden und
die ohnehin schwierige Wettbewerbssituation und Kreditklemme
verschärfen.

In jedem Fall wäre ein Auseinanderfallen der Eurozone für
Unternehmen folgenschwer und kaum auszumalen. Was kommt also nach dem
Euro? Es wird schon irgendwie weiter gehen - aber nicht so wie
bisher. Rettungspakete für die Peripherie mögen teuer und der
Öffentlichkeit kaum vermittelbar sein. Die Alternative wäre aber
sicher weitaus fataler: Unternehmenszusammenbrüche und in der Folge
schwere Rezession und Rekordarbeitslosenzahlen in ganz Europa. Wir
gehen davon aus, dass die Politiker die richtige Entscheidung treffen
und am Euro festhalten werden. Dazu müssen sie ihren Bürgern
allerdings plausibel vor Augen führen, dass es keine realistische
Alternative zum Euro gibt. Nur so können sie auf Unterstützung für
schwierige Entscheidungen hoffen.

-ENDE-



Pressekontakt:
ING Investment Management
Birgit Stocker
-Head of PR D/A/CH-
T: +49 69 50 95 49 - 15
e-mail: birgit.stocker@ingim.com
www.ingim.de


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