Mittelbayerische Zeitung: Zum EU-Gipfel: Vertragsentwurf steht auf wackligen Beinen
Geschrieben am 09-12-2011 |
Regensburg (ots) - Trotz aller Zuversicht der deutschen
Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt doch der Eindruck, dass der
Entwurf des neuen Eurovertrags noch auf sehr wackligen Beinen steht.
Es scheint, als stehe und falle das Projekt für die strengere
Haushaltsdisziplin der Euroländer weiter mit dem guten Willen der
Briten. Oder zumindest mit einer gutwilligen Auslegung des EU-Rechts.
Wenn ein Jurist wollte, könnte er vermutlich die Pläne des Rates
durchkreuzen. Er müsse das EU-Recht nur etwas anders auslegen, als
die Juristen des Rates es getan haben. Warum sonst musste der Rat
während der Verhandlungen dauernd von seiner Rechtsabteilung
gegenchecken lassen, ob der EU-Vertrag die ausgetüftelten
Bestimmungen für ein bissigeres Disziplinarverfahren erlauben würde.
Der EU-Vertrag lasse Spielräume für den Nebenjob der Kommission als
Superaufpasser für den Euroklub, erklärten die Ratsjuristen. Das
klingt doch sehr vage für eine solide rechtliche Grundlage. Es bleibt
zu hoffen, dass die Eurogruppe die Disziplinarregeln wirklich fest in
einem Vertrag verankern kann. Anders traut dem Schuldenklub nämlich
immer noch kein Anleger über den Weg. Ohne scharfe Gesetze werden
sich die Mitgliedstaaten kaum in ihrer Haushaltsführung zügeln. Ohne
eine Vertragsklausel, die der Kommission das Recht gibt, Euroländer
zu verklagen, wird es keinen Durchbruch zur Wirtschafts- und
Finanzunion geben, den die Kanzlerin bereits in den jetzigen
Gipfelbeschlüssen sehen möchte. Jeder Staat hat eigene Interessen,
die er vertritt. Großbritannien ist da bekanntlich keine Ausnahme.
Ohne Vorschriften macht jeder einfach weiter, wie gehabt, gelobt
Besserung und der Kommission bliebe weiterhin nur die Aufgabe, gute
Ratschläge zu verteilen und den Zeigefinger zu heben. Warum geht
eigentlich jetzt noch keiner hin und zerrt einen Haushaltssünder vor
den Europäischen Gerichtshof, wenn die 60 Prozent Schuldengrenze
überschritten ist? Ohne eine unabhängige Kontrollinstitution müssten
die Mitgliedstaaten sich gegenseitig vor dem Europäischen Gerichtshof
anschwärzen. Das ist kaum vorstellbar: Musterknabe Luxemburg verklagt
Schuldensünder Deutschland? Welche Krähe würde der anderen da ein
Auge aushacken? Allen Beteiligten ist wohl bewusst, dass sich
Finanzmärkte und auch die Europäische Zentralbank selbst auf keine
bloßen Absichtserklärungen der Mitgliedsstaaten einlassen werden. Die
Europäische Zentralbank erwartet einen überzeugenden Haushaltspakt,
bevor sie weiter eingreift, um zum Beispiel Anleihen von Italien und
Spanien aufzukaufen. EZB-Chef Mario Draghi äußerte, dass die
Beschlüsse einem guten Haushaltspakt nahe kämen. Das klingt nicht
überzeugend, vielleicht gerade mal befriedigend. Insgesamt ist es
doch immer wieder verwunderlich, wie vor und während den Gipfeln die
Kampfparolen nur so hageln und am Schluss wieder alle traute
Einigkeit vortäuschen. Nach friedlicher Atmosphäre klangen die
Stimmen aus den Verhandlungen jedenfalls kaum.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
368209
weitere Artikel:
- Mittelbayerische Zeitung: Zur gesunden Ernährung für Kinder Regensburg (ots) - Es gibt immer mehr Kindertagesstätten und
Ganztagsschulen und damit auch immer mehr Kinder, die in den
Bildungseinrichtungen zu Mittag essen. Das Schulcatering gilt in
Deutschland als Zukunftsmarkt und entsprechend buhlen die
Wettbewerber um die Einrichtungen. In diesem Konkurrenzkampf geht es
nicht allein um das beste Essen für die Kinder, sondern auch um den
besten Preis. Er muss sich in einem moderaten Rahmen bewegen, sonst
protestieren die Eltern. Der Caterer wiederum will mit der Mensa
verdienen und bietet mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Zum Haus der bayerischen Geschichte / Das Bayern-Museum ist ein Grund zum Jubel. Die Zukunftsaufgabe bleibt: die Kunst von morgen zu nähren. Regensburg (ots) - Das war eine gute Woche für Regensburg. Mit dem
Zuschlag für das Museum der bayerischen Geschichte, das der Freistaat
bis 2018 für 61,5 Millionen Euro bauen will, hat die Welterbestadt
viel zu gewinnen: kulturell und ideell, architektonisch,
städtebaulich, touristisch und wirtschaftlich. Das Haus wird eine
Premium-Adresse für Besucher, wie jede Stadt sie sich wünscht:
Menschen, die interessiert sind am kulturellen Austausch und an
demokratischer Bildung. Das Projekt bietet zweitens die Chance auf
Architektur der mehr...
- Rheinische Post: Hannelore Kraft bewertet Euro-Entscheidungen als "mager" Düsseldorf (ots) - NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD)
glaubt nicht, dass mit den jüngsten Brüsseler Entscheidungen die
Stabilisierung der Euro-Länder gelingen wird. "Mit den mageren
Ergebnissen beenden wir die Euro-Krise nicht nachhaltig", sagte sie
der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe).
Allein mit Vertragsänderungen für schärfere Haushaltsregeln,
Schuldenbremsen und Sanktionskatalogen sei es nicht getan. Kraft:
"Die Verursacher der Krise werden abermals nicht in die Verantwortung
genommen. mehr...
- Rheinische Post: Grünen-Fraktionschef Trittin kritisiert "windelweiche Beschlüsse" Düsseldorf (ots) - Der Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin,
hat die Ergebnisse des EU-Gipfels scharf kritisiert. "Markige
Erklärungen vorab, windelweiche Beschlüsse als Ergebnis", sagte
Trittin der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post"
(Samstagausgabe). Der EU-Gipfel sei ein reiner Schuldenbremsengipfel
gewesen. "Er hat erneut keine Antwort auf die Eurokrise gegeben",
sagte Trittin. "Die Krise wird verlängert, ihre Beendigung wird
vertagt. Der Gipfel bestätigt, dass die Bundeskanzlerin kein Gespür
dafür hat, wie der mehr...
- Rheinische Post: Europa-Ausschuss-Chef bringt EU-Austritt Großbritanniens ins Spiel Düsseldorf (ots) - Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im
Deutschen Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), hat die Verweigerung
der Briten, einer Fiskalunion beizutreten, scharf kritisiert und
einen Austritt des Landes aus der EU ins Gespräch gebracht.
"Großbritannien braucht die Europäische Union mehr als die
Europäische Union Großbritannien", sagte Krichbaum der in Düsseldorf
erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). Der Vertrag von
Lissabon lasse "ausdrücklich alle Möglichkeiten offen, auch den
Austritt eines Landes". mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|