Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu Klimagipfel/Durban
Geschrieben am 11-12-2011 |
Regensburg (ots) - Weniger als notwendig wäre, doch immerhin mehr,
als vorher befürchtet worden war: Die Ergebnisse der
UN-Klimakonferenz von Durban sind zwiespältig. Es gibt einige
Lichtblicke und viel Schatten. So wurde das Fundament erweitert, auf
dem in den nächsten Jahren ein wirklich verbindliches, weltweites
Abkommen zur Reduzierung von Treibhausgasen aufbauen könnte. In den
nächsten vier Jahren soll ein wirkliches Klimaschutzabkommen
erarbeitet werden, auf das sich alle Staaten verpflichtend einlassen
sollen. Es wäre das allererste seiner Art und ginge weit über den
bisherigen Kyoto-Prozess der Gutwilligen hinaus. Allein dies ist
schon ein Erfolg. Durban scheiterte nicht, obwohl es durch die
hartleibige Haltung vor allen der Unterhändler aus Washington und
Peking oft kurz vor einem Desaster stand. Europäer, viele
Schwellenländer und Inselstaaten, denen das Wasser buchstäblich bis
zum Hals steht, haben die Chance zur Verhinderung dramatischer
Klimaveränderungen erhalten. Vielleicht wird Durban aus historischem
Abstand einmal als jener UN-Klimakongress bewertet werden, bei dem
die Türen zur Minderung der Klimaveränderungen weit aufgestoßen
wurden. Allerdings ist der Weg zu verbindlichem, weltweitem
Klimaschutz mit so vielen Wenn und Aber, mit so vielen Unwägbarkeiten
und Untiefen gespickt, dass es noch vieler Marathonsitzungen bedarf,
bis sich klimapolitische Vernunft vielleicht doch noch Bahn bricht.
Ein Durchbruch im Kampf gegen die Erderwärmung war Durban leider
nicht. Vielleicht sind der Leidensdruck und schlicht das
Problembewusstsein für die gigantischen Herausforderungen noch nicht
groß genug. Vor allem bei politischen Eliten und Wirtschaftsbossen in
den USA, die klimapolitisch weiterhin ein ziemlicher Ausfall sind, in
China, wo allerdings kräftig in umweltschonendere Technologien
investiert wird, oder anderswo, ist das Hemd des ungebremsten
Wirtschaftswachstums näher als der Rock des Klimaschutzes. Dabei sind
rauchende Schlote und ungebremster Ressourcen- und Energieverbrauch
schon lange kein Sinnbild mehr für Wirtschaftskraft und Wohlstand.
Denn die Bringschuld zur Rettung des Klimas liegt eindeutig bei den
Industrieländern, die seit über 150 Jahren wie selbstverständlich die
Atmosphäre als gigantische Müllkippe nutzen. Freilich ohne dafür
Müllgebühren zu zahlen. Dass Schwellenländer wie China, Indien oder
Brasilien für sich erst einmal das in Anspruch nehmen, was die
westlichen Länder bereits in Anspruch nahmen, ist nachvollziehbar.
Für das Klima ist es freilich verhängnisvoll. Der Atmosphäre ist es
schlicht egal, woher die Treibhausgase stammen, die sie aufheizen.
Die Wissenschaft ist sich nahezu einig, dass das Zeitfenster zum
Umsteuern in der Klimapolitik, beim Umbau der Volkswirtschaften weg
von den fossilen, hin zu den erneuerbaren Energien und hin zu
wesentlich mehr Effizienz, gerade mal zehn Jahre beträgt. Mit den
vagen Beschlüssen von Durban soll jedoch genau diese kostbare Zeit
vertan werden. Das ist verantwortungslos. Wahrscheinlich kann der
lahme Marsch zur Abmilderung der Erderwärmung auf halbwegs
verträgliche zwei Grad bis zur Jahrhundertwende nur durch ein
Vorangehen Europas beschleunigt werden. Trotz Finanzkrise verfügt der
alte Kontinent, und dabei vor allem Deutschland, über die
technologischen und finanziellen Mittel. Die Krux ist, jetzt müssen
die Schalter weltweit umgelegt werden. Später kann man nur noch die
Folgen des Klimawandels abmildern.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
368278
weitere Artikel:
- WAZ: Britische Isolation. Kommentar von Jasmin Fischer Essen (ots) - Europa steht vor einem Neubeginn, möglicherweise
einem, an dem Großbritannien nicht mehr mitwirkt. Sollten sich die
Wege an dieser Gabelung trennen, so trifft ein Land sicher keine
Schuld: Großbritannien.
Wie hätte Angela Merkel reagiert, wenn Premier Cameron von ihr
gefordert hätte, die deutsche Auto-Exportwirtschaft durch Steuern zu
regulieren? Oder Sarkozy, hätte man ihm nahegelegt, Frankreichs
florierende Ferienorte mit Abgaben an die Kandare zu nehmen? Eine
Besteuerung der Finanzbranche, von der im Königreich mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Weltklimakonferenz Bielefeld (ots) - Man stelle sich vor, eine Weltklimakonferenz
ginge zu Ende und Greenpeace und Co. wären voll des Lobes! Unmöglich.
Wenn 194 Nationen, 15 000 Delegierte 14 Tage über das Wetter der
nächsten 40 Jahre debattieren, kann es nur Kompromisse geben. So
gesehen ist die durchaus nachvollziehbare Kritik des BUND - »lauwarm,
kein strenger Fahrplan, US-Sand im Getriebe« - hilfreich bei der
Einschätzung der Konferenzergebnisse, aber nicht das letzte Wort. Auf
der Habenseite steht Fundamentales. Bei einem Scheitern wäre der
Kyoto-Vertrag mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu verkaufsoffenen Sonntagen im Advent Bielefeld (ots) - Der CDU-Politiker Hermann Gröhe dürfte mit
seinem Vorschlag, die Adventssonntage nicht zum Konsum, sondern zur
Besinnung zu nutzen, offene Türen einrennen: bei Kirchen,
Gewerkschaften und natürlich bei den vielen im Einzelhandel
Beschäftigten selbst. Nicht jedoch bei Wirtschaftsverbänden. Sie
versprechen sich von den verkaufsoffenen Sonntagen zusätzliche
Umsätze und Gewinne. Die Fronten sind ebenso bekannt wie verhärtet.
Gröhe reißt nun alte Wunden auf. Denn zuletzt schien es, dass sich
beide Seiten mit dem Kompromiss mehr...
- WAZ: Rathäuser im Stresstest. Kommentar von Tobias Blasius Essen (ots) - Das Konjunkturpaket des Bundes ist ein Lehrstück.
Was vor gut zwei Jahren in der nackten Panik der Wirtschafts- und
Finanzkrise so alles zusammengeschnürt wurde, entfaltete beileibe
nicht ausnahmslos eine segensreiche Wirkung. Die "Abwrackprämie" etwa
war schnell ausgezahlt und beflügelte zwischenzeitlich die Lust auf
einen neuen Kleinwagen. Ihr langfristiger Nutzen jedoch steht dahin.
Die Kommunalhilfen wiederum, die örtliche Investitionsstaus lösen
und das Handwerk stützen sollten, mussten einen so langen
bürokratischen mehr...
- WAZ: Neue Klima-Allianzen. Kommentar von Jürgen Polzin Essen (ots) - Die Konferenz von Durban wird den Klimawandel nicht
aufhalten. Für womöglich zehn Jahre werden die EU-Staaten weiter die
Hauptlast im Klimaschutz tragen. Der Kyoto-Klub aber hat an Bedeutung
verloren: Nur noch 15 Prozent der weltweit ausgestoßenen
Treibhausgase sind unter dem bislang einzigen Völkerrechts-Protokoll
erfasst. Dem Klima ist es zunächst egal, dass das Abkommen verlängert
wird. Doch Durban hat die Welt verändert. Künftig gelten Ziele für
alle Länder. Das ist einmalig in der Geschichte der UN-Verhandlungen. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|