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Eine Pressemitteilung des Rundfunkrats // WDR-Rundfunkrat: "Bundesländer bei der TKG-Novelle besser beteiligen"

Geschrieben am 16-12-2011

Köln (ots) - Der WDR-Rundfunkrat hat in seiner Sitzung am 15.
Dezember 2011 eine Stellungnahme zum derzeitigen
Gesetzgebungsverfahren zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes
(TKG) und zur Netzneutralität verabschiedet.

Ruth Hieronymi, Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats, erklärt: "Der
Rundfunk übernimmt für die Gesellschaft eine herausragende Funktion
und braucht zur Erfüllung seines gesetzlich formulierten Auftrags
auch für die Übertragung seiner Inhalte im Netz entsprechende
Rahmenbedingungen. Zur Sicherung der rundfunkspezifischen Belange ist
es notwendig, die Länder an diesem Prozess angemessen zu beteiligen.
In den weiteren Beratungen zur TKG-Novelle im Vermittlungsausschuss
muss daher konsequent eine entsprechende Beteiligung der Länder bei
den Regelungen zur Netzneutralität und zur Frequenzordnung sowie das
Einvernehmen bei rundfunkspezifischen Belangen eingefordert werden."

Für den WDR-Rundfunkrat ist ein diskriminierungsfreier Zugang zu
den Inhalten des Rundfunks und eine diskriminierungsfreie
Durchleitung der Inhalte für die Zukunft des Rundfunks entscheidend
und sicherzustellen. Diskriminierungen, Wettbewerbsverzerrungen oder
-beschränkungen, die durch Behinderungen oder Verlangsamungen des
Datenverkehrs entstehen können, sind zu verhindern.

Der WDR-Rundfunkrat wird sich auch zukünftig über das aktuelle
Gesetzgebungsverfahren hinaus intensiv mit der Netzneutralität
befassen, da mit diesem Thema langfristig entscheidende Fragen zur
Zukunft der Mediendistribution und zur Kommunikation in der
Gesellschaft verbunden sind.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie unter
www.wdr-rundfunkrat.de

Besuchen Sie auch die Seite des Rundfunkrats im Internet:
www.wdr-rundfunkrat.de

Einstimmig vom WDR-Rundfunkrat in der 534. Sitzung am 15. Dezember
2011 verabschiedet

Stellungnahme des Ausschusses für
Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrats zum Gesetzgebungsverfahren zur
TKG-Novelle und zur Netzneutralität

Bei der Debatte um Netzneutralität geht es für den Rundfunk, für
den öffentlich-rechtlichen ebenso wie für den kommerziellen, um die
Sicherung seiner Position in der Übertragungsinfrastruktur der
Zukunft, dem Internet. Der Rundfunk braucht für die Übertragung
seiner Inhalte im Netz Rahmenbedingungen, die einen
diskriminierungsfreien Zugang zu den Inhalten für die Nutzerinnen und
Nutzer sowie eine diskriminierungsfreie Durchleitung der Inhalte
sicherstellen. Denn das Internet entwickelt sich neben Terrestrik,
Kabel und Satellit für Rundfunkangebote zu einem immer wichtigeren
Übertragungsweg, wie beispielsweise für Fernsehinhalte in Form von
Live-Streams oder Angeboten auf Abruf (VoD) in den Mediatheken von
ARD und ZDF oder auf den VoD-Portalen der privaten
Rundfunkveranstalter (z.B. maxdome, RTL Now).

Im Einzelnen bezieht der Ausschuss für
Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat zum Stand des derzeitigen
Gesetzgebungsverfahrens zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes
und zur Netzneutralität im Allgemeinen wie folgt Stellung:

1. Der Ausschuss für Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat begrüßt
ausdrücklich die Entscheidung des Bundesrates vom 25. November 2011,
dass dem vom Bundestag am 27. Oktober 2011 verabschiedeten
Gesetzesentwurf zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG)
nicht zugestimmt, sondern der Vermittlungsausschuss angerufen wurde.
Durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses werden nun
Möglichkeiten für eine partiell notwendige Überarbeitung der
TKG-Novelle geschaffen.

2. Der Ausschuss für Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat stellt
fest, dass die Themen der Netzneutralität, Frequenzvergabe und
-nutzung auf der Bundesebene bisher fast ausschließlich unter
ökonomischen und technologischen Gesichtspunkten diskutiert werden
und geregelt werden sollen. Daher fordert der Ausschuss für
Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat von Bundestag und Bundesrat, in
den weiteren Beratungen eine Ausgewogenheit zwischen
medienpolitischen und kulturellen Aspekten auf der einen Seite und
den technischen und ökonomischen Fragen auf der anderen Seite,
herzustellen.

3. Der Ausschuss für Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat ist der
Meinung, dass der Rundfunk in der deutschen Netzpolitik nicht die
entsprechende Beachtung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen
Kompetenzen von Bund und Ländern findet. Im TKG-E sind der Rundfunk
und vergleichbare Telemedien zwar aufgenommen, allerdings in einer
sehr schwachen Form und ohne jegliche Präzisierung. So heißt es in §
2 ("Regulierung, Ziele und Grundsätze") Abs. 6 Satz 1 TKG-E: "Die
Belange des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien sind, soweit
möglich, zu wahren." Diese Formulierung wird dem besonderen Auftrag
des Rundfunks für Demokratie und Gesellschaft nicht ausreichend
gerecht. Entsprechende Anliegen des Rundfunks und vergleichbarer
Telemedien werden auf dieser Rechtsgrundlage in Zukunft schwer
justiziabel sein. Es ist davon auszugehen, dass der Rundfunk und
vergleichbare Telemedien in Gefahr sind, in Zweifelsfällen
benachteiligt zu werden.

4. In der TKG-Novelle findet die verfassungsrechtliche Stellung
der Länder in Bezug auf die rundfunkbezogenen Regelungen keine
angemessene Entsprechung. Daher sollten die Länder ihre in den
Stellungnahmen des Bundesrates formulierten Positionen auch für die
Beratungen im Vermittlungsausschuss konsequent fortführen. Die
Mitwirkungsrechte der Länder im Hinblick auf die Belange des
Rundfunks sind ausreichend zu sichern. Da der Rundfunk in den
Verantwortungsbereich der Länder fällt, fehlen dem Bund in
rundfunkspezifischen Belangen die gesetzgeberischen Kompetenzen, was
eine angemessene Beteiligung der Länder erfordert. Diese Beteiligung
sollte sich deshalb auf die Regelungen zur Netzneutralität und zur
Frequenzordnung sowie auf das Erfordernis eines Einvernehmens bei
rundfunkspezifischen Belangen beziehen.

5. Der Ausschuss für Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat sieht in
dem kurzfristig neu in die TKG-Novelle aufgenommenen § 41a einen
ersten Schritt zur Sicherung der Netzneutralität. Dennoch ist darauf
hinzuweisen, dass es nach der Regelung nur und allein im Ermessen der
zum Erlass der Rechtsverordnung ermächtigten Bundesregierung liegt,
ob und wann zur Sicherung einer diskriminierungsfreien
Datenübermittlung und eines diskriminierungsfreien Zugangs
eingeschritten werden kann. Somit erhalten die Länder durch § 41a
weder ein Initiativ- noch ein Kontrollrecht zur Wahrung ihrer
rundfunkpolitischen Verantwortung. Die Kompetenzen der Länder sollten
aber auch bei der Anwendung dieser Regelungen ausreichend
berücksichtigt werden.

6. Der Rundfunk übernimmt für die Gesellschaft eine herausragende
Funktion. Um seinem gesetzlich formulierten Auftrag nachkommen zu
können, bedarf es entsprechender Rahmenbedingungen - auch bei der
Übertragung im Netz. Der Ausschuss für
Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat fordert, die Belange des
Rundfunks angemessen zu berücksichtigen und die demokratische und
gesellschaftliche Funktion des Rundfunks in den Bereichen Internet
und Frequenzvergabe zu sichern.

7. Ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Inhalten des Rundfunks
für alle Nutzerinnen und Nutzer sowie eine diskriminierungsfreie
Durchleitung der Inhalte ist für die Zukunft des Rundfunks
entscheidend und sicherzustellen. Ein offenes und
diskriminierungsfreies Internet bildet die Grundlage für
Meinungsfreiheit und -vielfalt im Netz. Diskriminierungen,
Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen durch Behinderungen oder
Verlangsamungen des Datenverkehrs sind zu verhindern.

8. Der Ausschuss für Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat
unterstützt den vom Europäischen Parlament am 17. November 2011
verabschiedeten Entschliessungsantrag zum offenen Internet und zur
Netzneutralität in Europa, der in einigen Punkten über die in
Deutschland derzeit diskutierten Regelungen hinaus geht. Zu begrüßen
ist, dass die Kommission nun aufgefordert ist, zukünftig
Beeinträchtigungen der Netzneutralität genau zu beobachten und binnen
einer festgelegten Frist zu bewerten, ob regulatorisch eingegriffen
werden muss, um unter anderem den freien Zugang zum Internet, die
Meinungsfreiheit und den Medienpluralismus sicherzustellen. Ebenfalls
wird die Regelung unterstützt, dass Netzneutralität durch Wahrung des
'best-efforts-Prinzips', nach dem Datenpakete zu den gleichen
Bedingungen und mit der gleichen Geschwindigkeit bestmöglich
übertragen werden, ohne Rücksicht auf ihren Inhalt, ihren Ursprung
und ihr Ziel, erfolgen soll.

9. Der Ausschuss für Rundfunkentwicklung/WDR-Rundfunkrat wird sich
auch über das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zur TKG-Novelle hinaus
zukünftig intensiv mit der Netzneutralität befassen, da mit ihr
langfristig entscheidende Fragen zur Zukunft der Mediendistribution
und zur Kommunikation in der Gesellschaft verbunden sind.



Pressekontakt:
Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats
Appellhofplatz 1
50667 Köln
E-Mail: rundfunkrat@wdr.de
Tel: 0221/220-5600


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