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Lausitzer Rundschau: Ein gelungenes Experiment Zu 20 Jahren Stasi-Unterlagengesetz

Geschrieben am 28-12-2011

Cottbus (ots) - Dass vor zwanzig Jahren in Deutschland ein
ungewöhnliches Experiment im Umgang mit der schmerzlichen
Vergangenheit einer Diktatur begann, haben wir vor allem denen zu
verdanken, die im Herbst 1989 der SED-Herrschaft durch Massenproteste
ein Ende setzten. Denn diese Proteste richteten sich auch gegen die
Stützpunkte der DDR-Geheimpolizei und fanden ihren Höhepunkt in der
Besetzung der Stasi-Zentrale in Berlin. Damit gelangten riesige
Aktenberge zunächst in die Hände der Bürgerbewegung und im vereinten
Deutschland in die Verwahrung der Bundesregierung. Das Gesetz, das in
den letzten beiden Jahrzehnten den Umgang mit diesen Papieren regelt,
ist geprägt von den ostdeutschen Schlussfolgerungen an der Herrschaft
der Kommunisten. Viele westdeutsche Politiker hätten eine
vollständige Vernichtung der Akten bevorzugt - nicht zuletzt wegen
der Details zu ihrem Wirken, die sich dort niederschlugen. Im
Ausland gilt der deutsche Weg der Aktenöffnung längst als
nachahmenswertes Modell. Bei uns dagegen fällt die Bewertung des
offenen Umgangs mit den Stasi-Papieren und der damit notwendigen
Einführung der Institution eines Bundesbeauftragten sehr
unterschiedlich aus. Man kann sich mit guten Gründen darüber
streiten, ob die mit der Öffnung der Akten einhergehende Überprüfung
von Millionen von Menschen auf eine frühere Zusammenarbeit mit der
Stasi nicht zu viel Raum eingenommen hat. Sie war für den Aufbau
einer respektierten öffentlichen Verwaltung in den neuen
Bundesländern unabdingbar. Aber sie hat in so manchen Fällen auch zu
neuen Ungerechtigkeiten geführt. Denn es ist nur schwer zu verstehen,
dass einstige Spitzel mit erheblichen Nachteilen zu rechnen hatten,
hohe SED-Funktionäre dagegen eine zweite Chance erhielten. Unstrittig
aber sollte sein, dass der Zugang der Menschen zu den über sie
angelegten Überwachungsakten eine ganz einmalige und heilsame Form
des Geschichtsunterrichts war. Hunderttausende wissen inzwischen aus
ganz persönlichen Erfahrungen, wie Diktaturen mit ihrem engen
Geflecht von Lügen, Verleumdungen und Misstrauen die Menschen
erniedrigen. Dieses Wissen um die beinahe grenzenlose Arroganz der
Macht ist Teil des familiären Erbes geworden und wird in der einen
oder anderem Form weitergereicht. Damit ist auch klar, wer die
wirklichen Nutznießer dieses insgesamt gelungenen Experiments der
Aktenöffnung sind. Den Menschen wurde das zurückgegeben, was ihnen
einst durch die Aktivitäten der Stasi geraubt worden war - die
selbstbestimmte Sicht auf das eigene Leben.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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