WAZ: Der Doktor ist kein Titel. Kommentar von Christopher Onkelbach
Geschrieben am 19-01-2012 |
Essen (ots) - Die Grünen wollen den Doktor aus dem Personalausweis
verbannen. Das ist keine Kleinigkeit, greifen sie doch vielen
Akademikern an eine empfindliche Stelle ihres Selbstwertgefühls. Der
Doktorgrad gilt manchen nicht nur als Quelle für Ansehen und Status,
sondern auch als Voraussetzung ihres beruflichen Fortkommens. Was ist
ein Arzt, was ein ehrgeiziger Anwalt ohne "Dr."? Da soll der Titel
auf Türschildern glänzen und auf Visitenkarten prangen. Mit
Wissenschaft hat das nichts zu tun. Jene aber, die nicht allein die
wissenschaftliche Neugier zum Titel trieb, sondern eine akademische
Verzierung ihres Namens als Karrierebeschleuniger suchten,
unterliegen einem verbreiteten Missverständnis. Der Doktortitel ist
der Nachweis, einen nennenswerten Beitrag für die Forschung geleistet
zu haben. Er ist ein akademischer Grad und eben kein Titel wie etwa
"Freiherr", und somit auch nicht Teil des Namens. In den Pass gehört
er daher nicht hinein. Und doch ist der Doktor für den Aufstieg in
Führungspositionen von großem Wert. Daher überrascht es kaum, dass
Promotionen oft von Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern
angestrebt werden - um die Mediziner mal außen vor zu lassen. Der
meist geringe Erkenntnisertrag wird mit gesteigerter Reputation
vergolten. Und so lange dies gut funktioniert, machen sich die Grünen
mit ihrer Idee einflussreiche Feinde.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
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