Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum politischen Kräftemessen nach dem Ende der Jamaika-Koaltion im Saarland
Geschrieben am 20-01-2012 |
Bielefeld (ots) - Kraftprobe an der Saar. CDU und SPD wollen es
wissen, FDP und Grüne müssen sich nolens volens stellen, und die
Linke nutzt die Chance, als wichtigster Nebendarsteller zu punkten.
Stimmen zwei Drittel der 51 Mitglieder des Landtags für dessen
Auflösung, könnte schon Ende März gewählt werden. CDU-Vorfrau
Annegret Kramp-Karrenbauer und SPD-Chef Heiko Maas sind sich einig.
Nachdem die Ministerpräsidentin ihre Jamaika-Koalition am
Dreikönigstag mit dem lautest möglichen Paukenschlag platzen ließ,
muss sie jetzt den zweiten Schritt tun. Es liegt nahe, dass Kanzlerin
Angela Merkel diese Konsequenz ins Kalkül gezogen hat. Jetzt hat auch
SPD-Chef Sigmar Gabriel seinen Segen erteilt. Damit kann
Oppositionsführer Maas den von seiner Partei ausgeübten Druck auf
rasche Neuwahlen zu seinem eigenen Projekt erheben. Ursprünglich
wollte die SPD den nächstfälligen Urnengang um ein Jahr auf den
Bundestagswahltermin 2013 vorziehen. Jetzt heißt die Devise aus
Berlin - von SPD und CDU -, er oder sie wähle bald und rette sich,
wer kann. Chancen, stärkste Partei zu werden, bestehen für die SPD,
sind aber mitnichten zwingend. Denn die Oskar-Show von
Linksfraktionschef Lafontaine dürfte Maas den Lauf vermasseln. Statt
mit Kramp-Karrenbauer um die politische Mitte zu ringen, könnte sein
eigener linker Flügel mit den in Hass-Liebe verbundenen dunkelroten
Sozialisten flirten. Lafontaines Bedingungen sind glasklar:
Versprechungen aus dem Schlaraffenland und nicht die von Maas als
unvermeidbar eingeschätzte Sparpolitik. Solchermaßen irritiert
dürften die Sozialdemokraten wieder nur Platz zwei belegen. 2009 kam
die CDU auf 34,5 Prozent, die SPD gewann exakt zehn Punkte weniger.
Der untereinander aufzuteilende Kuchen dürfte diesmal jenseits der
60-Prozent-Marke liegen, und damit ist eine große Koalition am
wahrscheinlichsten. Für Rot-Grün wird es kaum reichen, Rot-Rot-Grün
bliebe Option Nummer zwei. Mit großem Interesse dürfte auch Wolfgang
Kubicki, FDP-Chef in Schleswig-Holstein, auf das Zwergbundesland im
Südwesten blicken. Der nicht nur zwischen den Meeren umtriebige
Liberale muss sich am 6. Mai bei den ursprünglich bundesweit einzigen
Landtagswahlen 2012 stellen. Werden seine nicht sonderlich
geschätzten Parteifreunde in Saarbrücken vorfristig und
stellvertretend für Rösler, Döring und Co. abgestraft, wird Kubicki
seine Minimalchance zum Verbleib im Kieler Landtag groß
herausstellen. Bliebe noch das begrenzt strapazierfähige Verhältnis
von Union und FDP im Bund. Hier wird der Ton deutlich schärfer. Der
Schmerz der an der Saar verstoßenen Partei sitzt tief. Das fordert in
der FDP jene Lautsprecher, die ohnehin wiederbelebt werden sollen.
Der Wahlkampf untereinander lockt aber auch die Holzhacker bei der
Union. Nicht gut für die Koalition, begrenztes Risiko für Merkel.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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