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Börsen-Zeitung: Der Erfolg verpflichtet, Kommentar zu den rekordhohen deutschen Exporten 2011, von Reinhard Kuls.

Geschrieben am 08-02-2012

Frankfurt (ots) - Mit einem lachenden und einem weinenden Auge
blickt Deutschland auf seine wirtschaftliche Paradedisziplin, den
Export. Zum einen brachte der Dezember mit einem bitteren Einbruch um
4,3% das größte monatliche Minus seit drei Jahren, als die weltweite
Finanz- und Wirtschaftskrise Deutschland den schärfsten
Wachstumseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg beschert hatte. Zum
anderen übersprangen 2011 die deutschen Exporteure erstmals die
Umsatzmarke von 1 Bill. Euro.

Egal, ob man nun der schwarzmalenden oder der erfolgsglänzenden
Lesart folgt, es ist eine rückwärtsgewandte Betrachtung. Tauglich ist
sie nur insofern, als man überprüfen muss, ob dem Absturz zum
Jahresende strukturelle Fehler in der deutschen Exportwirtschaft
zugrunde liegen. Diese gälte es auszumerzen, wollte man eine weitere
Talfahrt verhindern. Die Antwort lautet: Nein, die deutsche Industrie
hat nichts falsch gemacht, was ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihr
Güterangebot anbelangt. Was gefehlt hat, ist schlicht die Nachfrage.
Die Staatsschuldenkrise in vielen Industrieländer macht der dortigen
Konjunktur zu schaffen. Da es sich dabei um wichtige Kunden der
deutschen Exporteure handelt, schlägt dies auf die hiesige Wirtschaft
durch.

Tauglich ist der Blick zurück auch insofern, als es doch eine
Lehre für die Zukunft zu ziehen gilt. Bei allen Verkaufserfolgen im
Ausland, die ja ihre segensreiche Wirkung auf die Investitionen und
Arbeitsplätze hierzulande haben, ist die deutsche Volkswirtschaft
doch zu exportlastig. Sie ist dem "Boom and Bust" der globalen
Konjunktur fast schutzlos ausgeliefert - es sei hier nochmals an die
scharfe Rezession von 2008/2009 erinnert.

Nach wie vor, vielleicht auch noch dringlicher als bislang schon,
gilt es für Deutschland, die Binnennachfrage zu stärken. Das fängt
beim Lohnbrutto an, dem aber wegen der weiterhin geforderten
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen Grenzen gesetzt sind.
Und das hört beim Lohnnetto auf - doch stößt man auch hier schnell an
Limits angesichts der deutschen Staatsfinanzen. Denn mag auch die
öffentliche Neuverschuldung gegen null tendieren, es bleibt als
Hemmschuh die hohe Schuldenlast von über 80% der Wirtschaftsleistung.
Auf Dauer ist dies nicht tragbar und sollte daher eher schneller als
langsamer abgebaut werden.

Selbst wenn Deutschland Fortschritte in Richtung einer
ausgewogeneren Wirtschaftsstruktur gelingen, brauchen sie Zeit. Harte
Rückschläge auf dem Weg dahin stehen zu befürchten.

(Börsen-Zeitung, 9.2.2012)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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