(Registrieren)

Frankfurter Neue Presse: Griechenland "Feuerbestattung des Sparprogramms" Leitartikel von Panagiotis Koutoumanos

Geschrieben am 13-02-2012

Frankfurt am Main (ots) - Den Flammen der gewaltsamen
Ausschreitungen, die Athen in der Nacht zum Montag erlebt hat, sind
höchstwahrscheinlich nicht nur zahlreiche Gebäude zum Opfer gefallen.
Vielmehr steht zu befürchten, dass die Unruhen, die die Innenstadt
erschütterten, letztlich einer Feuerbestattung des Sparprogramms
gleichkommen, das in dieser Nacht auf Druck der Troika vom
griechischen Parlament verabschiedet worden ist.

Welche Partei sollte es angesichts dieser Proteste ausgerechnet
jetzt - vor den leider kurz bevorstehenden Wahlen - wagen, sich für
die Durchsetzung der neu beschlossenen Einsparungen einzusetzen? Nach
wie vor scheint den meisten Mitgliedern der Regierungsparteien die
eigene Zukunft mindestens genauso wichtig zu sein wie die des ganzen
Landes. Davon zeugen nicht nur die zahlreichen Abweichler aus dem
sozialistischen und konservativen Lager der Einheitsregierung, von
denen wohl nur die wenigsten eine ehrliche Gewissensentscheidung
gefällt haben. Davon zeugen auch viele Regierungsmitglieder, die sich
in öffentlichen Ansprachen gegen Teile des Sparprogramms stemmen,
diese dann aber klammheimlich doch mit absegnen. Nea-Demokratia-Chef
Antonis Samaras hat sich mit solcher Heuchelei genauso hervorgetan
wie die ultrakonservative LAOS, die nach erdrutschartigen Verlusten
in den jüngsten Umfragen versucht, dem Volk Sand in die Augen zu
streuen. Da mögen die Regierungsparteien der Forderung der Troika
nachkommen und ihre Unterschriften unter das Sparpaket setzen - ihnen
geht es vor allem darum, den unmittelbaren, ungeordneten Bankrott des
Landes zu verhindern. Sollten die Wahlen tatsächlich Ende April
stattfinden, dürfte die politische Landschaft Griechenlands ohnehin
eine ganz andere sein.

Der Protest weiter Teile der griechischen Bevölkerung gegen
schmerzhafte Einsparungen hat schon in der Vergangenheit den ohnehin
schwach ausgeprägten Reformwillen der politischen Elite gebrochen, so
dass nun noch schmerzhaftere Maßnahmen nötig geworden sind. Seinen
Ursprung hat dieser Teufelskreis jedoch in den falsch konstruierten
Hilfspaketen selbst. Mit dem ersten scheiterte die Troika schon
deshalb, weil sie damit versuchte, eine Liquiditätskrise zu
bekämpfen, obwohl sie es damals schon mit einer Solvenzkrise zu tun
hatte. Dieses Problem ist inzwischen erkannt. Aber immer noch immer
liegt der Fokus auf Gehalts- und Rentenkürzungen sowie
Steuererhöhungen, fehlen ausreichende Wachstumsimpulse. So rutscht
das Land immer tiefer in die Rezession, rückt die Erholung der
griechischen Wirtschaft in immer weitere Ferne. Und nicht zu Unrecht
herrscht inzwischen auch außerhalb Griechenlands die Meinung vor,
dass die Troika Maßnahmen erarbeitet, die in Export-Staaten wie
Deutschland oder Irland funktionieren könnten, aber nicht in einer
griechischen Wirtschaft, deren Ausfuhren nur 19 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts ausmachen.

Die traurige Ironie dieses Missverständnisses ist indes, dass mit
der zunehmenden Verschlechterung der griechischen
Wirtschaftssituation nicht nur die Geduld der Griechen schwindet, die
sich inzwischen erniedrigt sehen, sondern auch der Geberländer wie
Deutschland, die sich ihrerseits inzwischen ausgenommen fühlen.
Insofern verwundert es nicht, dass die Koalitionspartner der CDU nun
offen über eine mögliche Insolvenz des siechen Mittelmeerlandes
spekulieren. Das nun diskutierte zweite Griechenland-Paket werden sie
Ende des Monats wohl mit abnicken. Aber die Meinung, dass der
bisherige Griechenland-Plan nicht funktioniert, gewinnt in der
Regierung immer mehr Anhänger, so dass nun doch ein Plan B ernsthaft
ins Auge gefasst werden könnte: die geordnete Insolvenz Griechenlands
innerhalb der Eurozone.



Pressekontakt:
Frankfurter Neue Presse
Chef vom Dienst
Peter Schmitt
Telefon: 069-7501 4407


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

378142

weitere Artikel:
  • Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 14. Februar das Turiner Asbest-Urteil: Bremen (ots) - Auf den ersten Blick ist der Fall wie gemacht für ein gestochen scharfes Schwarz-Weiß-Bild: Hier die gewissenlosen, nur auf Profitmaximierung bedachten Unternehmer, dort die arglosen, todgeweihten Opfer oder schon deren Hinterbliebene. Doch ganz so simpel ist es nicht. 1966, als Eternit die Produktion in Italien aufnahm, galt Asbest noch als hochmoderner, wunderbarer Werkstoff, extrem hitzebeständig und gut isolierend. Seine heimtückische Gefährlichkeit blieb lange unerkannt - in Norditalien ebenso wie im Herkunftsland mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Begriff Ehrenmord Bielefeld (ots) - Sie, knapp 30, ist aus Pakistan geflohen. »In Deutschland, so dachte ich, bin ich sicher.« In ihrer Heimat ist sie das nicht mehr, seit sie gegen den Willen ihres Vaters geheiratet hat. Weil sie an ihrer Ehe festhielt, ließ der Vater zunächst ihren Mann und dann noch zwei weitere Verwandte umbringen. Auch sie selbst ist mehrmals nur knapp den gedungenen Mördern entkommen. Ihr angebliches Verbrechen: Die junge Frau hat mit ihrer Hochzeit die »Ehre« der Familie verletzt. Inzwischen ist sie sich nicht mehr ganz so mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Abgabe für Kinderlose Bielefeld (ots) - Kinderlose sollen künftig eine Strafabgabe zahlen! Das fordert eine Gruppe junger Unionspolitiker. Nun hätte man diese bereits in diversen Sommerlöchern versenkte Idee mit dem Mantel des Schweigens bedecken können. Doch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kündigt an, sich die Sache unvoreingekommen ansehen zu wollen. Was aber mag eine solche Prüfung ergeben? Erstens: Kinderlose subventionieren Familien schon heute über einen höheren Steuersatz und über ihre Krankenkassenbeiträge. Zweitens: Wer mehr Kinder in Deutschland mehr...

  • Rheinische Post: Kirch-Streit zu Ende Düsseldorf (ots) - Der Streit zwischen der Deutschen Bank und Leo Kirch kennt keine Sieger und Verlierer. Kirch hat zu Lebzeiten die Pleite seines gigantischen Medienimperiums nie wirklich verwunden, auch wenn er danach noch einmal einen Neuanfang wagte. Rolf Breuer hat der Streit den Rest seiner Karriere bei der Deutschen Bank gekostet. Und deren Image litt gewaltig darunter, dass ihr Chef sträflich fahrlässig über Kirchs Bonität sinnierte. Alle Beteiligten können also froh sein, wenn der Streit beendet wird. Zwar dürfen sich Kirchs mehr...

  • RNZ: Kinderbonus Heidelberg (ots) - Die Rhein-Neckar-Zeitung kommentiert den Vorschlag einer Sonderabgabe von Kinderlosen: "Kinder kosten Zeit und Geld. Eltern haben Ausgaben für Windeln, Kleidung, Kita, Schule, Spielzeug. Kinderlose nicht. Eltern, meist die Mütter, verzichten auf Karrierechancen - Kinderlose müssen das nicht. Im Alter haben sie die gleichen Ansprüche auf Pflege und Verpflegung durch eine Generation, die von den einen aufgezogen wurde, von den anderen nicht. Der neue Vorschlag aus der Union sieht darin ein Ungleichgewicht, das mit einem mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht