Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 23. Februar 2012 das Scheitern der internationalen Atominspektoren in Iran:
Geschrieben am 22-02-2012 |
Bremen (ots) - Es stinkt nach Krieg
von Joerg Helge Wagner
Im zweiten Golfkrieg 1991 wurden israelische Städte mit irakischen
Mittelstreckenraketen beschossen, obwohl Israel an dem Feldzug gegen
Diktator Saddam Hussein gar nicht beteiligt war. Bis zum Aufschlag
konnte niemand mit Gewissheit sagen, ob die Sprengköpfe nicht doch
Kampfgas oder Bakterien enthielten. Die von den USA und Deutschland
gelieferten "Patriot"-Abwehrraketen erwiesen sich zudem als wenig
wirksam. Trotzdem verzichtete der jüdische Staat auf aktive
Gegenwehr: Die raschen Erfolge der alliierten Streitkräfte im Irak
stärkten das Vertrauen in die große Schutzmacht USA. Das gibt es
heute nicht mehr. Im Weißen Haus sitzt ein Präsident, der vor allem
zwei lange orientalische Kriege in Irak und Afghanistan zügig beenden
will und der keineswegs scharf ist auf einen dritten Waffengang gegen
einen hochgerüsteten, unberechenbaren Gegner. In Westeuropa will man
spätestens ab dem Sommer kein iranisches Öl mehr einführen - das
beeindruckt weder Iraner noch Israelis, da die EU das meiste schwarze
Gold ohnehin aus anderen Quellen bezieht. Die jüngste Abfuhr für die
internationalen Atominspektoren in Teheran beweist, wie stumpf das
Schwert Boykott ist. Erst recht, wenn sich die Israel-Hasser im Iran
immer noch auf den Beistand der Großmächte Russland und China
verlassen können. Aber auch der ist relativ: Moskau und Peking
hintertreiben den Boykott, weil es gut für ihre Geschäfte ist - in
einen verlustreichen Krieg zur Unterstützung eines islamistischen
Regimes würden sie sich jedoch niemals verwickeln lassen. Das weiß
man in Washington wie in Jerusalem. Und man weiß dort auch, dass
jeder Tag fruchtloser Verhandlungen die Chancen schmälert, das
iranische Atomwaffenprogramm am Ende doch noch militärisch zu
bremsen. Dass der Iran an einem solchen Programm arbeitet, haben die
internationalen Inspektoren der Welt bereits Anfang November
schriftlich gegeben. Nun kann Israel nicht mehr wie 1991 auf
Gasmasken, Bunker und Abwehrraketen vertrauen. Man wird kaum
abwarten, bis Teheran nach weiteren Monaten des Hinhaltens plötzlich
ganz offiziell den ersten Atombombentest verkündet. Noch sind die
Voraussetzungen für ein militärisches Vorgehen günstig: Syrien und
Irak sind so mit sich selbst beschäftigt, dass sie einen Überflug
israelischer Jets und Marschflugkörper gar nicht verhindern könnten.
Es stinkt nach Krieg am Golf, und dies wird definitiv kein Krieg ums
Öl - für Israel geht es um viel mehr, um die Existenz.
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Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
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