Keine Angst vor dem Pflichtteil / Notarielle Testamentsgestaltung schützt vor unliebsamen Überraschungen
Geschrieben am 23-02-2012 |
Hamburg (ots) - Wer etwas zu vererben hat, steht nicht nur vor der
emotionalen Entscheidung, wer was bekommen soll. Die große Frage ist,
wie der Erblasser rechtzeitig sicherstellen kann, dass seinen
Wünschen zur Aufteilung des Erbes nach seinem Tode Rechnung getragen
wird. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, errichtet ein notarielles
Testament. Dieses ist rechtssicher formuliert und der Erblasser
vermeidet juristische Stolperfallen. Denn häufig sind die
gesetzlichen Regelungen im Erbrecht anders, als viele es annehmen.
Insbesondere das Pflichtteilsrecht hat seine Besonderheiten, weshalb
man sich an den Fachmann wenden sollte.
Pflichtteil wird oft übersehen
Opa Wilhelm konnte kaum glauben, dass er nicht völlig frei über
sein hart erspartes Eigenheim in seinem Testament verfügen können
soll. Er war davon ausgegangen, dass er seinen jüngeren Sohn zum
Erben einsetzen könne und dass sein älterer Sohn, mit dem er seit
Jahren keinen Kontakt mehr pflegt, seinem Willen entsprechend nichts
erhalten würde. Der Notar klärte den älteren Herrn zum Glück über den
sogenannten Pflichtteil auf, der bewirkt, dass gewisse nächste
Angehörige nicht völlig leer ausgehen dürfen, wenn sie im Testament
übergangen werden. Zwar kann Opa sein Haus seinem jüngeren Sohn
vererben, sein älterer Sohn hat aber das Recht, nach Opas Ableben,
von seinem Bruder einen Ausgleich in Geld zu verlangen - den
Pflichtteil.
Beachtung des Pflichtteils insbesondere bei Immobilienbesitz
wichtig
"Der Pflichtteil ist insbesondere dann tückisch, wenn das
Nachlassvermögen vor allem aus Sachwerten, wie Immobilien besteht",
weiß Dr. Steffen Breßler, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz,
aus der Beratungspraxis zu berichten. Der Pflichtteil besteht nämlich
nicht - wie man vom Begriff her vermuten könnte - in einer bestimmten
Beteiligung am Nachlass. Der Pflichtteilsberechtigte hat vielmehr
einen Anspruch gegen die testamentarisch eingesetzten Erben auf
Geldzahlung und zwar in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen
Erbrechts. "Um den Pflichtteilsberechtigten auszuzahlen, hat schon
mancher Erbe das die Erbschaft ausmachende Haus kurzfristig unter
Wert verkauft müssen. Das muss aber nicht sein, wenn man bei Zeiten
vorsorgt", erklärt Breßler.
Pflichtteilsentziehung meist wirkungslos -
Pflichtteilsverzichtsvertrag ratsam
Entgegen einem verbreiteten Irrglauben ist die Entziehung des
Pflichtteils kaum möglich. Die Pflichtteilsentziehung kann nur in
ganz besonderen Ausnahmefällen - z.B. bei der Begehung eines
strafrechtlichen Vergehens gegen den Erblasser, dessen Ehegatten oder
ihm nahestehenden Personen - erfolgen. Zwar wurden diese
Pflichtteilsentziehungsgründe im Zuge der jüngsten Erbrechtsreform
neu gefasst, doch genügt nach wie vor eine bloße Vernachlässigung des
Erblassers nicht, um eine Pflichtteilsentziehung zu begründen.
Während die Pflichtteilsentziehung in der Praxis nur eine sehr
geringe Rolle spielt, ist die Möglichkeit, in einem notariellen
Vertrag einen Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht zu erklären, viel
bedeutender. Ein solcher Verzicht kann entgeltlich oder unentgeltlich
erfolgen.
Verminderung des Pflichtteils durch Übergabevertrag lohnt sich
stärker nach neuem Recht
Zudem bieten sich Übergabeverträge an, um seine Lieben vor
unliebsamen Pflichtteilsforderungen der Verwandtschaft zu schützen.
Sind seit der Schenkung zehn Jahre verstrichen, bleibt die Übergabe
unberücksichtigt und dem Pflichtteilsberechtigten steht dann kein
sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch mehr zu. Innerhalb des
10-Jahres-Zeitraumes gilt seit 2010 eine gleitende Ausschlussfrist:
Je länger die Schenkung zurückliegt, desto weniger findet sie
Berücksichtigung. Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird
demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr nur noch
zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. Opa Wilhelm könnte sein
Häuschen also seinem älteren Sohn übertragen. "Jedes Jahr zählt.
Durch rechtzeitige Schenkungen lässt sich das Pflichtteilsrecht
mindern oder sogar gänzlich ausschließen", rät Breßler. Dabei ist
jedoch zu beachten, dass die Frist nicht zu laufen beginnt, sofern
sich der Schenker den Nießbrauch oder die Nutzung noch vorbehalten
hat. "Der Notar kann in solchen Fällen Gestaltungswege empfehlen, die
sowohl dem Sicherungsinteresse gerecht werden als auch den
Pflichtteilsergänzungsanspruch ausschließen", erläutert Breßler.
Bitte beachten Sie auch die Homepage: www.notar-recht.de
Pressekontakt:
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