ROG-Bericht "Feinde des Internets" zum Welttag gegen Internetzensur am 12. März 2012
Geschrieben am 12-03-2012 |
Berlin (ots) -
Sperrfrist: 12.03.2012 00:55
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Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist.
+++ SPERRFRIST: 12. März 2012, 00:59 Uhr +++
Zum Welttag gegen Internetzensur am 12. März veröffentlicht
Reporter ohne Grenzen (ROG) den aktuellen Bericht über die "Feinde
des Internets". Er beschreibt Staaten mit massiver Online-Überwachung
und dokumentiert deren Kontroll- und Zensurmaßnahmen. ROG zählt zwölf
Länder zu den Feinden des Internets, 14 weitere stehen "unter
Beobachtung".
Vor allem die Umbrüche in den arabischen Ländern haben gezeigt,
wie wichtig das Internet im Kampf gegen autoritäre Regime ist.
Kritische Blogger mobilisierten über soziale Netzwerke zum
Widerstand, Bürgerjournalisten füllten Lücken der Berichterstattung,
wo konventionelle Medien zensiert und ausländische Reporter nicht
zugelassen wurden. Viele Regierungen reagierten darauf mit
verschärfter Online-Überwachung und versuchten, kritische
Journalisten und Internetnutzer zum Schweigen zu bringen. Rund 120
Blogger und Online-Aktivisten sind derzeit weltweit in Haft, vor
allem in China, Iran und Vietnam.
DIE "FEINDE DES INTERNETS" 2012
Folgende zwölf Staaten zählt Reporter ohne Grenzen zu den Feinden
des Internets: Bahrein, Belarus, Birma, China, Kuba, Iran, Nordkorea,
Saudi Arabien, Syrien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam.
Online-Inhalte werden in diesen Ländern stark gefiltert, kritische
Blogger und Online-Journalisten ausfindig gemacht und unter Druck
gesetzt. Die Liste der "Feinde des Internets" ist im Vergleich zum
Vorjahr weitgehend gleich geblieben. Neu hinzugekommen sind in
Bahrein und Belarus. Dort hat sich die Lage stark verschlechtert.
Vor allem Iran und China haben die Internet-Überwachung im
vergangenen Jahr deutlich verstärkt. In China übt das Regime massiven
Druck auf private Internetfirmen aus, damit diese sie bei der Zensur
unterstützen. Iran hat ein eigenes "nationales Internet" angekündigt.
Sowohl im Iran als auch in Vietnam wurden im vergangenen Jahr
zahlreiche Online-Aktivisten festgenommen. Im Iran sitzen derzeit 20,
in Vietnam 18 von ihnen im Gefängnis. Der Iran unterstützt auch das
Regime in Syrien, das Berichte über die Niederschlagung der
Opposition unterdrückt, bei der Kontrolle des Internets. In
Turkmenistan hat die Staatsspitze den Informationskrieg 2.0 vorerst
gewonnen. Nordkorea hingegen kämpft damit, dass immer wieder
Kommunikationstechnik über die chinesische Grenze geschmuggelt wird.
In Kuba tragen Regierungsanhänger und Oppositionelle ihre
Auseinandersetzungen vor allem im Internet aus. Saudi Arabien setzt
derweil seine rigorose Online-Zensur fort. In Usbekistan setzten die
Behörden alles daran, Diskussionen über die arabischen Revolutionen
auf den Seiten von Uznet zu unterbinden. Bahrein wurde im vergangenen
Jahr nahezu vollständig von der internationalen Berichterstattung
abgeschnitten: Ausländische Journalisten kamen nicht ins Land,
Blogger wurden verhaftet. Auch in Belarus hat Präsident Alexander
Lukaschenko die Onlineüberwachung verstärkt, während sich das Land
immer weiter politisch isoliert.
Es gibt allerdings auch Zeichen der Hoffnung: In Birma hat das
Militär Journalisten und Blogger freigelassen und gesperrte Webseiten
freigegeben. Gesetze zur Internet-Überwachung sind jedoch nach wie
vor in Kraft und die technischen Möglichkeiten zur Kontrolle
weiterhin gegeben. ROG wird beobachten, ob Birma die begonnenen
Reformen fortsetzt. Dies könnte dazu führen, dass das Land bald nicht
mehr zu den "Feinden des Internets" gehört.
BEWEGUNG IN DER LISTE DER "LÄNDER UNTER BEOBACHTUNG"
Vierzehn Staaten stellt ROG im aktuellen Bericht "unter
Beobachtung". Dazu gehören Australien, Ägypten, Eritrea, Frankreich,
Indien, Kasachstan, Malaysia, Russland, Südkorea, Sri Lanka,
Thailand, Tunesien, Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Neu hinzugekommen sind in diesem Jahr Indien und Kasachstan. In
Indien hat die Regierung die Onlineüberwachung seit den
Bombenanschlägen in Mumbai 2008 verschärft. Das kasachische Regime
überwacht das Internet seit gewalttätigen Zusammenstößen bei
Ölarbeiterstreiks im Südwesten des Landes besonders stark.
Venezuela und Libyen hingegen stehen nicht länger auf der Liste
der "Länder unter Beobachtung". In Libyen ging mit dem Sturz Muammar
al-Gaddafis eine Ära der Zensur zu Ende. Ein Gesetz von 2011 in
Venezuela, das eine Gefahr für Internetfreiheit darstellen könnte,
hat in der Praxis bisher kaum negative Folgen gehabt. Der Zugang zum
Internet ist weitgehend frei.
Thailand läuft Gefahr, bald zu den "Feinden des Internets" zu
gehören, sollte es weiterhin massiv Online-Inhalte filtern und
Netzaktivisten wegen Beleidigung der Obrigkeit verhaften.
WEITERE LÄNDER
Auch in Ländern, die dieser Bericht nicht erwähnt, ist das
Internet oft nicht vollständig frei, werden kritische Nutzer verfolgt
und Online-Inhalte kontrolliert. ROG beobachtet insbesondere die
Situation in Aserbaidschan, Marokko, Pakistan und Tadschikistan sehr
genau.
INTERVIEWANGEBOTE
Matthias Spielkamp, Reporter ohne Grenzen Matthias Spielkamp,
Mitglied des ROG-Vorstands, lebt als freier Journalist, Blogger,
Referent und Berater in Berlin. Als Journalist schreibt er vor allem
über die Themen Internet-Politik, soziale und gesellschaftliche
Aspekte der Digitalisierung und Urheberrecht. Spielkamp betreibt
mehrere Online-Portale und Blogs wie das immateriblog sowie
Irights.info. Als Experte für Online-Journalismus und Urheberrecht
ist er zudem als Berater, Sachverständiger und Trainer tätig.
Matthias Spielkamp hat Philosophie, Politik, Volkswirtschaft und
Journalismus studiert.
Galima Bukharbaeva, Uznews (spricht englisch und russisch) Galima
Bukharbaeva ist Chefredakteurin von uznews.net, einer unabhängigen
Nachrichtenseite im Exil, die zu den wichtigsten Informationsquellen
über Usbekistan gehört. Nach der brutalen Niederschlagung eines
Aufstands im ostusbekischen Andischan 2005 musste Bukharbaeva das
Land verlassen. Sie absolvierte ein Studienjahr in den USA und
erhielt für ihre Berichterstattung über das Massaker von Andischan
den Press Freedom Award 2006. Heute arbeitet Bukharbaeva von Berlin
aus mit einem Netzwerk unabhängiger Journalisten in Usbekistan
zusammen. Die Mitarbeiter von Uznews berichten aus Sicherheitsgründen
anonym. Die Nachrichtenseite wird in Usbekistan von der Regierung
blockiert. Leser im Land können sie nur über Proxyserver aufrufen. In
Usbekistan, das Staatschef Islam Karimow autoritär regiert,
existieren keine unabhängigen Medien. Ende Februar war Uznews
massiven Hackerangriffen (DDoS-Attacken) aus dem asiatischen Raum
ausgesetzt und konnte mehrere Tage nur eingeschränkt arbeiten. Als
Grund für die Attacke vermutet Bukharbaeva kritische Artikel über ein
Attentat auf einen usbekischen Oppositionellen in Schweden, in das
möglicherweise der usbekische Geheimdienst verwickelt war.
Die englische Fassung des Berichts "Feinde des Internets" finden
Sie in Kürze unter: http://bit.ly/zMYuf2
Die internationale ROG-Informationsseite zum Welttag gegen
Internetzensur finden Sie unter: http://march12.rsf.org/en/#ccenemies
Die Internetberichte der vergangenen Jahre finden Sie unter:
http://bit.ly/ztUU8s
TERMINHINWEIS NETIZEN-PREIS:
Am Montag, 12. März, zeichnet ROG einen Blogger oder
Online-Journalisten für sein Engagement für Meinungsfreiheit im
Internet mit dem Netizen-Preis aus. Er wird am Abend in Paris
verliehen. ROG stellt den Gewinner am Montag in einer
Pressemitteilung vor (Sperrfrist 12. März, 19 Uhr). Eine Liste der
Nominierten finden Sie unter: http://bit.ly/ytI0MN.
Pressekontakt:
Ulrike Gruska Pressearbeit Tel.: 030 / 202 15 10 - 16 Mob.: 01578
/ 758 75 75 presse@reporter-ohne-grenzen.de
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska
Pressearbeit
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 202 15 10 - 16
F: +49 (0)30 202 15 10 - 29
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