DER STANDARD-KOMMENTAR "Der Fleck pickt" von Otto Ranftl
Geschrieben am 12-03-2012 |
Ausgabe vom 13.3.2012
Wien (ots) - Schon wieder vorbei. Das kosmische Fenster, das wohl
doch einige Schüler hoffen hat lassen, im Nachhinein aus einem Pinsch
einen Vierer machen zu können, hat sich schnell geschlossen. 60 neue
Prozent sind gerade so viel wie 50 alte, hat das
Unterrichtsministerium klargestellt. Mit überzeugender Logik werden
die Zweifel an der korrekten Vergabe von Schularbeitsnoten
ausgeräumt.
Wer in die Tiefen der Reformen eindringt, die den Weg zur
Zentralmatura bereiten sollen, wird das verstehen. Es gibt nun für
Schüler und Lehrer vorgefertigte Teilaufgaben, fertige Fragen und
vorgefertigte Antwortmöglichkeiten, Lehrer füllen Listen aus, alles
ist sehr raffiniert geworden.
Sorgen müssen sich aber nicht Schüler und nicht Eltern: Lehrer, die
im neuen System richtig rechnen, kommen zum selben Ergebnis wie
früher. Sinn ist darin zu suchen, dass mittels komplexer Verfahren
mehr Vergleichbarkeit der schulischen Leistungen erreicht werden
könnte.
Überraschend ist, dass die Entwicklung nicht nur den Gegnern der
Reform in Eltern- und Lehrerschaft zu schnell geht, sondern auch der
Ministerialbürokratie. Die Schulversuche laufen seit Jahren, an einer
neuen Verordnung etwa zur Leistungsbeurteilung wird erst noch
gearbeitet.
Bis zur Fertigstellung der segensreichen Verordnungstätigkeit gilt:
Die Ausnahme ist die Regel. Darin hat man in diesem Land ja Übung.
Mit einigem Staunen ist festzustellen, welche Traditionen in jeder
Reform weiterleben.
Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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