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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Grimme-Preise:

Geschrieben am 13-03-2012

Bielefeld (ots) - Seit Jahren dasselbe Bild: RTL ist zwar der
meistgesehene Sender der Deutschen, aber die öffentlich-rechtliche
Konkurrenz räumt die Grimme-Preise ab. Elf von zwölf »Fernseh-Oscars«
gehen 2012 an ARD und ZDF. Nur einer an den Privatsender Tele5, gar
keiner an RTL. Was sagt das über Qualität im Fernsehen und die
Strategie der Sender aus? Ware für die Masse trifft auf
vergleichsweise wenige Produktionen mit Anspruch. Für erstere
kassiert RTL Werbeerlöse, für letztere ARD und ZDF Preise. Weil RTL
nicht durch Rundfunkgebühren gefüttert wird, setzt der Kölner
Privatsender auf massentaugliche Formate, die damit für die werbende
Wirtschaft interessant sind. Bei »Wer wird Millionär?«, »Stern TV«
oder US-Serien wie »CSI« und »Dr. House« stimmt auch die Qualität,
aber das gilt für vieles im Programm leider nicht. Bei den Privaten
dominieren seichte Unterhaltung mit Castingshows und Comedy sowie
Dokusoaps über Messies, Fettleibige und einsame Bauern. Seit dem
Start der Privaten vor gut einem Vierteljahrhundert ist das
TV-Programm in Deutschland nicht vielfältiger, sondern niveauärmer
und boulevardesker geworden. Vermeintliche Minderheitenprogramme wie
aufwändige Dokumentationen meiden die Privaten, und
Nachrichtensendungen sind etwa bei Sat1 und Pro7 längst zum
notwendigen Übel verkommen, um sich weiter Vollprogramm nennen zu
dürfen. Angesichts von viel Mist kommt den Grimme-Preisen eine umso
größere Bedeutung zu. Sie sind Indikator für Qualitätsfernsehen,
Zeichen dafür, wie bereichernd Programme sein können. Damit erinnert
das Grimme-Institut an die ursprüngliche, aber zunehmend in
Vergessenheit geratene Aufgabe des Fernsehens, zu informieren, zu
bilden und aufzuklären. Unterhalten soll es natürlich auch - aber
bitte nicht hirnlos. Wer jetzt erwidert, die Menschen wollten doch
die Dokusoaps der Privaten, denn sonst würde es nicht so viele davon
geben, begeht einen Denkfehler. Den Zuschauern werden deshalb so
viele Scripted-Reality-Formate vorgesetzt, weil sie für wenig Geld
produzierbar sind. Den Zuschauern wird gleichzeitig vorgegaukelt,
Dokusoaps seien das Fernsehen von heute. Trotz des Preisregens können
sich die Öffentlich-Rechtlichen nicht selbstzufrieden zurücklehnen.
Auch wenn ARD und ZDF sich gemäß ihrem Auftrag stärker als die
Privaten Information und Anspruch verpflichtet fühlen und sich dank
Gebühren Minderheitenprogramme leisten können, offenbaren die
Quizshow-Flut und das Dauergelaber der ARD-Talker gleichzeitig einen
Mangel an neuen Ideen. Zudem ist auch bei ihnen der Trend zum
Seichten, etwa bei den belanglosen ARD-Filmen am Freitagabend,
unverkennbar. Grimme-Preise sind kein Ruhekissen, sondern Mahnung.
Die Deutschen saßen 2011 im Schnitt täglich 225 Minuten vor der
Glotze - so lange wie noch nie. Sie haben Qualität verdient.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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