Weser-Kurier: Kommentar zu Joachim Gaucks Antrittsrede
Geschrieben am 23-03-2012 |
Bremen (ots) - Kann man einen neuen Bundespräsidenten aus seinen
Vorgängern destillieren? Mit seiner Antrittsrede hat Joachim Gauck
gestern durchaus den Eindruck erweckt, dass dies möglich sei.
Essentielle Anliegen früherer Hausherren im Schloss Bellevue tauchten
in Serie auf: Versöhnen statt spalten von Johannes Rau, Richard von
Weizsäckers offenes Eingeständnis der historischen Schuld an
Verbrechen in deutschem Namen, Roman Herzogs Bekenntnis zu den
Chancen der Freiheit, Christian Wulffs Wille, Deutschland als
Einwanderungsland zu gestalten. Natürlich fehlte auch Theodor Heuss'
unbedingtes Ja zu Europa nicht, ebenso wenig Gustav Heinemanns
Eintreten für eine sozial gerechte Gesellschaft. War es deshalb eine
schwache Rede, gar ein zusammengeklaubtes Plagiat? Natürlich nicht.
Gauck hat sich zu Einsichten bekannt, die heute von einer breiten
Mehrheit geteilt werden, die seine Vorgänger aber in ihrer jeweiligen
Zeit geradezu vorgedacht haben. Auf diese Weise sind sie ihrem Amt
zum Teil auf hervorragende Weise gerecht geworden - einem Amt, dass
aufgrund seines merkwürdigen Zuschnitts eigentlich eine Zumutung für
jeden Inhaber ist und dessen Berechtigung deshalb auch infrage
gestellt werden darf. Gauck, ein im besten Sinne Intellektueller,
weiß das natürlich. Also ist es fast schon ein Akt der Demut, wenn er
sich so offensichtlich auf seine Vorgänger bezieht. Er schafft damit
genau das, was er offen beabsichtigt: Vertrauen. Wenn er sich dies
jedoch als "Geschenk" für die Politiker wünscht, liegt er einen
halben Ton daneben: In einer gefestigten Demokratie ist Vertrauen
gegenüber den politisch Verantwortlichen eine Leihgabe. Immer. Was
Gauck deutlich von seinen Vorgängern unterscheidet, ist der ebenso
selbstverständliche wie selbstbewusste Patriotismus, der aus seiner
Rede spricht. Ein gutes Signal: Nur wer sein Land wertschätzt, ist
auch in der Lage, es einladend und offen zu gestalten. Merkwürdig
unscharf blieb Gauck indes zur Rolle dieses Deutschlands in der Welt,
zu seiner Verantwortung jenseits von Europa. Man wünscht sich dazu
eine weitere Rede, die Klarheit schafft, wo Horst Köhler scheiterte.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
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