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Börsen-Zeitung: Lieber altbacken als sexy, Kommentar zu den Bilanzpressekonferenzen von Helaba und BayernLB, von Bernd Wittkowski.

Geschrieben am 29-03-2012

Frankfurt (ots) - Wenn's dem Esel zu wohl wird, geht er auf's Eis.
Die Helaba hat 2011, der Staatsschuldenkrise und anderen Widrigkeiten
zum Trotz, ein Rekordergebnis erzielt. Und nun ein Umbau des
Vorstands? Ist das Hybris, vielleicht auf der Trägerseite? An der
Leistung im abgelaufenen Geschäftsjahr kann es kaum liegen, wenn die
Vertragsverlängerungen für den stellvertretenden
Vorstandsvorsitzenden Johann Berger und Vorstandsmitglied Gerrit
Raupach bisher nicht erfolgt sind, obwohl es dafür an der Zeit wäre.
Solche Signale des Verwaltungsrats oder einer Mehrheit des Gremiums -
im Fall der Helaba 36 Mitglieder, davon ein Drittel
Arbeitnehmervertreter - werden ja in aller Regel nicht unabsichtlich
oder zufällig gesetzt.

Da alle Beteiligten schweigen oder dementieren, nicht einmal
verraten wollen, um wen es überhaupt gehen könnte, lässt sich über
die Hintergründe nur spekulieren. Dass im September die Verträge von
Immobilienvorstand Berger (52) und Marktfolgevorstand Raupach (51)
auslaufen, kann man gerade noch an fünf Fingern abzählen. Aber was
haben sie ausgefressen, das gegen eine Verlängerung sprechen könnte?
Hat der von der HypoVereinsbank/Unicredit zur Helaba gekommene Berger
den Stallgeruch der Sparkassen nicht ausreichend angenommen? Hängt
Raupach seine Vergangenheit bei der SachsenLB noch in irgendeiner
Form nach?

Solche Sorgen hätte die BayernLB gerne. Die beiden Landesbanken
haben am Donnerstag das erwartete Kontrastprogramm präsentiert. Die
Münchener liegen ihren Eigentümern - der Freistaat mit 94% und die
regionalen Sparkassen mit 6% - einmal mehr auf der Tasche. Nebenbei:
Wenn die Commerzbank die stillen Einlagen des Staates nicht bedient,
wird das von den Sparkassen schon mal als Wettbewerbsverzerrung
angeprangert. Der gleiche Vorwurf im Fall der mit 10 Mrd. Euro vom
Staat gestützten BayernLB lässt noch auf sich warten. Die Helaba
musste derweil schon reichlich Pauschalwertberichtigungen bilden und
vermutlich an weiteren Stellen Reserven legen - und konnte den
eigentlich nicht so recht in die Zeit passenden Rekordgewinn doch
nicht vermeiden. Damit haben die Frankfurter im Feld der Landesbanken
eindrucksvoll die Führungsposition übernommen.

Aber ganz unabhängig von Erfolg oder Misserfolg: Die
Gewinn-und-Verlust-Rechnungen nach internationaler Rechnungslegung
kann man fast nicht mehr ernst nehmen. Spaß machen sie freilich auch
nicht, weder dem externen Betrachter noch den bedauernswerten
Menschen, die sie erstellen müssen. "Natürlich ist diese
IFRS-Rechnungslegung alles andere als hilfreich", meint Helaba-Chef
Hans-Dieter Brenner, der immerhin auf über zwei Jahrzehnte Erfahrung
als Wirtschaftsprüfer zurückblicken kann.

Der neueste (sicher nicht der letzte) Schrei, der Bilanzierung
noch mehr als bisher zur reinen Glückssache macht, nennt sich "Cross
Currency Swaps" - Derivate im Zusammenhang mit der Refinanzierung von
Fremdwährungsgeschäften. Die nun zu allem Überfluss um eine
Liquiditätskomponente erweiterte Marktbewertungspflicht sorgt dafür,
dass sich die ohnehin extreme Volatilität in den Zahlenwerken
nochmals potenziert. Da kann es, zumal in Zeiten von
Marktverwerfungen, schon bei einer mittelgroßen Bank über einen
Stichtag schnell mal um einen zusätzlichen dreistelligen
Millionenbetrag rauf- oder runtergehen. Die nachhaltige Aussagekraft
solcher Bilanzen bleibt dann doch recht überschaubar.

An den zwischen BayernLB und Helaba stark divergierenden
Grundtendenzen ändern allerdings auch die Haarspaltereien der
Standardsetzer nichts. Und hier zahlt sich nun für das
Spitzeninstitut der hessischen und thüringischen, bald wohl auch der
nordrhein-westfälischen und brandenburgischen Sparkassen aus, dass es
in der Vergangenheit "etwas altbacken" war. Sexy fanden andere
Landesbanken, nicht zuletzt die BayernLB, ihre fantasievollen,
risikofreudigen, auf Expansion angelegten Geschäftsmodelle.

Die verheerenden Folgen sind seit Beginn der Finanz- und
anschließend der Staatsschuldenkrise zu besichtigen und werden dazu
führen, dass in der Landesbankenlandschaft kaum ein Stein auf dem
anderen bleibt. Die bevorstehende Zerschlagung der WestLB ist nicht
der Anfang, aber auch längst nicht das Ende des
Bereinigungsprozesses. Auch in München läuft es ja auf eine
Zerschlagung hinaus, wiewohl die Bank, anders als in Düsseldorf,
nicht ganz von der Bildfläche verschwinden wird. Aber wie eine auf
Geheiß der EU-Kommission auf die Hälfte ihrer Ausgangsgröße
schrumpfende BayernLB - ihre Bilanzsumme wird dann etwa dem um die
WestLB-Verbundbank angereicherten Volumen der Helaba entsprechen - in
Zukunft das Geld verdienen soll, um in überschaubarer Zeit einen
angemessenen Teil der Staatshilfe zurückzuerstatten, das fällt noch
unter das bayerische Landesbankgeheimnis. Die Optionen, die
Vorstandschef Gerd Häusler dazu aufzeigt, scheinen in mancher
Hinsicht doch eher Hoffnungswerte zu sein. Hinzu kommt: Teure
Kostgänger wie die ungarische Tochter MKB werden die Weiß-Blauen
zumindest auf die Schnelle nicht los.

Die Helaba aber hat, wenn sie sich nicht durch überflüssige
Manöver selbst ein Bein stellt, beste Chancen, auch dauerhaft zu den
Gewinnern der Umwälzungen zu gehören. Ihre strategische Aufstellung
und die Erfolgsrechnungen nicht nur des vergangenen Jahres sind ein
hervorragendes Fundament, auf dem sich aufbauen lässt. In der Tat
kann sich die Bank mit ihrem Vorsteuerergebnis von fast einer halben
Mrd. Euro, wie Brenner sagt, "in der deutschen Kreditwirtschaft sehen
lassen". So viel Stolz darf sein.

(Börsen-Zeitung, 30.3.2012)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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