Neue OZ: Kommentar zu Spanien
Geschrieben am 20-04-2012 |
Osnabrück (ots) - Republikanisches Lehrstück
Wieso essen sie keinen Kuchen?, soll Marie Antoinette gefragt
haben, als sich das Volk vor der Französischen Revolution beklagte,
kein Brot mehr zu haben. Wenige Jahre später verlor die Königin durch
das Fallbeil ihren Kopf.
Belegt ist das Zitat nicht, und doch wurde es zum Sinnbild einer
zynischen Haltung von Aristokraten gegenüber dem Volk. In Afrika
Elefanten zu jagen, während daheim die Banken wanken, scheint
durchaus von solchem Kaliber zu sein. Juan Carlos war daher gut
beraten, um Verzeihung zu bitten - auch wenn offenblieb, wofür. Dass
er als Ehrenpräsident der Tierschützer vom WWF Elefanten jagt? Dass
er in Krisenzeiten Zehntausende Euro dafür ausgibt? Oder bedauerte er
eher, dass dies unglücklich publik wurde, nachdem er sich verletzte,
zumal sich sein nur 13-jähriger Enkel auf einem Landgut erst unlängst
wenig rühmlich in den Fuß geschossen hatte?
Gegen solche Sorgen würde mancher Spanier seine eigenen wohl gerne
eintauschen. Die spanische Presse, ansonsten betont milde gestimmt,
fängt jedenfalls an, die Königsfamilie zu hinterfragen. Das generelle
Gebaren des Hofstaats sieht sie ebenso mit neuen Augen wie die
häufige Begleitung des Königs durch eine Frau, die nicht seine Gattin
ist.
Auch für den Rest Europas bietet Spanien derzeit ein
republikanisch-heilsames Lehrstück: dass eine adelige Herkunft
nämlich zu gar nichts berechtigt und es nicht den geringsten Anlass
zur Bewunderung gibt.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207
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